trostlos dem trüben Beschluß eines trüben Le- bens entgegen. Ich sehe keine Freunde, keine andre Gesichter, als die meiner Bedienten, alle haben sich von mir zurückgezogen, und ich be- finde mich wohl dabey. Nur Dich wünsch' ich bey Tage und in der Nacht zu mir her; ich war ein Thor, daß ich mühsam erst ein Gebäu- de meines Glückes aufführen wollte, und nicht die Freuden annahm, die mir das Schicksal an der Brust meines Sohnes, in den Armen einer guten Tochter, vielleicht in einem Zirkel von fröhlichen Enkeln anbot. Jetzt ist mir die Binde gelöst, und es ist vielleicht zu spät. -- Doch nein, mein William giebt mir gewiß Freude und Trost zurück; wer weiß, welche einsamen Gegenden er schon durcheilt, um seinen alten kranken Vater noch wieder zu sehn! Wo Du auch seyst, Gott sey mit Dir!
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troſtlos dem truͤben Beſchluß eines truͤben Le- bens entgegen. Ich ſehe keine Freunde, keine andre Geſichter, als die meiner Bedienten, alle haben ſich von mir zuruͤckgezogen, und ich be- finde mich wohl dabey. Nur Dich wuͤnſch’ ich bey Tage und in der Nacht zu mir her; ich war ein Thor, daß ich muͤhſam erſt ein Gebaͤu- de meines Gluͤckes auffuͤhren wollte, und nicht die Freuden annahm, die mir das Schickſal an der Bruſt meines Sohnes, in den Armen einer guten Tochter, vielleicht in einem Zirkel von froͤhlichen Enkeln anbot. Jetzt iſt mir die Binde geloͤſt, und es iſt vielleicht zu ſpaͤt. — Doch nein, mein William giebt mir gewiß Freude und Troſt zuruͤck; wer weiß, welche einſamen Gegenden er ſchon durcheilt, um ſeinen alten kranken Vater noch wieder zu ſehn! Wo Du auch ſeyſt, Gott ſey mit Dir!
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troſtlos dem truͤben Beſchluß eines truͤben Le-
bens entgegen. Ich ſehe keine Freunde, keine
andre Geſichter, als die meiner Bedienten, alle
haben ſich von mir zuruͤckgezogen, und ich be-
finde mich wohl dabey. Nur Dich wuͤnſch’ ich
bey Tage und in der Nacht zu mir her; ich
war ein Thor, daß ich muͤhſam erſt ein Gebaͤu-
de meines Gluͤckes auffuͤhren wollte, und nicht
die Freuden annahm, die mir das Schickſal an
der Bruſt meines Sohnes, in den Armen einer
guten Tochter, vielleicht in einem Zirkel von
froͤhlichen Enkeln anbot. Jetzt iſt mir die Binde
geloͤſt, und es iſt vielleicht zu ſpaͤt. — Doch
nein, mein William giebt mir gewiß Freude
und Troſt zuruͤck; wer weiß, welche einſamen
Gegenden er ſchon durcheilt, um ſeinen alten
kranken Vater noch wieder zu ſehn! Wo Du
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/166>, abgerufen am 21.11.2024.
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