wegen, weil sie nicht wie eine Weyhnachtspy- ramide mit Freuden ausgeputzt ist, die ins Au- ge fallen; aber der stille, leise Genuß, der un- ser Herz ausfüllt, ohne daß es selbst der Ge- genstand unserer Liebe weiß, dies ist eigentlich die reinste Freude dieser Erde, durch keine Wor- te und durch kein Klapperwerk entweiht. Can- daules fühlte sich gewiß nicht glücklich, als er durchaus einen Zeugen seines Glückes haben wollte: in den meisten Fällen ist eine solche stür- mende Prunkglückseligkeit nur Eitelkeit; wir sind nur glücklich, damit uns andere beneiden sol- len. -- Hinweg damit, und hinweg mit aller Deklamation darüber! --
Kommen Sie und sehn Sie mich selbst und mein kleines Paradies um mich her; Neid, mehr zu besitzen, Widerstreben gegen eine Eingeschränkt- heit, die uns doch so wohlthätig und nöthig ist, diese Laster sind es, die jeden Menschen aus seinem Paradiese vertreiben, das er sonst unge- stört genießen könnte: ach, und wer einmal über die glückliche Gränze gekommen ist, dem stellt sich auch ein Engel mit einem feurigen Schwerdte entgegen, daß er nicht zurück kann. Unsere vo-
wegen, weil ſie nicht wie eine Weyhnachtspy- ramide mit Freuden ausgeputzt iſt, die ins Au- ge fallen; aber der ſtille, leiſe Genuß, der un- ſer Herz ausfuͤllt, ohne daß es ſelbſt der Ge- genſtand unſerer Liebe weiß, dies iſt eigentlich die reinſte Freude dieſer Erde, durch keine Wor- te und durch kein Klapperwerk entweiht. Can- daules fuͤhlte ſich gewiß nicht gluͤcklich, als er durchaus einen Zeugen ſeines Gluͤckes haben wollte: in den meiſten Faͤllen iſt eine ſolche ſtuͤr- mende Prunkgluͤckſeligkeit nur Eitelkeit; wir ſind nur gluͤcklich, damit uns andere beneiden ſol- len. — Hinweg damit, und hinweg mit aller Deklamation daruͤber! —
Kommen Sie und ſehn Sie mich ſelbſt und mein kleines Paradies um mich her; Neid, mehr zu beſitzen, Widerſtreben gegen eine Eingeſchraͤnkt- heit, die uns doch ſo wohlthaͤtig und noͤthig iſt, dieſe Laſter ſind es, die jeden Menſchen aus ſeinem Paradieſe vertreiben, das er ſonſt unge- ſtoͤrt genießen koͤnnte: ach, und wer einmal uͤber die gluͤckliche Graͤnze gekommen iſt, dem ſtellt ſich auch ein Engel mit einem feurigen Schwerdte entgegen, daß er nicht zuruͤck kann. Unſere vo-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0251"n="245"/>
wegen, weil ſie nicht wie eine Weyhnachtspy-<lb/>
ramide mit Freuden ausgeputzt iſt, die ins Au-<lb/>
ge fallen; aber der ſtille, leiſe Genuß, der un-<lb/>ſer Herz ausfuͤllt, ohne daß es ſelbſt der Ge-<lb/>
genſtand unſerer Liebe weiß, dies iſt eigentlich<lb/>
die reinſte Freude dieſer Erde, durch keine Wor-<lb/>
te und durch kein Klapperwerk entweiht. Can-<lb/>
daules fuͤhlte ſich gewiß nicht gluͤcklich, als er<lb/>
durchaus einen Zeugen ſeines Gluͤckes haben<lb/>
wollte: in den meiſten Faͤllen iſt eine ſolche ſtuͤr-<lb/>
mende Prunkgluͤckſeligkeit nur Eitelkeit; wir ſind<lb/>
nur gluͤcklich, damit uns andere beneiden ſol-<lb/>
len. — Hinweg damit, und hinweg mit aller<lb/>
Deklamation daruͤber! —</p><lb/><p>Kommen Sie und ſehn Sie mich ſelbſt und<lb/>
mein kleines Paradies um mich her; Neid, mehr<lb/>
zu beſitzen, Widerſtreben gegen eine Eingeſchraͤnkt-<lb/>
heit, die uns doch ſo wohlthaͤtig und noͤthig iſt,<lb/>
dieſe Laſter ſind es, die jeden Menſchen aus<lb/>ſeinem Paradieſe vertreiben, das er ſonſt unge-<lb/>ſtoͤrt genießen koͤnnte: ach, und wer einmal uͤber<lb/>
die gluͤckliche Graͤnze gekommen iſt, dem ſtellt<lb/>ſich auch ein Engel mit einem feurigen Schwerdte<lb/>
entgegen, daß er nicht zuruͤck kann. Unſere vo-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[245/0251]
wegen, weil ſie nicht wie eine Weyhnachtspy-
ramide mit Freuden ausgeputzt iſt, die ins Au-
ge fallen; aber der ſtille, leiſe Genuß, der un-
ſer Herz ausfuͤllt, ohne daß es ſelbſt der Ge-
genſtand unſerer Liebe weiß, dies iſt eigentlich
die reinſte Freude dieſer Erde, durch keine Wor-
te und durch kein Klapperwerk entweiht. Can-
daules fuͤhlte ſich gewiß nicht gluͤcklich, als er
durchaus einen Zeugen ſeines Gluͤckes haben
wollte: in den meiſten Faͤllen iſt eine ſolche ſtuͤr-
mende Prunkgluͤckſeligkeit nur Eitelkeit; wir ſind
nur gluͤcklich, damit uns andere beneiden ſol-
len. — Hinweg damit, und hinweg mit aller
Deklamation daruͤber! —
Kommen Sie und ſehn Sie mich ſelbſt und
mein kleines Paradies um mich her; Neid, mehr
zu beſitzen, Widerſtreben gegen eine Eingeſchraͤnkt-
heit, die uns doch ſo wohlthaͤtig und noͤthig iſt,
dieſe Laſter ſind es, die jeden Menſchen aus
ſeinem Paradieſe vertreiben, das er ſonſt unge-
ſtoͤrt genießen koͤnnte: ach, und wer einmal uͤber
die gluͤckliche Graͤnze gekommen iſt, dem ſtellt
ſich auch ein Engel mit einem feurigen Schwerdte
entgegen, daß er nicht zuruͤck kann. Unſere vo-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/251>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.