Sie waren gestern ganz ohne Zweifel böse auf mich, weil ich Sie mit Adriano bey Ihrer Bianka störte, aber ich hoffe, ich habe mich doch im Ganzen so schnell wieder entfernt, daß Sie nicht unversöhnlich seyn werden. Ich rei- che Ihnen mit aller meiner Gutmüthigkeit die Hand zum Frieden, denn es wäre unverzeihlich, wenn wir beyde noch vor Ihrer Abreise Feinde werden sollten.
Wenn ich nicht etwas zu fett wäre, so wür- de ich Sie begleiten und bey der Gelegenheit auch einmal andre Länder, als Italien zu sehn bekommen; aber so bin ich in mir selber gefan- gen, denn das Reisen bekömmt mir nie. Son- derbar, daß wenn man es sich gut schmecken läßt, man es nachher mühsam findet, einen Berg zu erklettern. -- Indessen es lassen sich nicht alle Genüsse und alle Vortreflichkeiten verbinden.
Wenn
6. Franzesko an William Lovell.
Rom.
Sie waren geſtern ganz ohne Zweifel boͤſe auf mich, weil ich Sie mit Adriano bey Ihrer Bianka ſtoͤrte, aber ich hoffe, ich habe mich doch im Ganzen ſo ſchnell wieder entfernt, daß Sie nicht unverſoͤhnlich ſeyn werden. Ich rei- che Ihnen mit aller meiner Gutmuͤthigkeit die Hand zum Frieden, denn es waͤre unverzeihlich, wenn wir beyde noch vor Ihrer Abreiſe Feinde werden ſollten.
Wenn ich nicht etwas zu fett waͤre, ſo wuͤr- de ich Sie begleiten und bey der Gelegenheit auch einmal andre Laͤnder, als Italien zu ſehn bekommen; aber ſo bin ich in mir ſelber gefan- gen, denn das Reiſen bekoͤmmt mir nie. Son- derbar, daß wenn man es ſich gut ſchmecken laͤßt, man es nachher muͤhſam findet, einen Berg zu erklettern. — Indeſſen es laſſen ſich nicht alle Genuͤſſe und alle Vortreflichkeiten verbinden.
Wenn
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0390"n="384"/><divn="2"><head>6.<lb/><hirendition="#g">Franzesko</hi> an <hirendition="#g">William Lovell</hi>.</head><lb/><dateline><placeName><hirendition="#right"><hirendition="#g">Rom</hi>.</hi></placeName></dateline><lb/><p><hirendition="#in">S</hi>ie waren geſtern ganz ohne Zweifel boͤſe auf<lb/>
mich, weil ich Sie mit Adriano bey Ihrer<lb/>
Bianka ſtoͤrte, aber ich hoffe, ich habe mich<lb/>
doch im Ganzen ſo ſchnell wieder entfernt, daß<lb/>
Sie nicht unverſoͤhnlich ſeyn werden. Ich rei-<lb/>
che Ihnen mit aller meiner Gutmuͤthigkeit die<lb/>
Hand zum Frieden, denn es waͤre unverzeihlich,<lb/>
wenn wir beyde noch vor Ihrer Abreiſe Feinde<lb/>
werden ſollten.</p><lb/><p>Wenn ich nicht etwas zu fett waͤre, ſo wuͤr-<lb/>
de ich Sie begleiten und bey der Gelegenheit<lb/>
auch einmal andre Laͤnder, als Italien zu ſehn<lb/>
bekommen; aber ſo bin ich in mir ſelber gefan-<lb/>
gen, denn das Reiſen bekoͤmmt mir nie. Son-<lb/>
derbar, daß wenn man es ſich gut ſchmecken<lb/>
laͤßt, man es nachher muͤhſam findet, einen<lb/>
Berg zu erklettern. — Indeſſen es laſſen ſich<lb/>
nicht alle Genuͤſſe und alle Vortreflichkeiten<lb/>
verbinden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[384/0390]
6.
Franzesko an William Lovell.
Rom.
Sie waren geſtern ganz ohne Zweifel boͤſe auf
mich, weil ich Sie mit Adriano bey Ihrer
Bianka ſtoͤrte, aber ich hoffe, ich habe mich
doch im Ganzen ſo ſchnell wieder entfernt, daß
Sie nicht unverſoͤhnlich ſeyn werden. Ich rei-
che Ihnen mit aller meiner Gutmuͤthigkeit die
Hand zum Frieden, denn es waͤre unverzeihlich,
wenn wir beyde noch vor Ihrer Abreiſe Feinde
werden ſollten.
Wenn ich nicht etwas zu fett waͤre, ſo wuͤr-
de ich Sie begleiten und bey der Gelegenheit
auch einmal andre Laͤnder, als Italien zu ſehn
bekommen; aber ſo bin ich in mir ſelber gefan-
gen, denn das Reiſen bekoͤmmt mir nie. Son-
derbar, daß wenn man es ſich gut ſchmecken
laͤßt, man es nachher muͤhſam findet, einen
Berg zu erklettern. — Indeſſen es laſſen ſich
nicht alle Genuͤſſe und alle Vortreflichkeiten
verbinden.
Wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/390>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.