Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Erste Abtheilung.
So spricht er zu den jungen Herrn,
Vernimmt den Zauberklang von fern.
Wie sich die Tön herüberschwungen
Erwachet in den frommen Jungen
Ein seltsam böser Geist,
Der sie nach unbekannter Ferne reißt.
Wir wollen in die Berge, in die Felder,
Uns rufen die Quellen, es locken die Wälder,
Gar heimliche Stimmen entgegen singen,
Ins irdische Paradies uns zu bringen!
Der Spielmann kommt in fremder Tracht
Den wilden Kindern ins Gesicht,
Und höher schwillt der Töne Macht,
Und heller glänzt der Sonne Licht,
Die Blumen scheinen trunken,
Ein Abendroth nieder gesunken,
Und zwischen Korn und Gräsern schweifen
Sanft irrend blau und goldne Streifen.
Wie ein Schatten ist hinweg gehoben
Was sonst den Sinn zur Erden zieht,
Gestillt ist alles ird'sche Toben,
Die Welt zu Einer Blum' erblüht,
Die Felsen schwanken lichterloh,
Die Triften jauchzen und sind froh,
Es wirrt und irrt alles in die Klänge hinein
Und will in der Freude heimisch sein
Des Menschen Seele reißen die Funken,
Sie ist im holden Wahnsinn ganz versunken.
So wurde Eckart rege
Und wundert sich dabei,
Er hört der Töne Schläge
Und fragt sich, was es sei.

Erſte Abtheilung.
So ſpricht er zu den jungen Herrn,
Vernimmt den Zauberklang von fern.
Wie ſich die Toͤn heruͤberſchwungen
Erwachet in den frommen Jungen
Ein ſeltſam boͤſer Geiſt,
Der ſie nach unbekannter Ferne reißt.
Wir wollen in die Berge, in die Felder,
Uns rufen die Quellen, es locken die Waͤlder,
Gar heimliche Stimmen entgegen ſingen,
Ins irdiſche Paradies uns zu bringen!
Der Spielmann kommt in fremder Tracht
Den wilden Kindern ins Geſicht,
Und hoͤher ſchwillt der Toͤne Macht,
Und heller glaͤnzt der Sonne Licht,
Die Blumen ſcheinen trunken,
Ein Abendroth nieder geſunken,
Und zwiſchen Korn und Graͤſern ſchweifen
Sanft irrend blau und goldne Streifen.
Wie ein Schatten iſt hinweg gehoben
Was ſonſt den Sinn zur Erden zieht,
Geſtillt iſt alles ird'ſche Toben,
Die Welt zu Einer Blum' erbluͤht,
Die Felſen ſchwanken lichterloh,
Die Triften jauchzen und ſind froh,
Es wirrt und irrt alles in die Klaͤnge hinein
Und will in der Freude heimiſch ſein
Des Menſchen Seele reißen die Funken,
Sie iſt im holden Wahnſinn ganz verſunken.
So wurde Eckart rege
Und wundert ſich dabei,
Er hoͤrt der Toͤne Schlaͤge
Und fragt ſich, was es ſei.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0229" n="218"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;te Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
              <lg n="2">
                <l>So &#x017F;pricht er zu den jungen Herrn,</l><lb/>
                <l>Vernimmt den Zauberklang von fern.</l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;ich die To&#x0364;n heru&#x0364;ber&#x017F;chwungen</l><lb/>
                <l>Erwachet in den frommen Jungen</l><lb/>
                <l>Ein &#x017F;elt&#x017F;am bo&#x0364;&#x017F;er Gei&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;ie nach unbekannter Ferne reißt.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Wir wollen in die Berge, in die Felder,</l><lb/>
                <l>Uns rufen die Quellen, es locken die Wa&#x0364;lder,</l><lb/>
                <l>Gar heimliche Stimmen entgegen &#x017F;ingen,</l><lb/>
                <l>Ins irdi&#x017F;che Paradies uns zu bringen!</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Der Spielmann kommt in fremder Tracht</l><lb/>
                <l>Den wilden Kindern ins Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
                <l>Und ho&#x0364;her &#x017F;chwillt der To&#x0364;ne Macht,</l><lb/>
                <l>Und heller gla&#x0364;nzt der Sonne Licht,</l><lb/>
                <l>Die Blumen &#x017F;cheinen trunken,</l><lb/>
                <l>Ein Abendroth nieder ge&#x017F;unken,</l><lb/>
                <l>Und zwi&#x017F;chen Korn und Gra&#x0364;&#x017F;ern &#x017F;chweifen</l><lb/>
                <l>Sanft irrend blau und goldne Streifen.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Wie ein Schatten i&#x017F;t hinweg gehoben</l><lb/>
                <l>Was &#x017F;on&#x017F;t den Sinn zur Erden zieht,</l><lb/>
                <l>Ge&#x017F;tillt i&#x017F;t alles ird'&#x017F;che Toben,</l><lb/>
                <l>Die Welt zu Einer Blum' erblu&#x0364;ht,</l><lb/>
                <l>Die Fel&#x017F;en &#x017F;chwanken lichterloh,</l><lb/>
                <l>Die Triften jauchzen und &#x017F;ind froh,</l><lb/>
                <l>Es wirrt und irrt alles in die Kla&#x0364;nge hinein</l><lb/>
                <l>Und will in der Freude heimi&#x017F;ch &#x017F;ein</l><lb/>
                <l>Des Men&#x017F;chen Seele reißen die Funken,</l><lb/>
                <l>Sie i&#x017F;t im holden Wahn&#x017F;inn ganz ver&#x017F;unken.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>So wurde Eckart rege</l><lb/>
                <l>Und wundert &#x017F;ich dabei,</l><lb/>
                <l>Er ho&#x0364;rt der To&#x0364;ne Schla&#x0364;ge</l><lb/>
                <l>Und fragt &#x017F;ich, was es &#x017F;ei.</l>
              </lg><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0229] Erſte Abtheilung. So ſpricht er zu den jungen Herrn, Vernimmt den Zauberklang von fern. Wie ſich die Toͤn heruͤberſchwungen Erwachet in den frommen Jungen Ein ſeltſam boͤſer Geiſt, Der ſie nach unbekannter Ferne reißt. Wir wollen in die Berge, in die Felder, Uns rufen die Quellen, es locken die Waͤlder, Gar heimliche Stimmen entgegen ſingen, Ins irdiſche Paradies uns zu bringen! Der Spielmann kommt in fremder Tracht Den wilden Kindern ins Geſicht, Und hoͤher ſchwillt der Toͤne Macht, Und heller glaͤnzt der Sonne Licht, Die Blumen ſcheinen trunken, Ein Abendroth nieder geſunken, Und zwiſchen Korn und Graͤſern ſchweifen Sanft irrend blau und goldne Streifen. Wie ein Schatten iſt hinweg gehoben Was ſonſt den Sinn zur Erden zieht, Geſtillt iſt alles ird'ſche Toben, Die Welt zu Einer Blum' erbluͤht, Die Felſen ſchwanken lichterloh, Die Triften jauchzen und ſind froh, Es wirrt und irrt alles in die Klaͤnge hinein Und will in der Freude heimiſch ſein Des Menſchen Seele reißen die Funken, Sie iſt im holden Wahnſinn ganz verſunken. So wurde Eckart rege Und wundert ſich dabei, Er hoͤrt der Toͤne Schlaͤge Und fragt ſich, was es ſei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/229
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/229>, abgerufen am 21.11.2024.