bin wie mit einer neuen und klügern Jugend beschenkt. Wie herrlich das Leben mit seinem Treiben und seinem Gewühle vor mir liegt! Wer wollte sich nicht gern unter die Schwim- mer auf diesem glänzenden Strome mischen?
Zuweilen mache ich mir Vorwürfe darüber, daß ich innerlich so froh bin. Die Menschen, (und ich mit eingerechnet,) sind ausgemachte Nar- ren. Einen trüben, verkehrten Sinn, in dem sich alle Gegenstände dunkel und unkenntlich ab- spiegeln, halten Sie vie[l] leichter für den Rahm der Tugend, als die frohe Gemüthsstimmung. Ich freue mich ja nicht über Burtons Tod, nicht daß er mir aus dem Wege gegangen ist, -- o nein, nur über die Ebene, die plötzlich, ohne mein Zuthun, vor meinen Füßen liegt. Die Menschen sind darinn ganz gute Geschöpfe, und wohl mir, daß auch ich mir jetzt so recht wichtig und bedeutend vorkomme, daß ich alle Vorstellungen auf mich und mein künftiges Glück beziehe! Man lasse doch alle große kos- mopolitische Plane, allen Kummer über Welt- begebenheiten fahren, und liebe sich und die Menschen recht innig, die der gütige Himmel dicht um uns angepflanzt hat! Dieser Empfin-
bin wie mit einer neuen und kluͤgern Jugend beſchenkt. Wie herrlich das Leben mit ſeinem Treiben und ſeinem Gewuͤhle vor mir liegt! Wer wollte ſich nicht gern unter die Schwim- mer auf dieſem glaͤnzenden Strome miſchen?
Zuweilen mache ich mir Vorwuͤrfe daruͤber, daß ich innerlich ſo froh bin. Die Menſchen, (und ich mit eingerechnet,) ſind ausgemachte Nar- ren. Einen truͤben, verkehrten Sinn, in dem ſich alle Gegenſtaͤnde dunkel und unkenntlich ab- ſpiegeln, halten Sie vie[l] leichter fuͤr den Rahm der Tugend, als die frohe Gemuͤthsſtimmung. Ich freue mich ja nicht uͤber Burtons Tod, nicht daß er mir aus dem Wege gegangen iſt, — o nein, nur uͤber die Ebene, die ploͤtzlich, ohne mein Zuthun, vor meinen Fuͤßen liegt. Die Menſchen ſind darinn ganz gute Geſchoͤpfe, und wohl mir, daß auch ich mir jetzt ſo recht wichtig und bedeutend vorkomme, daß ich alle Vorſtellungen auf mich und mein kuͤnftiges Gluͤck beziehe! Man laſſe doch alle große kos- mopolitiſche Plane, allen Kummer uͤber Welt- begebenheiten fahren, und liebe ſich und die Menſchen recht innig, die der guͤtige Himmel dicht um uns angepflanzt hat! Dieſer Empfin-
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bin wie mit einer neuen und kluͤgern Jugend
beſchenkt. Wie herrlich das Leben mit ſeinem
Treiben und ſeinem Gewuͤhle vor mir liegt!
Wer wollte ſich nicht gern unter die Schwim-
mer auf dieſem glaͤnzenden Strome miſchen?
Zuweilen mache ich mir Vorwuͤrfe daruͤber,
daß ich innerlich ſo froh bin. Die Menſchen,
(und ich mit eingerechnet,) ſind ausgemachte Nar-
ren. Einen truͤben, verkehrten Sinn, in dem
ſich alle Gegenſtaͤnde dunkel und unkenntlich ab-
ſpiegeln, halten Sie viel leichter fuͤr den Rahm
der Tugend, als die frohe Gemuͤthsſtimmung.
Ich freue mich ja nicht uͤber Burtons Tod,
nicht daß er mir aus dem Wege gegangen iſt,
— o nein, nur uͤber die Ebene, die ploͤtzlich,
ohne mein Zuthun, vor meinen Fuͤßen liegt.
Die Menſchen ſind darinn ganz gute Geſchoͤpfe,
und wohl mir, daß auch ich mir jetzt ſo recht
wichtig und bedeutend vorkomme, daß ich alle
Vorſtellungen auf mich und mein kuͤnftiges
Gluͤck beziehe! Man laſſe doch alle große kos-
mopolitiſche Plane, allen Kummer uͤber Welt-
begebenheiten fahren, und liebe ſich und die
Menſchen recht innig, die der guͤtige Himmel
dicht um uns angepflanzt hat! Dieſer Empfin-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/381>, abgerufen am 24.11.2024.
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