Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.Erste Abtheilung. Da fehlt dem Burgund Kraft und Muth Den Blick des Mannes auszuhalten, Den Adern sein entweicht das Blut, In Ohnmacht ist er festgehalten. Es stürzen ihm die matten Glieder Von neuem auf den Boden nieder. Allmächt'ger Gott! so schreit er laut, Du bist es, den mein Auge schaut? Wohin soll ich vor dir entfliehn? Mußt du mich aus dem Walde ziehn? Dem ich die Kinder hab' erschlagen, Der muß mich in den Armen tragen? So fährt der Burgund fort zu sprechen, Und fühlt das Herz im Busen brechen, Er sinkt dem Eckart an die Brust, Ist sich sein selber nicht bewußt. -- Der Eckart leise zu ihm spricht: Der Schmach gedenk' ich fürder nicht, Damit die Welt es sehe frei, Der Eckart war dir stets getreu. So verging die Nacht. Am andern Morgen Erſte Abtheilung. Da fehlt dem Burgund Kraft und Muth Den Blick des Mannes auszuhalten, Den Adern ſein entweicht das Blut, In Ohnmacht iſt er feſtgehalten. Es ſtuͤrzen ihm die matten Glieder Von neuem auf den Boden nieder. Allmaͤcht'ger Gott! ſo ſchreit er laut, Du biſt es, den mein Auge ſchaut? Wohin ſoll ich vor dir entfliehn? Mußt du mich aus dem Walde ziehn? Dem ich die Kinder hab' erſchlagen, Der muß mich in den Armen tragen? So faͤhrt der Burgund fort zu ſprechen, Und fuͤhlt das Herz im Buſen brechen, Er ſinkt dem Eckart an die Bruſt, Iſt ſich ſein ſelber nicht bewußt. — Der Eckart leiſe zu ihm ſpricht: Der Schmach gedenk' ich fuͤrder nicht, Damit die Welt es ſehe frei, Der Eckart war dir ſtets getreu. So verging die Nacht. Am andern Morgen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0227" n="216"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſte Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <lg n="2"> <l>Da fehlt dem Burgund Kraft und Muth</l><lb/> <l>Den Blick des Mannes auszuhalten,</l><lb/> <l>Den Adern ſein entweicht das Blut,</l><lb/> <l>In Ohnmacht iſt er feſtgehalten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Es ſtuͤrzen ihm die matten Glieder</l><lb/> <l>Von neuem auf den Boden nieder.</l><lb/> <l>Allmaͤcht'ger Gott! ſo ſchreit er laut,</l><lb/> <l>Du biſt es, den mein Auge ſchaut?</l><lb/> <l>Wohin ſoll ich vor dir entfliehn?</l><lb/> <l>Mußt du mich aus dem Walde ziehn?</l><lb/> <l>Dem ich die Kinder hab' erſchlagen,</l><lb/> <l>Der muß mich in den Armen tragen?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>So faͤhrt der Burgund fort zu ſprechen,</l><lb/> <l>Und fuͤhlt das Herz im Buſen brechen,</l><lb/> <l>Er ſinkt dem Eckart an die Bruſt,</l><lb/> <l>Iſt ſich ſein ſelber nicht bewußt. —</l><lb/> <l>Der Eckart leiſe zu ihm ſpricht:</l><lb/> <l>Der Schmach gedenk' ich fuͤrder nicht,</l><lb/> <l>Damit die Welt es ſehe frei,</l><lb/> <l>Der Eckart war dir ſtets getreu.</l> </lg> </lg><lb/> <p>So verging die Nacht. Am andern Morgen<lb/> kamen andre Diener, die den kranken Herzog fan-<lb/> den. Sie legten ihn auf Maulthiere und fuͤhrten<lb/> ihn in ſein Schloß zuruͤck. Eckart durfte nicht von<lb/> ſeiner Seite kommen, oft aber nahm er ſeine Hand<lb/> und druͤckte ſie ſich gegen ſeine Bruſt, und ſah ihn<lb/> mit einem flehenden Blicke an. Eckart umarmte<lb/> ihn dann, und ſprach einige liebevolle Worte, mit<lb/> denen ſich der Fuͤrſt beruhigte. Er verſammelte<lb/> alle ſeine Raͤthe um ſich her, und ſagte ihnen, daß<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [216/0227]
Erſte Abtheilung.
Da fehlt dem Burgund Kraft und Muth
Den Blick des Mannes auszuhalten,
Den Adern ſein entweicht das Blut,
In Ohnmacht iſt er feſtgehalten.
Es ſtuͤrzen ihm die matten Glieder
Von neuem auf den Boden nieder.
Allmaͤcht'ger Gott! ſo ſchreit er laut,
Du biſt es, den mein Auge ſchaut?
Wohin ſoll ich vor dir entfliehn?
Mußt du mich aus dem Walde ziehn?
Dem ich die Kinder hab' erſchlagen,
Der muß mich in den Armen tragen?
So faͤhrt der Burgund fort zu ſprechen,
Und fuͤhlt das Herz im Buſen brechen,
Er ſinkt dem Eckart an die Bruſt,
Iſt ſich ſein ſelber nicht bewußt. —
Der Eckart leiſe zu ihm ſpricht:
Der Schmach gedenk' ich fuͤrder nicht,
Damit die Welt es ſehe frei,
Der Eckart war dir ſtets getreu.
So verging die Nacht. Am andern Morgen
kamen andre Diener, die den kranken Herzog fan-
den. Sie legten ihn auf Maulthiere und fuͤhrten
ihn in ſein Schloß zuruͤck. Eckart durfte nicht von
ſeiner Seite kommen, oft aber nahm er ſeine Hand
und druͤckte ſie ſich gegen ſeine Bruſt, und ſah ihn
mit einem flehenden Blicke an. Eckart umarmte
ihn dann, und ſprach einige liebevolle Worte, mit
denen ſich der Fuͤrſt beruhigte. Er verſammelte
alle ſeine Raͤthe um ſich her, und ſagte ihnen, daß
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