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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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27.
William Lovell an Rosa.


Ich habe nie, Rosa, mit diesem Blicke ins Le-
ben gesehn; wie vorübereilendes Schattenwerk,
wie wandelnder Rauch, der über die Heide
schreitet, so nichtig fliegt alles durcheinander.
Ich weiß nicht, ob ich wache oder träume, den-
ke oder rase, die widerwärtigsten Gedanken und
Gestalten haben sich innig mit einander ver-
knüpft, und tausend Zweifel und Irrthümer,
Schrecken und Truggestalten hängen wie ein
Netz um mich her, das mich nicht wieder frey
giebt.

Mein Herz ist die Höle des Aeolus gewor-
den, in dem alle Stürme durch einander mur-
ren und sich mit wildem Grimme von ihren Ket-
ten losreißen wollen. O, lassen Sie mich die-
sen Andrea begreifen, und ich will mich zu-
frieden geben und ich will alles übrige ver-
gessen.

Ist die Welt nicht ein großes Gefängniß,
in dem wir alle wie elende Missethäter sitzen,

und
27.
William Lovell an Roſa.


Ich habe nie, Roſa, mit dieſem Blicke ins Le-
ben geſehn; wie voruͤbereilendes Schattenwerk,
wie wandelnder Rauch, der uͤber die Heide
ſchreitet, ſo nichtig fliegt alles durcheinander.
Ich weiß nicht, ob ich wache oder traͤume, den-
ke oder raſe, die widerwaͤrtigſten Gedanken und
Geſtalten haben ſich innig mit einander ver-
knuͤpft, und tauſend Zweifel und Irrthuͤmer,
Schrecken und Truggeſtalten haͤngen wie ein
Netz um mich her, das mich nicht wieder frey
giebt.

Mein Herz iſt die Hoͤle des Aeolus gewor-
den, in dem alle Stuͤrme durch einander mur-
ren und ſich mit wildem Grimme von ihren Ket-
ten losreißen wollen. O, laſſen Sie mich die-
ſen Andrea begreifen, und ich will mich zu-
frieden geben und ich will alles uͤbrige ver-
geſſen.

Iſt die Welt nicht ein großes Gefaͤngniß,
in dem wir alle wie elende Miſſethaͤter ſitzen,

und
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[320/0326] 27. William Lovell an Roſa. Rom. Ich habe nie, Roſa, mit dieſem Blicke ins Le- ben geſehn; wie voruͤbereilendes Schattenwerk, wie wandelnder Rauch, der uͤber die Heide ſchreitet, ſo nichtig fliegt alles durcheinander. Ich weiß nicht, ob ich wache oder traͤume, den- ke oder raſe, die widerwaͤrtigſten Gedanken und Geſtalten haben ſich innig mit einander ver- knuͤpft, und tauſend Zweifel und Irrthuͤmer, Schrecken und Truggeſtalten haͤngen wie ein Netz um mich her, das mich nicht wieder frey giebt. Mein Herz iſt die Hoͤle des Aeolus gewor- den, in dem alle Stuͤrme durch einander mur- ren und ſich mit wildem Grimme von ihren Ket- ten losreißen wollen. O, laſſen Sie mich die- ſen Andrea begreifen, und ich will mich zu- frieden geben und ich will alles uͤbrige ver- geſſen. Iſt die Welt nicht ein großes Gefaͤngniß, in dem wir alle wie elende Miſſethaͤter ſitzen, und

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/326>, abgerufen am 22.11.2024.