sagt, so wär ich ihm an die Brust gestürzt, und hätte ihm alles bekannt, ich wäre wieder in meine Kindheit zurückgesunken, ich hätte alle meine Erfahrungen abgeschworen; ich hätte ihm die Flucht Emiliens, und alles entdeckt, ich wä- re in der gewaltigen Rührung vielleicht zu Grun- de gegangen. -- Er verdiente es nicht, wie sehr ich ihn liebte; alles kam mir zurück, was er mir einst gewesen war, und was ich von ihm gehofft hatte; -- es war mir als wenn er mich riefe, und ich stand stille und wollte umkehren, aber es war nur der Schall des Windes im Forste.
Ich wußte immer noch nicht, ob ich nicht dennoch zurückgehen sollte; je weiter ich fort- schritt, je ängstlicher klopfte mein Herz, -- ach und er hat sich nicht nach mir umgesehen, er hat nicht weiter an mich gedacht.
Ich war zweifelhaft, ob ich nach dem Or- te hingehen sollte, wo Emilie auf mich wartete. Alles war mir jetzt zuwider. Ich hätte mich niederwerfen mögen, und weinen und sterben. Aber mein Haß kehrte endlich zurück. Sonder- bar! daß er mich selbst auf den Weg nach Emi- lien hatte bringen müssen, den ich ohne ihn in
ſagt, ſo waͤr ich ihm an die Bruſt geſtuͤrzt, und haͤtte ihm alles bekannt, ich waͤre wieder in meine Kindheit zuruͤckgeſunken, ich haͤtte alle meine Erfahrungen abgeſchworen; ich haͤtte ihm die Flucht Emiliens, und alles entdeckt, ich waͤ- re in der gewaltigen Ruͤhrung vielleicht zu Grun- de gegangen. — Er verdiente es nicht, wie ſehr ich ihn liebte; alles kam mir zuruͤck, was er mir einſt geweſen war, und was ich von ihm gehofft hatte; — es war mir als wenn er mich riefe, und ich ſtand ſtille und wollte umkehren, aber es war nur der Schall des Windes im Forſte.
Ich wußte immer noch nicht, ob ich nicht dennoch zuruͤckgehen ſollte; je weiter ich fort- ſchritt, je aͤngſtlicher klopfte mein Herz, — ach und er hat ſich nicht nach mir umgeſehen, er hat nicht weiter an mich gedacht.
Ich war zweifelhaft, ob ich nach dem Or- te hingehen ſollte, wo Emilie auf mich wartete. Alles war mir jetzt zuwider. Ich haͤtte mich niederwerfen moͤgen, und weinen und ſterben. Aber mein Haß kehrte endlich zuruͤck. Sonder- bar! daß er mich ſelbſt auf den Weg nach Emi- lien hatte bringen muͤſſen, den ich ohne ihn in
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ſagt, ſo waͤr ich ihm an die Bruſt geſtuͤrzt, und
haͤtte ihm alles bekannt, ich waͤre wieder in
meine Kindheit zuruͤckgeſunken, ich haͤtte alle
meine Erfahrungen abgeſchworen; ich haͤtte ihm
die Flucht Emiliens, und alles entdeckt, ich waͤ-
re in der gewaltigen Ruͤhrung vielleicht zu Grun-
de gegangen. — Er verdiente es nicht, wie ſehr
ich ihn liebte; alles kam mir zuruͤck, was er
mir einſt geweſen war, und was ich von ihm
gehofft hatte; — es war mir als wenn er mich
riefe, und ich ſtand ſtille und wollte umkehren,
aber es war nur der Schall des Windes im
Forſte.
Ich wußte immer noch nicht, ob ich nicht
dennoch zuruͤckgehen ſollte; je weiter ich fort-
ſchritt, je aͤngſtlicher klopfte mein Herz, — ach
und er hat ſich nicht nach mir umgeſehen, er
hat nicht weiter an mich gedacht.
Ich war zweifelhaft, ob ich nach dem Or-
te hingehen ſollte, wo Emilie auf mich wartete.
Alles war mir jetzt zuwider. Ich haͤtte mich
niederwerfen moͤgen, und weinen und ſterben.
Aber mein Haß kehrte endlich zuruͤck. Sonder-
bar! daß er mich ſelbſt auf den Weg nach Emi-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/98>, abgerufen am 23.11.2024.
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