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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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willen halt ein! -- Seine Stimme war ganz
unkenntlich, ich stand erschrocken still und sah
ihn befremdet an. -- Da unten, sagte er mit
zitterndem Tone, liegen die Denkmähler, die
man Henrietten gesetzt hat. -- Neugierig hob
ich den Mantel auf, -- und wie entsetzte ich
mich, als ich einen dicken Pfahl und starke
Ketten erblickte. Einige Glieder der Kette fielen
rasselnd herunter und Balder tobte nun wie ein
wildes Gespenst im Zimmer auf und ab, er
rannte mit dem Kopfe gegen die Wände, er
schrie und zerfleischte sich das Gesicht, er warf
sich laut lachend auf den Boden nieder.

Bösewichter! schrie er mit einer gräßlichen
Stimme, so geht ihr mit mir um? -- Das ist
also der Mensch? -- Gebt sie mir zurück und
nehmt diese Ketten wieder! --

Die Raserey erstickte bald seine Sprache.
Sein Gesicht war jetzt blau und aufgetrieben,
alle Glieder seines Körpers bewegten sich mit
einer unglaublichen Schnelligkeit, in seinen
gräßlichen Bewegungen lag etwas Niedriges
und Komisches, das mein Entsetzen noch ver-
mehrte. Jetzt sprang er auf mich zu und warf
mich mit einem gewaltigen Stoße gegen die

Lovell. 3r Bd. Z

willen halt ein! — Seine Stimme war ganz
unkenntlich, ich ſtand erſchrocken ſtill und ſah
ihn befremdet an. — Da unten, ſagte er mit
zitterndem Tone, liegen die Denkmaͤhler, die
man Henrietten geſetzt hat. — Neugierig hob
ich den Mantel auf, — und wie entſetzte ich
mich, als ich einen dicken Pfahl und ſtarke
Ketten erblickte. Einige Glieder der Kette fielen
raſſelnd herunter und Balder tobte nun wie ein
wildes Geſpenſt im Zimmer auf und ab, er
rannte mit dem Kopfe gegen die Waͤnde, er
ſchrie und zerfleiſchte ſich das Geſicht, er warf
ſich laut lachend auf den Boden nieder.

Boͤſewichter! ſchrie er mit einer graͤßlichen
Stimme, ſo geht ihr mit mir um? — Das iſt
alſo der Menſch? — Gebt ſie mir zuruͤck und
nehmt dieſe Ketten wieder! —

Die Raſerey erſtickte bald ſeine Sprache.
Sein Geſicht war jetzt blau und aufgetrieben,
alle Glieder ſeines Koͤrpers bewegten ſich mit
einer unglaublichen Schnelligkeit, in ſeinen
graͤßlichen Bewegungen lag etwas Niedriges
und Komiſches, das mein Entſetzen noch ver-
mehrte. Jetzt ſprang er auf mich zu und warf
mich mit einem gewaltigen Stoße gegen die

Lovell. 3r Bd. Z
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[353/0360] willen halt ein! — Seine Stimme war ganz unkenntlich, ich ſtand erſchrocken ſtill und ſah ihn befremdet an. — Da unten, ſagte er mit zitterndem Tone, liegen die Denkmaͤhler, die man Henrietten geſetzt hat. — Neugierig hob ich den Mantel auf, — und wie entſetzte ich mich, als ich einen dicken Pfahl und ſtarke Ketten erblickte. Einige Glieder der Kette fielen raſſelnd herunter und Balder tobte nun wie ein wildes Geſpenſt im Zimmer auf und ab, er rannte mit dem Kopfe gegen die Waͤnde, er ſchrie und zerfleiſchte ſich das Geſicht, er warf ſich laut lachend auf den Boden nieder. Boͤſewichter! ſchrie er mit einer graͤßlichen Stimme, ſo geht ihr mit mir um? — Das iſt alſo der Menſch? — Gebt ſie mir zuruͤck und nehmt dieſe Ketten wieder! — Die Raſerey erſtickte bald ſeine Sprache. Sein Geſicht war jetzt blau und aufgetrieben, alle Glieder ſeines Koͤrpers bewegten ſich mit einer unglaublichen Schnelligkeit, in ſeinen graͤßlichen Bewegungen lag etwas Niedriges und Komiſches, das mein Entſetzen noch ver- mehrte. Jetzt ſprang er auf mich zu und warf mich mit einem gewaltigen Stoße gegen die Lovell. 3r Bd. Z

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/360>, abgerufen am 22.11.2024.