ken in den Boden. Dämpfe standen wie Säu- len im Gemache, Dämmerung wankte hin und wieder wie ein Vorhang. Die Seele vergaß sich selbst und ward ein Bild von dem, was sie umgab.
Es kreiste und wogte gewaltig durch einan- der, wie ein Unding das zum Entstehen reif wird, so kämpfte die Masse gegen sich selbst. -- Es schritt näher und glich einer Nebelgestalt; vor mir vorüber wie ein pfeifender Wind, -- und o, -- Rosaline!
Sie war es, ganz, wie sie lebte. Sie warf einen Blick auf mich und wie ein Messer traf er meine Augen, wie ein Berg mein Herz. Ich sträubte mich gegen meine innerliche Empfin- dung und es zog mich ihr nach; -- ich stürzte laut schreiend nach ihrem Gewande und stieß mit dem Kopfe an die Mauer.
Ich erschrak nicht, verwunderte mich nicht und erwachte auch nicht. Wie andre Elemente umgab mich alles, ich sah die Freunde wieder, ich hörte wieder die Bäume und Wasser, die ganze Mühle der gewöhnlichen Welt, mit allen ihren Gängen.
Andrea und die übrigen waren stumm und
ken in den Boden. Daͤmpfe ſtanden wie Saͤu- len im Gemache, Daͤmmerung wankte hin und wieder wie ein Vorhang. Die Seele vergaß ſich ſelbſt und ward ein Bild von dem, was ſie umgab.
Es kreiſte und wogte gewaltig durch einan- der, wie ein Unding das zum Entſtehen reif wird, ſo kaͤmpfte die Maſſe gegen ſich ſelbſt. — Es ſchritt naͤher und glich einer Nebelgeſtalt; vor mir voruͤber wie ein pfeifender Wind, — und o, — Roſaline!
Sie war es, ganz, wie ſie lebte. Sie warf einen Blick auf mich und wie ein Meſſer traf er meine Augen, wie ein Berg mein Herz. Ich ſtraͤubte mich gegen meine innerliche Empfin- dung und es zog mich ihr nach; — ich ſtuͤrzte laut ſchreiend nach ihrem Gewande und ſtieß mit dem Kopfe an die Mauer.
Ich erſchrak nicht, verwunderte mich nicht und erwachte auch nicht. Wie andre Elemente umgab mich alles, ich ſah die Freunde wieder, ich hoͤrte wieder die Baͤume und Waſſer, die ganze Muͤhle der gewoͤhnlichen Welt, mit allen ihren Gaͤngen.
Andrea und die uͤbrigen waren ſtumm und
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ken in den Boden. Daͤmpfe ſtanden wie Saͤu-
len im Gemache, Daͤmmerung wankte hin und
wieder wie ein Vorhang. Die Seele vergaß
ſich ſelbſt und ward ein Bild von dem, was
ſie umgab.
Es kreiſte und wogte gewaltig durch einan-
der, wie ein Unding das zum Entſtehen reif
wird, ſo kaͤmpfte die Maſſe gegen ſich ſelbſt. —
Es ſchritt naͤher und glich einer Nebelgeſtalt;
vor mir voruͤber wie ein pfeifender Wind, —
und o, — Roſaline!
Sie war es, ganz, wie ſie lebte. Sie warf
einen Blick auf mich und wie ein Meſſer traf
er meine Augen, wie ein Berg mein Herz. Ich
ſtraͤubte mich gegen meine innerliche Empfin-
dung und es zog mich ihr nach; — ich ſtuͤrzte
laut ſchreiend nach ihrem Gewande und ſtieß
mit dem Kopfe an die Mauer.
Ich erſchrak nicht, verwunderte mich nicht
und erwachte auch nicht. Wie andre Elemente
umgab mich alles, ich ſah die Freunde wieder,
ich hoͤrte wieder die Baͤume und Waſſer, die
ganze Muͤhle der gewoͤhnlichen Welt, mit allen
ihren Gaͤngen.
Andrea und die uͤbrigen waren ſtumm und
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/330>, abgerufen am 21.11.2024.
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