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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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hatte, jetzt als ein ganz gewöhnlicher Mensch
vor mir stand.

Er fiel in meine Arme und fing von neuem
an zu sprechen: -- Ach Lovell! rief er aus, auch
diese hat mir der Tod entrissen. Und ich darf
den Kirchhof, ich darf ihr Grab nicht besuchen!
Wie sehn' ich mich oft nach meiner einsamen
Wohnung in den Apenninen zurück! -- --

Ich wollte ihn trösten; ich ließ einige
Worte über den gewöhnlichen Gang des mensch-
lichen Lebens fallen.

Recht! rief er mit großer Bitterkeit, das
Leben würde kein Leben seyn, wenn es nicht
nach dieser tyrannischen Vorschrift geführt
würde. Wir sind nur darum auf kleine arm-
seelige Augenblicke glücklich, um unser Unglück
nachher desto schärfer zu fühlen. Es ist der
alte Fluch, der auf der Veränderung liegt;
Glück muß mit Unglück wechseln, es ist nicht
anders möglich, und eben darinn besteht unser
Leben und unser Elend.

Er war heftig erschüttert und ich ging im
Zimmer auf und ab; ich näherte mich dem
Mantel und wollte ihn in Gedanken aufheben.
Halt! rief mir Balder plötzlich zu, um Gottes-

willen

hatte, jetzt als ein ganz gewoͤhnlicher Menſch
vor mir ſtand.

Er fiel in meine Arme und fing von neuem
an zu ſprechen: — Ach Lovell! rief er aus, auch
dieſe hat mir der Tod entriſſen. Und ich darf
den Kirchhof, ich darf ihr Grab nicht beſuchen!
Wie ſehn' ich mich oft nach meiner einſamen
Wohnung in den Apenninen zuruͤck! — —

Ich wollte ihn troͤſten; ich ließ einige
Worte uͤber den gewoͤhnlichen Gang des menſch-
lichen Lebens fallen.

Recht! rief er mit großer Bitterkeit, das
Leben wuͤrde kein Leben ſeyn, wenn es nicht
nach dieſer tyranniſchen Vorſchrift gefuͤhrt
wuͤrde. Wir ſind nur darum auf kleine arm-
ſeelige Augenblicke gluͤcklich, um unſer Ungluͤck
nachher deſto ſchaͤrfer zu fuͤhlen. Es iſt der
alte Fluch, der auf der Veraͤnderung liegt;
Gluͤck muß mit Ungluͤck wechſeln, es iſt nicht
anders moͤglich, und eben darinn beſteht unſer
Leben und unſer Elend.

Er war heftig erſchuͤttert und ich ging im
Zimmer auf und ab; ich naͤherte mich dem
Mantel und wollte ihn in Gedanken aufheben.
Halt! rief mir Balder ploͤtzlich zu, um Gottes-

willen
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[352/0359] hatte, jetzt als ein ganz gewoͤhnlicher Menſch vor mir ſtand. Er fiel in meine Arme und fing von neuem an zu ſprechen: — Ach Lovell! rief er aus, auch dieſe hat mir der Tod entriſſen. Und ich darf den Kirchhof, ich darf ihr Grab nicht beſuchen! Wie ſehn' ich mich oft nach meiner einſamen Wohnung in den Apenninen zuruͤck! — — Ich wollte ihn troͤſten; ich ließ einige Worte uͤber den gewoͤhnlichen Gang des menſch- lichen Lebens fallen. Recht! rief er mit großer Bitterkeit, das Leben wuͤrde kein Leben ſeyn, wenn es nicht nach dieſer tyranniſchen Vorſchrift gefuͤhrt wuͤrde. Wir ſind nur darum auf kleine arm- ſeelige Augenblicke gluͤcklich, um unſer Ungluͤck nachher deſto ſchaͤrfer zu fuͤhlen. Es iſt der alte Fluch, der auf der Veraͤnderung liegt; Gluͤck muß mit Ungluͤck wechſeln, es iſt nicht anders moͤglich, und eben darinn beſteht unſer Leben und unſer Elend. Er war heftig erſchuͤttert und ich ging im Zimmer auf und ab; ich naͤherte mich dem Mantel und wollte ihn in Gedanken aufheben. Halt! rief mir Balder ploͤtzlich zu, um Gottes- willen

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/359>, abgerufen am 22.11.2024.