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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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Thore einer fremden Welt geklopft hätte, und sich
zu meiner Vernichtung die Flügel öffneten und
tausend Gefühle auf mich einstürzten, die der
gewöhnliche Mensch zu tragen zu schwach ist. --
Andrea erscheint mir jetzt als ein Thürhüter zu
jenem unbekannten Hause, als ein Uebergang al-
les Begreiflichen zum Unbegreiflichen. Vielleicht
löst Ein Aufschluß alle Räthsel in und ausser
uns, unser Gefühl und unsre Phantasie reichen
vielleicht mit unendlichen Hebeln da hinein,
wo unsre Vernunft schier zurückbleibt; am En-
de verschwindet alle Täuschung, wenn wir auf
einen Gipfel gelangen, der der übrigen Welt
die höchste und unsinnigste Täuschung scheint.
Balder kömmt mit seinen Erscheinungen in mei-
ne Seele zurück, -- o Rosa, was ist Unsinn
und was Vernunft? Alles Sichtbare hängt wie
Teppiche mit gaukelnden Farben und nachge-
ahmten Figuren um uns her, was dahinter
liegt wissen wir nicht, und wir nennen den
Raum, den wir für leer halten, das Gebiet
der Träume und der Schwärmerey, keiner wagt
den dreisten Schritt näher, um die Tapeten
wegzuheben, hinter den Coulissen zu blicken und
das Kunstwerk der äussern Sinne so zu zerstö-

Thore einer fremden Welt geklopft haͤtte, und ſich
zu meiner Vernichtung die Fluͤgel oͤffneten und
tauſend Gefuͤhle auf mich einſtuͤrzten, die der
gewoͤhnliche Menſch zu tragen zu ſchwach iſt. —
Andrea erſcheint mir jetzt als ein Thuͤrhuͤter zu
jenem unbekannten Hauſe, als ein Uebergang al-
les Begreiflichen zum Unbegreiflichen. Vielleicht
loͤſt Ein Aufſchluß alle Raͤthſel in und auſſer
uns, unſer Gefuͤhl und unſre Phantaſie reichen
vielleicht mit unendlichen Hebeln da hinein,
wo unſre Vernunft ſchier zuruͤckbleibt; am En-
de verſchwindet alle Taͤuſchung, wenn wir auf
einen Gipfel gelangen, der der uͤbrigen Welt
die hoͤchſte und unſinnigſte Taͤuſchung ſcheint.
Balder koͤmmt mit ſeinen Erſcheinungen in mei-
ne Seele zuruͤck, — o Roſa, was iſt Unſinn
und was Vernunft? Alles Sichtbare haͤngt wie
Teppiche mit gaukelnden Farben und nachge-
ahmten Figuren um uns her, was dahinter
liegt wiſſen wir nicht, und wir nennen den
Raum, den wir fuͤr leer halten, das Gebiet
der Traͤume und der Schwaͤrmerey, keiner wagt
den dreiſten Schritt naͤher, um die Tapeten
wegzuheben, hinter den Couliſſen zu blicken und
das Kunſtwerk der aͤuſſern Sinne ſo zu zerſtoͤ-

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[313/0319] Thore einer fremden Welt geklopft haͤtte, und ſich zu meiner Vernichtung die Fluͤgel oͤffneten und tauſend Gefuͤhle auf mich einſtuͤrzten, die der gewoͤhnliche Menſch zu tragen zu ſchwach iſt. — Andrea erſcheint mir jetzt als ein Thuͤrhuͤter zu jenem unbekannten Hauſe, als ein Uebergang al- les Begreiflichen zum Unbegreiflichen. Vielleicht loͤſt Ein Aufſchluß alle Raͤthſel in und auſſer uns, unſer Gefuͤhl und unſre Phantaſie reichen vielleicht mit unendlichen Hebeln da hinein, wo unſre Vernunft ſchier zuruͤckbleibt; am En- de verſchwindet alle Taͤuſchung, wenn wir auf einen Gipfel gelangen, der der uͤbrigen Welt die hoͤchſte und unſinnigſte Taͤuſchung ſcheint. Balder koͤmmt mit ſeinen Erſcheinungen in mei- ne Seele zuruͤck, — o Roſa, was iſt Unſinn und was Vernunft? Alles Sichtbare haͤngt wie Teppiche mit gaukelnden Farben und nachge- ahmten Figuren um uns her, was dahinter liegt wiſſen wir nicht, und wir nennen den Raum, den wir fuͤr leer halten, das Gebiet der Traͤume und der Schwaͤrmerey, keiner wagt den dreiſten Schritt naͤher, um die Tapeten wegzuheben, hinter den Couliſſen zu blicken und das Kunſtwerk der aͤuſſern Sinne ſo zu zerſtoͤ-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/319>, abgerufen am 22.11.2024.