Ohne daß ich es merkte, war er auf alle meine Bewegungen sehr aufmerksam, er beobachtete mich beständig und seine Blicke waren mir oft ängstlich. Die Liebe dieses Menschen hat mich von je verfolgt, und jetzt hat sie mich elend, ja unsinnig gemacht. -- Ich haßte Eduard aus dem tiefsten Herzen und dachte dabey unauf- hörlich an meine Aufträge, unbemerkt, wie ich glaubte, schüttete ich an einem Morgen ein fei- nes Gift in ein Glas mit Wein, um mich so zu rächen und alles wieder gut zu machen.
Bald darauf entsteht ein gewaltig Gelaufe im Hause, Thüren werden zugeschlagen, man schreit laut nach Hülfe, ich werde endlich mit Gewalt von meinem Zimmer herunter geschleppt, -- und Willy hat mich bemerkt, Eduard ge- warnt, und endlich in einer Art von Verrük- kung und um zu beweisen, daß er Recht habe, selbst den Wein getrunken. Er war schon halb ohne Bewußtseyn, das Gift wirkte auf den al- ten schwachen Körper unmittelbar, das in dem stärkern, jugendlichern erst nach einigen Wochen seine Folgen gezeigt hätte. -- Willy küßte mei- ne Hände, weinte und klagte, ich war völlig betäubt. Er sank zu meinen Füßen nieder und
Ohne daß ich es merkte, war er auf alle meine Bewegungen ſehr aufmerkſam, er beobachtete mich beſtaͤndig und ſeine Blicke waren mir oft aͤngſtlich. Die Liebe dieſes Menſchen hat mich von je verfolgt, und jetzt hat ſie mich elend, ja unſinnig gemacht. — Ich haßte Eduard aus dem tiefſten Herzen und dachte dabey unauf- hoͤrlich an meine Auftraͤge, unbemerkt, wie ich glaubte, ſchuͤttete ich an einem Morgen ein fei- nes Gift in ein Glas mit Wein, um mich ſo zu raͤchen und alles wieder gut zu machen.
Bald darauf entſteht ein gewaltig Gelaufe im Hauſe, Thuͤren werden zugeſchlagen, man ſchreit laut nach Huͤlfe, ich werde endlich mit Gewalt von meinem Zimmer herunter geſchleppt, — und Willy hat mich bemerkt, Eduard ge- warnt, und endlich in einer Art von Verruͤk- kung und um zu beweiſen, daß er Recht habe, ſelbſt den Wein getrunken. Er war ſchon halb ohne Bewußtſeyn, das Gift wirkte auf den al- ten ſchwachen Koͤrper unmittelbar, das in dem ſtaͤrkern, jugendlichern erſt nach einigen Wochen ſeine Folgen gezeigt haͤtte. — Willy kuͤßte mei- ne Haͤnde, weinte und klagte, ich war voͤllig betaͤubt. Er ſank zu meinen Fuͤßen nieder und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0092"n="85"/>
Ohne daß ich es merkte, war er auf alle meine<lb/>
Bewegungen ſehr aufmerkſam, er beobachtete<lb/>
mich beſtaͤndig und ſeine Blicke waren mir oft<lb/>
aͤngſtlich. Die Liebe dieſes Menſchen hat mich<lb/>
von je verfolgt, und jetzt hat ſie mich elend,<lb/>
ja unſinnig gemacht. — Ich haßte Eduard aus<lb/>
dem tiefſten Herzen und dachte dabey unauf-<lb/>
hoͤrlich an meine Auftraͤge, unbemerkt, wie ich<lb/>
glaubte, ſchuͤttete ich an einem Morgen ein fei-<lb/>
nes Gift in ein Glas mit Wein, um mich ſo<lb/>
zu raͤchen und alles wieder gut zu machen.</p><lb/><p>Bald darauf entſteht ein gewaltig Gelaufe<lb/>
im Hauſe, Thuͤren werden zugeſchlagen, man<lb/>ſchreit laut nach Huͤlfe, ich werde endlich mit<lb/>
Gewalt von meinem Zimmer herunter geſchleppt,<lb/>— und Willy hat mich bemerkt, Eduard ge-<lb/>
warnt, und endlich in einer Art von Verruͤk-<lb/>
kung und um zu beweiſen, daß er Recht habe,<lb/>ſelbſt den Wein getrunken. Er war ſchon halb<lb/>
ohne Bewußtſeyn, das Gift wirkte auf den al-<lb/>
ten ſchwachen Koͤrper unmittelbar, das in dem<lb/>ſtaͤrkern, jugendlichern erſt nach einigen Wochen<lb/>ſeine Folgen gezeigt haͤtte. — Willy kuͤßte mei-<lb/>
ne Haͤnde, weinte und klagte, ich war voͤllig<lb/>
betaͤubt. Er ſank zu meinen Fuͤßen nieder und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[85/0092]
Ohne daß ich es merkte, war er auf alle meine
Bewegungen ſehr aufmerkſam, er beobachtete
mich beſtaͤndig und ſeine Blicke waren mir oft
aͤngſtlich. Die Liebe dieſes Menſchen hat mich
von je verfolgt, und jetzt hat ſie mich elend,
ja unſinnig gemacht. — Ich haßte Eduard aus
dem tiefſten Herzen und dachte dabey unauf-
hoͤrlich an meine Auftraͤge, unbemerkt, wie ich
glaubte, ſchuͤttete ich an einem Morgen ein fei-
nes Gift in ein Glas mit Wein, um mich ſo
zu raͤchen und alles wieder gut zu machen.
Bald darauf entſteht ein gewaltig Gelaufe
im Hauſe, Thuͤren werden zugeſchlagen, man
ſchreit laut nach Huͤlfe, ich werde endlich mit
Gewalt von meinem Zimmer herunter geſchleppt,
— und Willy hat mich bemerkt, Eduard ge-
warnt, und endlich in einer Art von Verruͤk-
kung und um zu beweiſen, daß er Recht habe,
ſelbſt den Wein getrunken. Er war ſchon halb
ohne Bewußtſeyn, das Gift wirkte auf den al-
ten ſchwachen Koͤrper unmittelbar, das in dem
ſtaͤrkern, jugendlichern erſt nach einigen Wochen
ſeine Folgen gezeigt haͤtte. — Willy kuͤßte mei-
ne Haͤnde, weinte und klagte, ich war voͤllig
betaͤubt. Er ſank zu meinen Fuͤßen nieder und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/92>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.