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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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steht jetzt vor mir, und mahnt mich an allen
Gram, den ich ihm so oft ohne Ursache machte,
wie wenig ihm mein Herz in so manchen Stun-
den entgegen kam. Auf seinem Sarge und jetzt
hab' ich es recht lebhaft gefühlt, wie viel ich
ihm hätte seyn können. -- Auch Du, William,
wirst einst nach wir in den Wind seufzen, und
meinen Grabhügel fragen, ob ich Dir denn auch
ganz und aus vollem Herzen vergeben habe; ja,
ja, geliebter Sohn, laß keinen Seufzer der Reue
dann in Deinem Busen aufsteigen; ach freylich
habe ich in manchen Stunden sehr auf Dich ge-
zürnt, aber alles, alles ist jetzt fort, und mein
Herz ist nur mit reiner Liebe angefüllt.



Ich habe einen Blick hinab ins Thal des
Todes gethan, und nun taumeln alle Wesen
dieser Welt nüchtern und leer meinen Augen
vorüber. Alles sind nur Larven, die sich ein-
ander selbst nicht kennen, wo einer dem andern
vorübergeht, und ihm ein holes Wort giebt,
das jener durch ein unverständliches Zeichen be-
antwortet. -- Wie wüst' ist mir seitdem, und
wie alles durch einander verworren! alles wie

ſteht jetzt vor mir, und mahnt mich an allen
Gram, den ich ihm ſo oft ohne Urſache machte,
wie wenig ihm mein Herz in ſo manchen Stun-
den entgegen kam. Auf ſeinem Sarge und jetzt
hab’ ich es recht lebhaft gefuͤhlt, wie viel ich
ihm haͤtte ſeyn koͤnnen. — Auch Du, William,
wirſt einſt nach wir in den Wind ſeufzen, und
meinen Grabhuͤgel fragen, ob ich Dir denn auch
ganz und aus vollem Herzen vergeben habe; ja,
ja, geliebter Sohn, laß keinen Seufzer der Reue
dann in Deinem Buſen aufſteigen; ach freylich
habe ich in manchen Stunden ſehr auf Dich ge-
zuͤrnt, aber alles, alles iſt jetzt fort, und mein
Herz iſt nur mit reiner Liebe angefuͤllt.



Ich habe einen Blick hinab ins Thal des
Todes gethan, und nun taumeln alle Weſen
dieſer Welt nuͤchtern und leer meinen Augen
voruͤber. Alles ſind nur Larven, die ſich ein-
ander ſelbſt nicht kennen, wo einer dem andern
voruͤbergeht, und ihm ein holes Wort giebt,
das jener durch ein unverſtaͤndliches Zeichen be-
antwortet. — Wie wuͤſt’ iſt mir ſeitdem, und
wie alles durch einander verworren! alles wie

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[231/0237] ſteht jetzt vor mir, und mahnt mich an allen Gram, den ich ihm ſo oft ohne Urſache machte, wie wenig ihm mein Herz in ſo manchen Stun- den entgegen kam. Auf ſeinem Sarge und jetzt hab’ ich es recht lebhaft gefuͤhlt, wie viel ich ihm haͤtte ſeyn koͤnnen. — Auch Du, William, wirſt einſt nach wir in den Wind ſeufzen, und meinen Grabhuͤgel fragen, ob ich Dir denn auch ganz und aus vollem Herzen vergeben habe; ja, ja, geliebter Sohn, laß keinen Seufzer der Reue dann in Deinem Buſen aufſteigen; ach freylich habe ich in manchen Stunden ſehr auf Dich ge- zuͤrnt, aber alles, alles iſt jetzt fort, und mein Herz iſt nur mit reiner Liebe angefuͤllt. Ich habe einen Blick hinab ins Thal des Todes gethan, und nun taumeln alle Weſen dieſer Welt nuͤchtern und leer meinen Augen voruͤber. Alles ſind nur Larven, die ſich ein- ander ſelbſt nicht kennen, wo einer dem andern voruͤbergeht, und ihm ein holes Wort giebt, das jener durch ein unverſtaͤndliches Zeichen be- antwortet. — Wie wuͤſt’ iſt mir ſeitdem, und wie alles durch einander verworren! alles wie

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/237>, abgerufen am 23.11.2024.