und ging zurück, ich stand noch wie versteinert, und rief endlich laut und halb wahnsinnig: Andrea! -- In demselben Augenblicke ver- schwand die Gestalt und das Licht, und betäubt und zitternd ging ich in die Stadt.
Aber wie fuhr ich zusammen, als mir Andrea vor meiner Wohnung entgegentrat und mich fragte, wo ich so lange geblieben sey. Ich konnte ihm nur wenige Worte sagen und die ganze Nacht hindurch lag ich in einem ab- wechselnden Fieber.
Und war es nicht eben die Gestalt unsers Andrea, mit Schrecken denke ich daran, die der unglückliche Balder so oft in den Exaltatio- nen seiner Phantasie beschrieb? -- Und doch hatte er ihn niemals gesehen. -- Wer weiß, ob er mich nicht jetzt umgiebt, indem ich die- sen Brief schrieb, und jeden Gedanken kennt, den ich denke! --
und ging zuruͤck, ich ſtand noch wie verſteinert, und rief endlich laut und halb wahnſinnig: Andrea! — In demſelben Augenblicke ver- ſchwand die Geſtalt und das Licht, und betaͤubt und zitternd ging ich in die Stadt.
Aber wie fuhr ich zuſammen, als mir Andrea vor meiner Wohnung entgegentrat und mich fragte, wo ich ſo lange geblieben ſey. Ich konnte ihm nur wenige Worte ſagen und die ganze Nacht hindurch lag ich in einem ab- wechſelnden Fieber.
Und war es nicht eben die Geſtalt unſers Andrea, mit Schrecken denke ich daran, die der ungluͤckliche Balder ſo oft in den Exaltatio- nen ſeiner Phantaſie beſchrieb? — Und doch hatte er ihn niemals geſehen. — Wer weiß, ob er mich nicht jetzt umgiebt, indem ich die- ſen Brief ſchrieb, und jeden Gedanken kennt, den ich denke! —
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und ging zuruͤck, ich ſtand noch wie verſteinert,
und rief endlich laut und halb wahnſinnig:
Andrea! — In demſelben Augenblicke ver-
ſchwand die Geſtalt und das Licht, und betaͤubt
und zitternd ging ich in die Stadt.
Aber wie fuhr ich zuſammen, als mir
Andrea vor meiner Wohnung entgegentrat
und mich fragte, wo ich ſo lange geblieben ſey.
Ich konnte ihm nur wenige Worte ſagen und
die ganze Nacht hindurch lag ich in einem ab-
wechſelnden Fieber.
Und war es nicht eben die Geſtalt unſers
Andrea, mit Schrecken denke ich daran, die
der ungluͤckliche Balder ſo oft in den Exaltatio-
nen ſeiner Phantaſie beſchrieb? — Und doch
hatte er ihn niemals geſehen. — Wer weiß,
ob er mich nicht jetzt umgiebt, indem ich die-
ſen Brief ſchrieb, und jeden Gedanken kennt,
den ich denke! —
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/324>, abgerufen am 21.11.2024.
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