Gieb jene elenden Menschen auf, denn Du hast nichts an ihnen verlohren. Sie fürchten sich vor sich selbst und noch mehr vor jeder fremden Seele; man sollte wahrlich am Ende glauben, unser Geist sey den Gesetzen der Elek- tricität unterworfen, so wunderbar stoßen sich manche Verstandskräfte zurück und wollen sich unter keinen Bedingungen näher kommen. Lies selbst den einfältigen Brief, den mir Adriano geschrieben hat; nach seiner Meinung bestand der Sündenfall unsrer Eltern darinn, daß sie ihr erstes Vorurtheil ablegten. Schon wenn ich einen Menschen auf diese Art sprechen höre, wird es mir in der Seele bange; die Aengstlich- keit, mit der sie gewöhnlich Verstand und Dummheit, Vorurtheil und Aufklärung abson- dern wollen, thut mir immer innerlich weh. Daß die Thoren nicht fühlen, wie lächerlich sie werden, indem sie sich selber so wichtig
20. Roſa an Andrea Coſimo.
Tivolt.
Gieb jene elenden Menſchen auf, denn Du haſt nichts an ihnen verlohren. Sie fuͤrchten ſich vor ſich ſelbſt und noch mehr vor jeder fremden Seele; man ſollte wahrlich am Ende glauben, unſer Geiſt ſey den Geſetzen der Elek- tricitaͤt unterworfen, ſo wunderbar ſtoßen ſich manche Verſtandskraͤfte zuruͤck und wollen ſich unter keinen Bedingungen naͤher kommen. Lies ſelbſt den einfaͤltigen Brief, den mir Adriano geſchrieben hat; nach ſeiner Meinung beſtand der Suͤndenfall unſrer Eltern darinn, daß ſie ihr erſtes Vorurtheil ablegten. Schon wenn ich einen Menſchen auf dieſe Art ſprechen hoͤre, wird es mir in der Seele bange; die Aengſtlich- keit, mit der ſie gewoͤhnlich Verſtand und Dummheit, Vorurtheil und Aufklaͤrung abſon- dern wollen, thut mir immer innerlich weh. Daß die Thoren nicht fuͤhlen, wie laͤcherlich ſie werden, indem ſie ſich ſelber ſo wichtig
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20.
Roſa an Andrea Coſimo.
Tivolt.
Gieb jene elenden Menſchen auf, denn Du
haſt nichts an ihnen verlohren. Sie fuͤrchten
ſich vor ſich ſelbſt und noch mehr vor jeder
fremden Seele; man ſollte wahrlich am Ende
glauben, unſer Geiſt ſey den Geſetzen der Elek-
tricitaͤt unterworfen, ſo wunderbar ſtoßen ſich
manche Verſtandskraͤfte zuruͤck und wollen ſich
unter keinen Bedingungen naͤher kommen. Lies
ſelbſt den einfaͤltigen Brief, den mir Adriano
geſchrieben hat; nach ſeiner Meinung beſtand
der Suͤndenfall unſrer Eltern darinn, daß ſie
ihr erſtes Vorurtheil ablegten. Schon wenn
ich einen Menſchen auf dieſe Art ſprechen hoͤre,
wird es mir in der Seele bange; die Aengſtlich-
keit, mit der ſie gewoͤhnlich Verſtand und
Dummheit, Vorurtheil und Aufklaͤrung abſon-
dern wollen, thut mir immer innerlich weh.
Daß die Thoren nicht fuͤhlen, wie laͤcherlich
ſie werden, indem ſie ſich ſelber ſo wichtig
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/227>, abgerufen am 25.11.2024.
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