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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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nichtswürdigster Theil des Menschen! -- Thie-
re und Bäume sind in ihrer Unschuld vereh-
rungswürdiger, als die verächtliche Sammlung
von Staub, die wir Mensch nennen!

Ich kann mich nicht erinnern, was ich ohn-
gefähr weiter gesagt haben mag: aber ich ver-
achtete sie so tief, daß ich sie mit den Füßen
hätte zertreten können, daß ich es für eine
Wohlthat an ihnen selbst hielt, sie zu vernich-
ten. -- Als ich zum gewöhnlichen Leben zu-
rückkehrte, fand ich mich von ihren Armen fest
gehalten, man hatte meine Wuth gefürchtet und
man schafte den überlästigen Redner nach Hause.

Könnt' ich nur Worte finden, um die Ver-
achtung zu bezeichnen, in der mir alles erscheint,
was Mensch heißt! -- Mein Arzt ist sehr für
meine Gesundheit besorgt, weil es sein Gewerbe
mit sich bringt. Wenn ich nicht gern vom Wet-
ter mit ihm spreche, findet er meine Umstände
bedenklicher, will es mich aber nie merken las-
sen, daß er mich für wahnsinnig erklärt. Er
giebt mir viele kühlende Mittel und behandelt
mich wie eine todte Maschine, ob er mir gleich
selber so erscheint. Er schüttelt zu allen mei-
nen verwirrten Gedanken den Kopf, weil er sie

C 2

nichtswuͤrdigſter Theil des Menſchen! — Thie-
re und Baͤume ſind in ihrer Unſchuld vereh-
rungswuͤrdiger, als die veraͤchtliche Sammlung
von Staub, die wir Menſch nennen!

Ich kann mich nicht erinnern, was ich ohn-
gefaͤhr weiter geſagt haben mag: aber ich ver-
achtete ſie ſo tief, daß ich ſie mit den Fuͤßen
haͤtte zertreten koͤnnen, daß ich es fuͤr eine
Wohlthat an ihnen ſelbſt hielt, ſie zu vernich-
ten. — Als ich zum gewoͤhnlichen Leben zu-
ruͤckkehrte, fand ich mich von ihren Armen feſt
gehalten, man hatte meine Wuth gefuͤrchtet und
man ſchafte den uͤberlaͤſtigen Redner nach Hauſe.

Koͤnnt’ ich nur Worte finden, um die Ver-
achtung zu bezeichnen, in der mir alles erſcheint,
was Menſch heißt! — Mein Arzt iſt ſehr fuͤr
meine Geſundheit beſorgt, weil es ſein Gewerbe
mit ſich bringt. Wenn ich nicht gern vom Wet-
ter mit ihm ſpreche, findet er meine Umſtaͤnde
bedenklicher, will es mich aber nie merken laſ-
ſen, daß er mich fuͤr wahnſinnig erklaͤrt. Er
giebt mir viele kuͤhlende Mittel und behandelt
mich wie eine todte Maſchine, ob er mir gleich
ſelber ſo erſcheint. Er ſchuͤttelt zu allen mei-
nen verwirrten Gedanken den Kopf, weil er ſie

C 2
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[35/0041] nichtswuͤrdigſter Theil des Menſchen! — Thie- re und Baͤume ſind in ihrer Unſchuld vereh- rungswuͤrdiger, als die veraͤchtliche Sammlung von Staub, die wir Menſch nennen! Ich kann mich nicht erinnern, was ich ohn- gefaͤhr weiter geſagt haben mag: aber ich ver- achtete ſie ſo tief, daß ich ſie mit den Fuͤßen haͤtte zertreten koͤnnen, daß ich es fuͤr eine Wohlthat an ihnen ſelbſt hielt, ſie zu vernich- ten. — Als ich zum gewoͤhnlichen Leben zu- ruͤckkehrte, fand ich mich von ihren Armen feſt gehalten, man hatte meine Wuth gefuͤrchtet und man ſchafte den uͤberlaͤſtigen Redner nach Hauſe. Koͤnnt’ ich nur Worte finden, um die Ver- achtung zu bezeichnen, in der mir alles erſcheint, was Menſch heißt! — Mein Arzt iſt ſehr fuͤr meine Geſundheit beſorgt, weil es ſein Gewerbe mit ſich bringt. Wenn ich nicht gern vom Wet- ter mit ihm ſpreche, findet er meine Umſtaͤnde bedenklicher, will es mich aber nie merken laſ- ſen, daß er mich fuͤr wahnſinnig erklaͤrt. Er giebt mir viele kuͤhlende Mittel und behandelt mich wie eine todte Maſchine, ob er mir gleich ſelber ſo erſcheint. Er ſchuͤttelt zu allen mei- nen verwirrten Gedanken den Kopf, weil er ſie C 2

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/41>, abgerufen am 21.11.2024.