die Häuser von außen mit Gemählden von Rie- sen und alt deutschen Helden geschmückt waren.
Doch sagte Theodor, wird das jetzt alles dort, so wie in andern Städten, von Geschmack- vollen angestrichen, um, wie der Dichter sagt: "zu mahlen auf das Weiß, ihr Antlitz oder ihren Steiß." -- Allein Fürth war auch bei alle dem mit seinen geputzten Damen, die gedrängt am Jahrmarktsfest durch die Gassen wandelten, nebst dem guten Wirthshause, und der Aussicht aus den Straßen in das Grün an jenem war- men sonnigen Tage nicht so durchaus zu verach- ten. Behüte uns überhaupt nur der Himmel, (wie es schon hie und da angeklungen hat) daß dieselbe Liebe und Begeisterung, die ich zwar in dir als etwas Aechtes anerkenne, nicht die Thor- heit einer jüngeren Zeit werde, die dich dann mit leeren Uebertreibungen weit überflügeln möchte.
Wenn nur das wahrhaft Gute und Große mehr erkannt und ins Bewußtsein gebracht wird, sagte Ernst, wenn wir nur mehr sammeln und lernen, und jene Vorurtheile der neuern Hoffarth ganz ablegen, und die Vorzeit und also das Vaterland wahrhafter und inniger lieben, so kann der Nachtheil einer sich bald erschöpfenden Thor- heit so groß nicht werden. -- In jenen jugend- lichen Tagen, als ich zuerst deine Freundschaft gewann, gerieth ich oft in die wunderlichste Stim- mung, wenn ich die Beschreibungen unsers Va- terlandes, die gekannt und gerühmt waren, und
Einleitung.
die Haͤuſer von außen mit Gemaͤhlden von Rie- ſen und alt deutſchen Helden geſchmuͤckt waren.
Doch ſagte Theodor, wird das jetzt alles dort, ſo wie in andern Staͤdten, von Geſchmack- vollen angeſtrichen, um, wie der Dichter ſagt: „zu mahlen auf das Weiß, ihr Antlitz oder ihren Steiß.“ — Allein Fuͤrth war auch bei alle dem mit ſeinen geputzten Damen, die gedraͤngt am Jahrmarktsfeſt durch die Gaſſen wandelten, nebſt dem guten Wirthshauſe, und der Ausſicht aus den Straßen in das Gruͤn an jenem war- men ſonnigen Tage nicht ſo durchaus zu verach- ten. Behuͤte uns uͤberhaupt nur der Himmel, (wie es ſchon hie und da angeklungen hat) daß dieſelbe Liebe und Begeiſterung, die ich zwar in dir als etwas Aechtes anerkenne, nicht die Thor- heit einer juͤngeren Zeit werde, die dich dann mit leeren Uebertreibungen weit uͤberfluͤgeln moͤchte.
Wenn nur das wahrhaft Gute und Große mehr erkannt und ins Bewußtſein gebracht wird, ſagte Ernſt, wenn wir nur mehr ſammeln und lernen, und jene Vorurtheile der neuern Hoffarth ganz ablegen, und die Vorzeit und alſo das Vaterland wahrhafter und inniger lieben, ſo kann der Nachtheil einer ſich bald erſchoͤpfenden Thor- heit ſo groß nicht werden. — In jenen jugend- lichen Tagen, als ich zuerſt deine Freundſchaft gewann, gerieth ich oft in die wunderlichſte Stim- mung, wenn ich die Beſchreibungen unſers Va- terlandes, die gekannt und geruͤhmt waren, und
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Einleitung.
die Haͤuſer von außen mit Gemaͤhlden von Rie-
ſen und alt deutſchen Helden geſchmuͤckt waren.
Doch ſagte Theodor, wird das jetzt alles
dort, ſo wie in andern Staͤdten, von Geſchmack-
vollen angeſtrichen, um, wie der Dichter ſagt:
„zu mahlen auf das Weiß, ihr Antlitz oder
ihren Steiß.“ — Allein Fuͤrth war auch bei alle
dem mit ſeinen geputzten Damen, die gedraͤngt
am Jahrmarktsfeſt durch die Gaſſen wandelten,
nebſt dem guten Wirthshauſe, und der Ausſicht
aus den Straßen in das Gruͤn an jenem war-
men ſonnigen Tage nicht ſo durchaus zu verach-
ten. Behuͤte uns uͤberhaupt nur der Himmel,
(wie es ſchon hie und da angeklungen hat) daß
dieſelbe Liebe und Begeiſterung, die ich zwar in
dir als etwas Aechtes anerkenne, nicht die Thor-
heit einer juͤngeren Zeit werde, die dich dann mit
leeren Uebertreibungen weit uͤberfluͤgeln moͤchte.
Wenn nur das wahrhaft Gute und Große
mehr erkannt und ins Bewußtſein gebracht wird,
ſagte Ernſt, wenn wir nur mehr ſammeln und
lernen, und jene Vorurtheile der neuern Hoffarth
ganz ablegen, und die Vorzeit und alſo das
Vaterland wahrhafter und inniger lieben, ſo kann
der Nachtheil einer ſich bald erſchoͤpfenden Thor-
heit ſo groß nicht werden. — In jenen jugend-
lichen Tagen, als ich zuerſt deine Freundſchaft
gewann, gerieth ich oft in die wunderlichſte Stim-
mung, wenn ich die Beſchreibungen unſers Va-
terlandes, die gekannt und geruͤhmt waren, und
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/21>, abgerufen am 21.11.2024.
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