Dietrichen hinrichten lassen? Der Herzog sagte Ja. Und auch meinen jüngstes Söhnlein Conrad, rief Eckart im Schmerz, ist dir nicht zu gut ge- wesen, und du hast ihn auch umbringen lassen? Worauf der Herzog wieder mit Ja antwortete.
Hier ward Eckart übermannt und sprach in Thränen: O antworte mir nicht so, Burgund, denn diese Reden kann ich nicht aushalten, sprich nur, daß es dich gereut, daß du es jetzt ungeschehen wünschest, und ich will mich zu trösten suchen; aber so bist du meinem Herzen überall zuwider.
Der Herzog sagte: entferne dich von meinem Angesichte, ungetreuer Verräther, denn du bist mir der ärgerlichste Feind, den ich nur auf Erden ha- ben kann.
Eckart sagte: Du hast mich wohl ehedem dei- nen Freund genannt, aber diese Gedanken sind dir nunmehr fremd; nie hab' ich dir zuwider ge- handelt, stets hab' ich dich als meinen Fürsten geehrt und geliebt, und behüte mich Gott, daß ich nun, wie ich wohl könnte, die Hand an mein Schwerdt legen sollte, um mir Rache zu schaffen. Nein, ich will mich selbst von deinem Angesichte verbannen, und in der Einsamkeit sterben.
Mit diesen Worten ging er fort, und der Bur- gund war in seinem Gemüthe bewegt, doch erschie- nen auf seinen Ruf die Leibwächter mit den Lan- zen, die ihn von allen Seiten umgaben, und den Eckart mit den Spießen aus dem Gemache treiben wollten.
Es
Erſte Abtheilung.
Dietrichen hinrichten laſſen? Der Herzog ſagte Ja. Und auch meinen juͤngſtes Soͤhnlein Conrad, rief Eckart im Schmerz, iſt dir nicht zu gut ge- weſen, und du haſt ihn auch umbringen laſſen? Worauf der Herzog wieder mit Ja antwortete.
Hier ward Eckart uͤbermannt und ſprach in Thraͤnen: O antworte mir nicht ſo, Burgund, denn dieſe Reden kann ich nicht aushalten, ſprich nur, daß es dich gereut, daß du es jetzt ungeſchehen wuͤnſcheſt, und ich will mich zu troͤſten ſuchen; aber ſo biſt du meinem Herzen uͤberall zuwider.
Der Herzog ſagte: entferne dich von meinem Angeſichte, ungetreuer Verraͤther, denn du biſt mir der aͤrgerlichſte Feind, den ich nur auf Erden ha- ben kann.
Eckart ſagte: Du haſt mich wohl ehedem dei- nen Freund genannt, aber dieſe Gedanken ſind dir nunmehr fremd; nie hab' ich dir zuwider ge- handelt, ſtets hab' ich dich als meinen Fuͤrſten geehrt und geliebt, und behuͤte mich Gott, daß ich nun, wie ich wohl koͤnnte, die Hand an mein Schwerdt legen ſollte, um mir Rache zu ſchaffen. Nein, ich will mich ſelbſt von deinem Angeſichte verbannen, und in der Einſamkeit ſterben.
Mit dieſen Worten ging er fort, und der Bur- gund war in ſeinem Gemuͤthe bewegt, doch erſchie- nen auf ſeinen Ruf die Leibwaͤchter mit den Lan- zen, die ihn von allen Seiten umgaben, und den Eckart mit den Spießen aus dem Gemache treiben wollten.
Es
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Erſte Abtheilung.
Dietrichen hinrichten laſſen? Der Herzog ſagte
Ja. Und auch meinen juͤngſtes Soͤhnlein Conrad,
rief Eckart im Schmerz, iſt dir nicht zu gut ge-
weſen, und du haſt ihn auch umbringen laſſen?
Worauf der Herzog wieder mit Ja antwortete.
Hier ward Eckart uͤbermannt und ſprach in
Thraͤnen: O antworte mir nicht ſo, Burgund,
denn dieſe Reden kann ich nicht aushalten, ſprich
nur, daß es dich gereut, daß du es jetzt ungeſchehen
wuͤnſcheſt, und ich will mich zu troͤſten ſuchen;
aber ſo biſt du meinem Herzen uͤberall zuwider.
Der Herzog ſagte: entferne dich von meinem
Angeſichte, ungetreuer Verraͤther, denn du biſt mir
der aͤrgerlichſte Feind, den ich nur auf Erden ha-
ben kann.
Eckart ſagte: Du haſt mich wohl ehedem dei-
nen Freund genannt, aber dieſe Gedanken ſind
dir nunmehr fremd; nie hab' ich dir zuwider ge-
handelt, ſtets hab' ich dich als meinen Fuͤrſten
geehrt und geliebt, und behuͤte mich Gott, daß
ich nun, wie ich wohl koͤnnte, die Hand an mein
Schwerdt legen ſollte, um mir Rache zu ſchaffen.
Nein, ich will mich ſelbſt von deinem Angeſichte
verbannen, und in der Einſamkeit ſterben.
Mit dieſen Worten ging er fort, und der Bur-
gund war in ſeinem Gemuͤthe bewegt, doch erſchie-
nen auf ſeinen Ruf die Leibwaͤchter mit den Lan-
zen, die ihn von allen Seiten umgaben, und den
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wollten.
Es
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/219>, abgerufen am 21.11.2024.
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