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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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auf als ich erwarten konnte: bey ihm arbeite
ich jetzt. Ich theilte Emilien sogleich als ich
in Bonstreet ankam meinen Plan mit und sie
konnte ihn auf keine Weise mißbilligen. Das
Bewußtseyn ihrer Liebe begleitet mich an mei-
nen Arbeitstisch und die schwersten Geschäfte
lächeln mich an; wir sind beyde noch jung, und
so mag unsere Vereinigung noch immer ein
Jahr oder etwas länger aufgeschoben bleiben; in
dieser Zeit denke ich befördert zu werden und
ihr dann doch mit einem kleinen Glücke entge-
gen zu kommen.

Ich lächle über mich selber wie ich bisher
alles ernstere, festere Leben verabsäumt habe,
sie nur so oft als möglich zu sehn suchte, und
daß ich jetzt hier sitze, freywillig von ihr ver-
bannt und mir noch aus meinem kältern Sinn
ein großes Verdienst mache. Aber bisher war
sie mir ungeist und ich verlängre nun gern mei-
ne poetische Idyllenexistenz, das goldne Zeital-
ter der reinen Liebe, das doch nachher auf im-
mer verlohren ist.

Meine Lebensgeister sind sehr munter, und
mir ist immer als wenn ich bey Emilien wäre.
Die Stadt mit allen ihren Annehmlichkeiten
und Unannehmlichkeiten gefällt mir, denn ich

auf als ich erwarten konnte: bey ihm arbeite
ich jetzt. Ich theilte Emilien ſogleich als ich
in Bonſtreet ankam meinen Plan mit und ſie
konnte ihn auf keine Weiſe mißbilligen. Das
Bewußtſeyn ihrer Liebe begleitet mich an mei-
nen Arbeitstiſch und die ſchwerſten Geſchaͤfte
laͤcheln mich an; wir ſind beyde noch jung, und
ſo mag unſere Vereinigung noch immer ein
Jahr oder etwas laͤnger aufgeſchoben bleiben; in
dieſer Zeit denke ich befoͤrdert zu werden und
ihr dann doch mit einem kleinen Gluͤcke entge-
gen zu kommen.

Ich laͤchle uͤber mich ſelber wie ich bisher
alles ernſtere, feſtere Leben verabſaͤumt habe,
ſie nur ſo oft als moͤglich zu ſehn ſuchte, und
daß ich jetzt hier ſitze, freywillig von ihr ver-
bannt und mir noch aus meinem kaͤltern Sinn
ein großes Verdienſt mache. Aber bisher war
ſie mir ungeiſt und ich verlaͤngre nun gern mei-
ne poetiſche Idyllenexiſtenz, das goldne Zeital-
ter der reinen Liebe, das doch nachher auf im-
mer verlohren iſt.

Meine Lebensgeiſter ſind ſehr munter, und
mir iſt immer als wenn ich bey Emilien waͤre.
Die Stadt mit allen ihren Annehmlichkeiten
und Unannehmlichkeiten gefaͤllt mir, denn ich

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[374/0380] auf als ich erwarten konnte: bey ihm arbeite ich jetzt. Ich theilte Emilien ſogleich als ich in Bonſtreet ankam meinen Plan mit und ſie konnte ihn auf keine Weiſe mißbilligen. Das Bewußtſeyn ihrer Liebe begleitet mich an mei- nen Arbeitstiſch und die ſchwerſten Geſchaͤfte laͤcheln mich an; wir ſind beyde noch jung, und ſo mag unſere Vereinigung noch immer ein Jahr oder etwas laͤnger aufgeſchoben bleiben; in dieſer Zeit denke ich befoͤrdert zu werden und ihr dann doch mit einem kleinen Gluͤcke entge- gen zu kommen. Ich laͤchle uͤber mich ſelber wie ich bisher alles ernſtere, feſtere Leben verabſaͤumt habe, ſie nur ſo oft als moͤglich zu ſehn ſuchte, und daß ich jetzt hier ſitze, freywillig von ihr ver- bannt und mir noch aus meinem kaͤltern Sinn ein großes Verdienſt mache. Aber bisher war ſie mir ungeiſt und ich verlaͤngre nun gern mei- ne poetiſche Idyllenexiſtenz, das goldne Zeital- ter der reinen Liebe, das doch nachher auf im- mer verlohren iſt. Meine Lebensgeiſter ſind ſehr munter, und mir iſt immer als wenn ich bey Emilien waͤre. Die Stadt mit allen ihren Annehmlichkeiten und Unannehmlichkeiten gefaͤllt mir, denn ich

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/380>, abgerufen am 24.11.2024.