wohl gar wenn ich nicht irre, Verse machte. Es ist eine niedrige unangenehme Stube, und mir würde jetzt kein poetischer Gedanke dort einfallen. Die Gegend umher, die mir im Mondschein damals so romantisch vorkam, ist nichts als ein weiter grüner Haideplatz, mit einigen Bäumen, in der Ferne sieht man Wald. Wie närrisch war damals die ganze Welt für mich ausgeputzt!
Auch die Stelle im Walde habe ich wieder- gekannt, auf der ich damals von Amalien Ab- schied nahm, als sie von Bonstreet nach Lon- don reiste. Alle diese Plätze sind stumm gewor- den, ich finde sie widerwärtig und armseelig, da sie mir damals so theuer, so überaus theuer waren. Manchmal ist es, als liefe noch durch die Gebüsche säuselnd eine der lieblichen Erin- nerungen, aber sie können nicht zu mir, sie tre- ten scheu vor mir zurück.
Verkleidet bin ich schon einigemal im Gar- ten hier in Bonstreet auf und abgegangen. Hier hatten alle Empfindungen, alle Erinnerun- gen in den grünen Lauben, auf den schönen Rasenstellen, unter den dichten Zweigen der Alleen geschlafen; sie wachten auf, als mein
wohl gar wenn ich nicht irre, Verſe machte. Es iſt eine niedrige unangenehme Stube, und mir wuͤrde jetzt kein poetiſcher Gedanke dort einfallen. Die Gegend umher, die mir im Mondſchein damals ſo romantiſch vorkam, iſt nichts als ein weiter gruͤner Haideplatz, mit einigen Baͤumen, in der Ferne ſieht man Wald. Wie naͤrriſch war damals die ganze Welt fuͤr mich ausgeputzt!
Auch die Stelle im Walde habe ich wieder- gekannt, auf der ich damals von Amalien Ab- ſchied nahm, als ſie von Bonſtreet nach Lon- don reiſte. Alle dieſe Plaͤtze ſind ſtumm gewor- den, ich finde ſie widerwaͤrtig und armſeelig, da ſie mir damals ſo theuer, ſo uͤberaus theuer waren. Manchmal iſt es, als liefe noch durch die Gebuͤſche ſaͤuſelnd eine der lieblichen Erin- nerungen, aber ſie koͤnnen nicht zu mir, ſie tre- ten ſcheu vor mir zuruͤck.
Verkleidet bin ich ſchon einigemal im Gar- ten hier in Bonſtreet auf und abgegangen. Hier hatten alle Empfindungen, alle Erinnerun- gen in den gruͤnen Lauben, auf den ſchoͤnen Raſenſtellen, unter den dichten Zweigen der Alleen geſchlafen; ſie wachten auf, als mein
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wohl gar wenn ich nicht irre, Verſe machte.
Es iſt eine niedrige unangenehme Stube, und
mir wuͤrde jetzt kein poetiſcher Gedanke dort
einfallen. Die Gegend umher, die mir im
Mondſchein damals ſo romantiſch vorkam, iſt
nichts als ein weiter gruͤner Haideplatz, mit
einigen Baͤumen, in der Ferne ſieht man Wald.
Wie naͤrriſch war damals die ganze Welt fuͤr
mich ausgeputzt!
Auch die Stelle im Walde habe ich wieder-
gekannt, auf der ich damals von Amalien Ab-
ſchied nahm, als ſie von Bonſtreet nach Lon-
don reiſte. Alle dieſe Plaͤtze ſind ſtumm gewor-
den, ich finde ſie widerwaͤrtig und armſeelig,
da ſie mir damals ſo theuer, ſo uͤberaus theuer
waren. Manchmal iſt es, als liefe noch durch
die Gebuͤſche ſaͤuſelnd eine der lieblichen Erin-
nerungen, aber ſie koͤnnen nicht zu mir, ſie tre-
ten ſcheu vor mir zuruͤck.
Verkleidet bin ich ſchon einigemal im Gar-
ten hier in Bonſtreet auf und abgegangen.
Hier hatten alle Empfindungen, alle Erinnerun-
gen in den gruͤnen Lauben, auf den ſchoͤnen
Raſenſtellen, unter den dichten Zweigen der
Alleen geſchlafen; ſie wachten auf, als mein
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/27>, abgerufen am 03.12.2024.
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