Der Hund krümmte sich und winselte über diese ungewohnte Behandlung, er sah mich mit bitten- den Augen an, aber ich fürchtete mich ihn mit mir zu nehmen. Noch nahm ich eins von den Gefä- ßen, das mit Edelsteinen angefüllt war, und steckte es zu mir, die übrigen ließ ich stehn.
Der Vogel drehte den Kopf auf eine wunder- liche Weise, als ich mit ihm zur Thür hinaus trat, der Hund strengte sich sehr an, mir nachzukom- men, aber er mußte zurück bleiben.
Ich vermied den Weg nach den wilden Felsen und ging nach der entgegengesetzten Seite. Der Hund bellte und winselte immerfort, und es rührte mich recht inniglich; der Vogel wollte einigemal zu singen anfangen, aber da er getragen ward, mußte es ihm wohl unbequem fallen.
So wie ich weiter ging, hörte ich das Bellen immer schwächer, und endlich hörte es ganz auf. Ich weinte und wäre beinahe wieder umgekehrt, aber die Sucht etwas Neues zu sehn, trieb mich vorwärts.
Schon war ich über Berge und durch einige Wälder gekommen, als es Abend ward, und ich in einem Dorfe einkehren mußte. Ich war sehr blöde als ich in die Schenke trat, man wies mir eine Stube und ein Bette an, ich schlief ziemlich ruhig, nur daß ich von der Alten träumte, die mir drohte.
Meine Reise war ziemlich einförmig, aber je weiter ich ging, je mehr ängstigte mich die Vor- stellung von der Alten und dem kleinen Hunde;
Der blonde Eckbert.
Der Hund kruͤmmte ſich und winſelte uͤber dieſe ungewohnte Behandlung, er ſah mich mit bitten- den Augen an, aber ich fuͤrchtete mich ihn mit mir zu nehmen. Noch nahm ich eins von den Gefaͤ- ßen, das mit Edelſteinen angefuͤllt war, und ſteckte es zu mir, die uͤbrigen ließ ich ſtehn.
Der Vogel drehte den Kopf auf eine wunder- liche Weiſe, als ich mit ihm zur Thuͤr hinaus trat, der Hund ſtrengte ſich ſehr an, mir nachzukom- men, aber er mußte zuruͤck bleiben.
Ich vermied den Weg nach den wilden Felſen und ging nach der entgegengeſetzten Seite. Der Hund bellte und winſelte immerfort, und es ruͤhrte mich recht inniglich; der Vogel wollte einigemal zu ſingen anfangen, aber da er getragen ward, mußte es ihm wohl unbequem fallen.
So wie ich weiter ging, hoͤrte ich das Bellen immer ſchwaͤcher, und endlich hoͤrte es ganz auf. Ich weinte und waͤre beinahe wieder umgekehrt, aber die Sucht etwas Neues zu ſehn, trieb mich vorwaͤrts.
Schon war ich uͤber Berge und durch einige Waͤlder gekommen, als es Abend ward, und ich in einem Dorfe einkehren mußte. Ich war ſehr bloͤde als ich in die Schenke trat, man wies mir eine Stube und ein Bette an, ich ſchlief ziemlich ruhig, nur daß ich von der Alten traͤumte, die mir drohte.
Meine Reiſe war ziemlich einfoͤrmig, aber je weiter ich ging, je mehr aͤngſtigte mich die Vor- ſtellung von der Alten und dem kleinen Hunde;
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Der blonde Eckbert.
Der Hund kruͤmmte ſich und winſelte uͤber dieſe
ungewohnte Behandlung, er ſah mich mit bitten-
den Augen an, aber ich fuͤrchtete mich ihn mit mir
zu nehmen. Noch nahm ich eins von den Gefaͤ-
ßen, das mit Edelſteinen angefuͤllt war, und ſteckte
es zu mir, die uͤbrigen ließ ich ſtehn.
Der Vogel drehte den Kopf auf eine wunder-
liche Weiſe, als ich mit ihm zur Thuͤr hinaus trat,
der Hund ſtrengte ſich ſehr an, mir nachzukom-
men, aber er mußte zuruͤck bleiben.
Ich vermied den Weg nach den wilden Felſen
und ging nach der entgegengeſetzten Seite. Der
Hund bellte und winſelte immerfort, und es ruͤhrte
mich recht inniglich; der Vogel wollte einigemal zu
ſingen anfangen, aber da er getragen ward, mußte
es ihm wohl unbequem fallen.
So wie ich weiter ging, hoͤrte ich das Bellen
immer ſchwaͤcher, und endlich hoͤrte es ganz auf.
Ich weinte und waͤre beinahe wieder umgekehrt,
aber die Sucht etwas Neues zu ſehn, trieb mich
vorwaͤrts.
Schon war ich uͤber Berge und durch einige
Waͤlder gekommen, als es Abend ward, und ich
in einem Dorfe einkehren mußte. Ich war ſehr
bloͤde als ich in die Schenke trat, man wies mir
eine Stube und ein Bette an, ich ſchlief ziemlich
ruhig, nur daß ich von der Alten traͤumte, die
mir drohte.
Meine Reiſe war ziemlich einfoͤrmig, aber je
weiter ich ging, je mehr aͤngſtigte mich die Vor-
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/192>, abgerufen am 21.11.2024.
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