weit mein Auge sieht, bin ich nun zu Hause. Bey unsrer Wohnung ist zugleich ein sehr schö- ner Garten mit Teichen und niedlichen Brücken, alles so hübsch hell und natürlich, nicht mit Felsen vollgepackt, oder voll ängstlicher dunkler Alleen bergauf und ab, die einen nur ermüden und ängstigen, und aus denen man sich oft gar nicht wieder herausfinden kann; nein, dieser Garten sieht recht aus wie das Leben eines glück- lichen Menschen; dunkle Alleen mit hohen Bäu- men, die sich oben wie das Dach einer Kirche wölben, die wie seine ernsten schönen Tage da- stehu, in denen er sich und die Zukunft jenseits des Grabes denkt; Blumenstücke, in denen sich immer die Winde jagen, und blaue und rothe Schmetterlinge mit ihren breiten Flügeln sich herumtreiben, das Bild seiner launigen Stun- den, in denen ohne Zusammenhang Eine frohe Empfindung die andre drängt; kleine Gebüsche, die zerstreut wie die heitern Tage umher stehen, wo man sich schon im voraus auf einen andern freut, der so nahe ist, daß man ihn und viele andre bequem mit den Augen abreichen kann.
Und denn die Menschen hier! -- Ich gehe Sonntags mit großer Andacht in die Kirche,
weit mein Auge ſieht, bin ich nun zu Hauſe. Bey unſrer Wohnung iſt zugleich ein ſehr ſchoͤ- ner Garten mit Teichen und niedlichen Bruͤcken, alles ſo huͤbſch hell und natuͤrlich, nicht mit Felſen vollgepackt, oder voll aͤngſtlicher dunkler Alleen bergauf und ab, die einen nur ermuͤden und aͤngſtigen, und aus denen man ſich oft gar nicht wieder herausfinden kann; nein, dieſer Garten ſieht recht aus wie das Leben eines gluͤck- lichen Menſchen; dunkle Alleen mit hohen Baͤu- men, die ſich oben wie das Dach einer Kirche woͤlben, die wie ſeine ernſten ſchoͤnen Tage da- ſtehu, in denen er ſich und die Zukunft jenſeits des Grabes denkt; Blumenſtuͤcke, in denen ſich immer die Winde jagen, und blaue und rothe Schmetterlinge mit ihren breiten Fluͤgeln ſich herumtreiben, das Bild ſeiner launigen Stun- den, in denen ohne Zuſammenhang Eine frohe Empfindung die andre draͤngt; kleine Gebuͤſche, die zerſtreut wie die heitern Tage umher ſtehen, wo man ſich ſchon im voraus auf einen andern freut, der ſo nahe iſt, daß man ihn und viele andre bequem mit den Augen abreichen kann.
Und denn die Menſchen hier! — Ich gehe Sonntags mit großer Andacht in die Kirche,
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weit mein Auge ſieht, bin ich nun zu Hauſe.
Bey unſrer Wohnung iſt zugleich ein ſehr ſchoͤ-
ner Garten mit Teichen und niedlichen Bruͤcken,
alles ſo huͤbſch hell und natuͤrlich, nicht mit
Felſen vollgepackt, oder voll aͤngſtlicher dunkler
Alleen bergauf und ab, die einen nur ermuͤden
und aͤngſtigen, und aus denen man ſich oft gar
nicht wieder herausfinden kann; nein, dieſer
Garten ſieht recht aus wie das Leben eines gluͤck-
lichen Menſchen; dunkle Alleen mit hohen Baͤu-
men, die ſich oben wie das Dach einer Kirche
woͤlben, die wie ſeine ernſten ſchoͤnen Tage da-
ſtehu, in denen er ſich und die Zukunft jenſeits
des Grabes denkt; Blumenſtuͤcke, in denen ſich
immer die Winde jagen, und blaue und rothe
Schmetterlinge mit ihren breiten Fluͤgeln ſich
herumtreiben, das Bild ſeiner launigen Stun-
den, in denen ohne Zuſammenhang Eine frohe
Empfindung die andre draͤngt; kleine Gebuͤſche,
die zerſtreut wie die heitern Tage umher ſtehen,
wo man ſich ſchon im voraus auf einen andern
freut, der ſo nahe iſt, daß man ihn und viele
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Und denn die Menſchen hier! — Ich gehe
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/254>, abgerufen am 21.11.2024.
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