und geringen Leuten, die haben sie als ein or- dentliches Privilegium und wie ein Schmerzen- geld, weil sie viel irdische Uebel zu leiden ha- ben; sie dürfen sich auch in ihrem Stande der Furcht des Herrn nicht schämen; sie ist ihr ein- ziger Hausrath und bestes Einkommen. -- Ich denke an alle die Sachen, weil ich Dir schon damals schrieb, lieber Bruder, daß es mir hier nicht gefalle. Jetzt geh ich nun in keine Komö- die, aber es thut mir auch gar nicht leid. Wenn die Leute, die da so mit Bequemlichkeit über eine Prinzessinn weinen, die ihren Galan nicht heirathen soll, nur wüßten, wie viel und größe- res Elend es in der Welt giebt. Aber darum wollen sie sich nicht bekümmern, und es rührt keinen, weil die armen Menschen nicht so ge- putzt sind, und sich nicht mit so schönen Reden aussteuern können.
In die Kirchen darf ich nicht allzugut hin- eingehn, sonst würd' ich es öfter thun; aber ich könnte mir bey Gott eine Verantwortung zuziehn, und die Musik, das Messelesen und die abgöttischen Gebräuche könnten auch meinem Glauben einen heimlichen Schaden beybringen; denn welcher Mensch kann so ganz und gar für
und geringen Leuten, die haben ſie als ein or- dentliches Privilegium und wie ein Schmerzen- geld, weil ſie viel irdiſche Uebel zu leiden ha- ben; ſie duͤrfen ſich auch in ihrem Stande der Furcht des Herrn nicht ſchaͤmen; ſie iſt ihr ein- ziger Hausrath und beſtes Einkommen. — Ich denke an alle die Sachen, weil ich Dir ſchon damals ſchrieb, lieber Bruder, daß es mir hier nicht gefalle. Jetzt geh ich nun in keine Komoͤ- die, aber es thut mir auch gar nicht leid. Wenn die Leute, die da ſo mit Bequemlichkeit uͤber eine Prinzeſſinn weinen, die ihren Galan nicht heirathen ſoll, nur wuͤßten, wie viel und groͤße- res Elend es in der Welt giebt. Aber darum wollen ſie ſich nicht bekuͤmmern, und es ruͤhrt keinen, weil die armen Menſchen nicht ſo ge- putzt ſind, und ſich nicht mit ſo ſchoͤnen Reden ausſteuern koͤnnen.
In die Kirchen darf ich nicht allzugut hin- eingehn, ſonſt wuͤrd’ ich es oͤfter thun; aber ich koͤnnte mir bey Gott eine Verantwortung zuziehn, und die Muſik, das Meſſeleſen und die abgoͤttiſchen Gebraͤuche koͤnnten auch meinem Glauben einen heimlichen Schaden beybringen; denn welcher Menſch kann ſo ganz und gar fuͤr
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und geringen Leuten, die haben ſie als ein or-
dentliches Privilegium und wie ein Schmerzen-
geld, weil ſie viel irdiſche Uebel zu leiden ha-
ben; ſie duͤrfen ſich auch in ihrem Stande der
Furcht des Herrn nicht ſchaͤmen; ſie iſt ihr ein-
ziger Hausrath und beſtes Einkommen. — Ich
denke an alle die Sachen, weil ich Dir ſchon
damals ſchrieb, lieber Bruder, daß es mir hier
nicht gefalle. Jetzt geh ich nun in keine Komoͤ-
die, aber es thut mir auch gar nicht leid. Wenn
die Leute, die da ſo mit Bequemlichkeit uͤber
eine Prinzeſſinn weinen, die ihren Galan nicht
heirathen ſoll, nur wuͤßten, wie viel und groͤße-
res Elend es in der Welt giebt. Aber darum
wollen ſie ſich nicht bekuͤmmern, und es ruͤhrt
keinen, weil die armen Menſchen nicht ſo ge-
putzt ſind, und ſich nicht mit ſo ſchoͤnen Reden
ausſteuern koͤnnen.
In die Kirchen darf ich nicht allzugut hin-
eingehn, ſonſt wuͤrd’ ich es oͤfter thun; aber
ich koͤnnte mir bey Gott eine Verantwortung
zuziehn, und die Muſik, das Meſſeleſen und die
abgoͤttiſchen Gebraͤuche koͤnnten auch meinem
Glauben einen heimlichen Schaden beybringen;
denn welcher Menſch kann ſo ganz und gar fuͤr
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/287>, abgerufen am 21.11.2024.
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