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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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auf die beste Art haben wollen. sonst bleibt es
am Ende ganz schlecht. -- An mir liegt frei-
lich nicht die Schuld, sondern immer nur an
dem Gärtner Thomas, von dem ich Ihnen
schon neulich schrieb, daß ich vielen Streit mit
ihm hätte; ein Mensch, der seinen wahren und
ächten Geschmack gar nicht ausgebildet hat und
der nun doch immer in allen Sachen Recht ha-
ben will. Nun ist das eine sehr große und fast
unausstehliche Prätension, selbst von einem sehr
gescheidten Menschen, und nun vollends von
einem Manne, der nicht drey vernünftige Gär-
ten Zeit seines ganzen Lebens gesehn hat. Aber
es ist ein schlimmer Umstand bey diesem Manne,
er wird sehr gekränkt, wenn man ihm zu sehr
widerspricht, oder ganz gegen seinen Willen
handelt, er hat eine Art von empfindsamen Ei-
gensinn, den man gar nicht brechen kann, ohne
ihm selber das Herz zu brechen. Er war neu-
lich heftig gerührt, als ich ein Blumenbeet an-
gebracht hatte, von dem er nichts wußte. Er
hielt mir das Unrecht, das ich ihm, als einem
so alten Manne, thue, daß ich seinen Respekt
bey den Gartenknechten vermindre, recht be-
weglich vor, und ich alter Narr ließ mich

über-

auf die beſte Art haben wollen. ſonſt bleibt es
am Ende ganz ſchlecht. — An mir liegt frei-
lich nicht die Schuld, ſondern immer nur an
dem Gaͤrtner Thomas, von dem ich Ihnen
ſchon neulich ſchrieb, daß ich vielen Streit mit
ihm haͤtte; ein Menſch, der ſeinen wahren und
aͤchten Geſchmack gar nicht ausgebildet hat und
der nun doch immer in allen Sachen Recht ha-
ben will. Nun iſt das eine ſehr große und faſt
unausſtehliche Praͤtenſion, ſelbſt von einem ſehr
geſcheidten Menſchen, und nun vollends von
einem Manne, der nicht drey vernuͤnftige Gaͤr-
ten Zeit ſeines ganzen Lebens geſehn hat. Aber
es iſt ein ſchlimmer Umſtand bey dieſem Manne,
er wird ſehr gekraͤnkt, wenn man ihm zu ſehr
widerſpricht, oder ganz gegen ſeinen Willen
handelt, er hat eine Art von empfindſamen Ei-
genſinn, den man gar nicht brechen kann, ohne
ihm ſelber das Herz zu brechen. Er war neu-
lich heftig geruͤhrt, als ich ein Blumenbeet an-
gebracht hatte, von dem er nichts wußte. Er
hielt mir das Unrecht, das ich ihm, als einem
ſo alten Manne, thue, daß ich ſeinen Reſpekt
bey den Gartenknechten vermindre, recht be-
weglich vor, und ich alter Narr ließ mich

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[304/0311] auf die beſte Art haben wollen. ſonſt bleibt es am Ende ganz ſchlecht. — An mir liegt frei- lich nicht die Schuld, ſondern immer nur an dem Gaͤrtner Thomas, von dem ich Ihnen ſchon neulich ſchrieb, daß ich vielen Streit mit ihm haͤtte; ein Menſch, der ſeinen wahren und aͤchten Geſchmack gar nicht ausgebildet hat und der nun doch immer in allen Sachen Recht ha- ben will. Nun iſt das eine ſehr große und faſt unausſtehliche Praͤtenſion, ſelbſt von einem ſehr geſcheidten Menſchen, und nun vollends von einem Manne, der nicht drey vernuͤnftige Gaͤr- ten Zeit ſeines ganzen Lebens geſehn hat. Aber es iſt ein ſchlimmer Umſtand bey dieſem Manne, er wird ſehr gekraͤnkt, wenn man ihm zu ſehr widerſpricht, oder ganz gegen ſeinen Willen handelt, er hat eine Art von empfindſamen Ei- genſinn, den man gar nicht brechen kann, ohne ihm ſelber das Herz zu brechen. Er war neu- lich heftig geruͤhrt, als ich ein Blumenbeet an- gebracht hatte, von dem er nichts wußte. Er hielt mir das Unrecht, das ich ihm, als einem ſo alten Manne, thue, daß ich ſeinen Reſpekt bey den Gartenknechten vermindre, recht be- weglich vor, und ich alter Narr ließ mich uͤber-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/311>, abgerufen am 22.11.2024.