fast alle Tage oder Nächte thut, und ich hatte die ganze lange kalte Nacht auf ihn wachen müs- sen, ich dachte an seinen alten kranken Vater, und die Thränen kamen mir darüber in meine beiden Augen. Ich stellte ihm also seinen gan- zen Lebenswandel vor, und daß er sich bessern und ändern solle, ich sagte ihm alles so recht aus meinem alten ehrlichen Herzen heraus, und da, Thomas, lachte er mich aus, wie ein wah- rer Heide. Da wurde ich denn auch hitzig, denn ich bin auch nur ein Mensch, lieber Bru- der, und jetzt schon alt und schwächlich, gebrech- lich und baufällig, ich fuhr so mit etlichen gott- seeligen Redensarten und Kernsprüchen heraus, und da -- lieber Bruder, seit der Zeit ist mir, wie einem armen Sünder zu Muthe, da schlug er mit dem kleinen Stocke nach mir, den er noch aus unserm lieben England mitgenommen hat, mit demselben Stocke, den ich ihm noch in London gekauft habe; hätt' ich das wohl da- mahls denken können! --
Nun läßt es mir hier keine Ruhe mehr, ich habe viel geweint, denn ich bin einmahl etwas weibisch, ich kann es immer nicht vergessen, und der junge Lovell kommt mir nun ganz an-
faſt alle Tage oder Naͤchte thut, und ich hatte die ganze lange kalte Nacht auf ihn wachen muͤſ- ſen, ich dachte an ſeinen alten kranken Vater, und die Thraͤnen kamen mir daruͤber in meine beiden Augen. Ich ſtellte ihm alſo ſeinen gan- zen Lebenswandel vor, und daß er ſich beſſern und aͤndern ſolle, ich ſagte ihm alles ſo recht aus meinem alten ehrlichen Herzen heraus, und da, Thomas, lachte er mich aus, wie ein wah- rer Heide. Da wurde ich denn auch hitzig, denn ich bin auch nur ein Menſch, lieber Bru- der, und jetzt ſchon alt und ſchwaͤchlich, gebrech- lich und baufaͤllig, ich fuhr ſo mit etlichen gott- ſeeligen Redensarten und Kernſpruͤchen heraus, und da — lieber Bruder, ſeit der Zeit iſt mir, wie einem armen Suͤnder zu Muthe, da ſchlug er mit dem kleinen Stocke nach mir, den er noch aus unſerm lieben England mitgenommen hat, mit demſelben Stocke, den ich ihm noch in London gekauft habe; haͤtt’ ich das wohl da- mahls denken koͤnnen! —
Nun laͤßt es mir hier keine Ruhe mehr, ich habe viel geweint, denn ich bin einmahl etwas weibiſch, ich kann es immer nicht vergeſſen, und der junge Lovell kommt mir nun ganz an-
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faſt alle Tage oder Naͤchte thut, und ich hatte
die ganze lange kalte Nacht auf ihn wachen muͤſ-
ſen, ich dachte an ſeinen alten kranken Vater,
und die Thraͤnen kamen mir daruͤber in meine
beiden Augen. Ich ſtellte ihm alſo ſeinen gan-
zen Lebenswandel vor, und daß er ſich beſſern
und aͤndern ſolle, ich ſagte ihm alles ſo recht
aus meinem alten ehrlichen Herzen heraus, und
da, Thomas, lachte er mich aus, wie ein wah-
rer Heide. Da wurde ich denn auch hitzig,
denn ich bin auch nur ein Menſch, lieber Bru-
der, und jetzt ſchon alt und ſchwaͤchlich, gebrech-
lich und baufaͤllig, ich fuhr ſo mit etlichen gott-
ſeeligen Redensarten und Kernſpruͤchen heraus,
und da — lieber Bruder, ſeit der Zeit iſt mir,
wie einem armen Suͤnder zu Muthe, da ſchlug
er mit dem kleinen Stocke nach mir, den er
noch aus unſerm lieben England mitgenommen
hat, mit demſelben Stocke, den ich ihm noch in
London gekauft habe; haͤtt’ ich das wohl da-
mahls denken koͤnnen! —
Nun laͤßt es mir hier keine Ruhe mehr, ich
habe viel geweint, denn ich bin einmahl etwas
weibiſch, ich kann es immer nicht vergeſſen,
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/90>, abgerufen am 21.11.2024.
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