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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.
schwimmen, und darum laßt uns nur recht in diese
Nacht hinein wüthen, und nehmt keine Einrede
von denen an, die sich verständig stellen möchten.

Sey ohne Sorge, sagte Anderson, wir haben
einen großen Koffer voll Masken und toller bun-
ter Kleidungsstücke aus der Stadt mitgebracht, du
wirst dich selbst darüber verwundern.

Aber seht her, sagte Roderich, was ich von
meinem Schneider eingekauft habe, der diesen kost-
baren Schatz schon in Läppchen verschneiden wollte!
Er hat diese Tracht von einer alten Gevatterinn
erhandelt, die damit gewiß bei Lucifer auf dem
Blocksberge Galla gemacht hat. Seht dieses schar-
lachrothe Mieder, mit diesen goldenen Tressen und
Franzen, und diese goldglänzende Haube, die mir
unendlich ehrwürdig stehn muß, dazu nehm ich
diesen grünseidnen Rock mit safrangelbem Besatz
und diese scheußliche Maske, und führe nachher als
altes Weib den ganzen Chor der Carikaturen in
das Schlafzimmer. Macht, daß ihr fertig werdet!
wir wollen dann feierlich die junge Frau abholen.

Die Hörner musizirten noch, die Gesellschaft
wandelte im Garten, oder saß vor dem Hause. Die
Sonne war hinter trüben Wolken untergegangen,
und die Gegend lag im grauen Dämmer, als
plötzlich unter der Wolkendecke der scheidende Stral
noch einmal hervor brach, und rings die Gegend,
vorzüglich aber das Gebäude mit seinen Gängen,
Säulen und Blumengewinden, wie mit rothem
Blute besprengte. Da sahen die Eltern der Braut,
und die übrigen Zuschauer den abentheuerlichsten

Erſte Abtheilung.
ſchwimmen, und darum laßt uns nur recht in dieſe
Nacht hinein wuͤthen, und nehmt keine Einrede
von denen an, die ſich verſtaͤndig ſtellen moͤchten.

Sey ohne Sorge, ſagte Anderſon, wir haben
einen großen Koffer voll Masken und toller bun-
ter Kleidungsſtuͤcke aus der Stadt mitgebracht, du
wirſt dich ſelbſt daruͤber verwundern.

Aber ſeht her, ſagte Roderich, was ich von
meinem Schneider eingekauft habe, der dieſen koſt-
baren Schatz ſchon in Laͤppchen verſchneiden wollte!
Er hat dieſe Tracht von einer alten Gevatterinn
erhandelt, die damit gewiß bei Lucifer auf dem
Blocksberge Galla gemacht hat. Seht dieſes ſchar-
lachrothe Mieder, mit dieſen goldenen Treſſen und
Franzen, und dieſe goldglaͤnzende Haube, die mir
unendlich ehrwuͤrdig ſtehn muß, dazu nehm ich
dieſen gruͤnſeidnen Rock mit ſafrangelbem Beſatz
und dieſe ſcheußliche Maske, und fuͤhre nachher als
altes Weib den ganzen Chor der Carikaturen in
das Schlafzimmer. Macht, daß ihr fertig werdet!
wir wollen dann feierlich die junge Frau abholen.

Die Hoͤrner muſizirten noch, die Geſellſchaft
wandelte im Garten, oder ſaß vor dem Hauſe. Die
Sonne war hinter truͤben Wolken untergegangen,
und die Gegend lag im grauen Daͤmmer, als
ploͤtzlich unter der Wolkendecke der ſcheidende Stral
noch einmal hervor brach, und rings die Gegend,
vorzuͤglich aber das Gebaͤude mit ſeinen Gaͤngen,
Saͤulen und Blumengewinden, wie mit rothem
Blute beſprengte. Da ſahen die Eltern der Braut,
und die uͤbrigen Zuſchauer den abentheuerlichſten

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[312/0323] Erſte Abtheilung. ſchwimmen, und darum laßt uns nur recht in dieſe Nacht hinein wuͤthen, und nehmt keine Einrede von denen an, die ſich verſtaͤndig ſtellen moͤchten. Sey ohne Sorge, ſagte Anderſon, wir haben einen großen Koffer voll Masken und toller bun- ter Kleidungsſtuͤcke aus der Stadt mitgebracht, du wirſt dich ſelbſt daruͤber verwundern. Aber ſeht her, ſagte Roderich, was ich von meinem Schneider eingekauft habe, der dieſen koſt- baren Schatz ſchon in Laͤppchen verſchneiden wollte! Er hat dieſe Tracht von einer alten Gevatterinn erhandelt, die damit gewiß bei Lucifer auf dem Blocksberge Galla gemacht hat. Seht dieſes ſchar- lachrothe Mieder, mit dieſen goldenen Treſſen und Franzen, und dieſe goldglaͤnzende Haube, die mir unendlich ehrwuͤrdig ſtehn muß, dazu nehm ich dieſen gruͤnſeidnen Rock mit ſafrangelbem Beſatz und dieſe ſcheußliche Maske, und fuͤhre nachher als altes Weib den ganzen Chor der Carikaturen in das Schlafzimmer. Macht, daß ihr fertig werdet! wir wollen dann feierlich die junge Frau abholen. Die Hoͤrner muſizirten noch, die Geſellſchaft wandelte im Garten, oder ſaß vor dem Hauſe. Die Sonne war hinter truͤben Wolken untergegangen, und die Gegend lag im grauen Daͤmmer, als ploͤtzlich unter der Wolkendecke der ſcheidende Stral noch einmal hervor brach, und rings die Gegend, vorzuͤglich aber das Gebaͤude mit ſeinen Gaͤngen, Saͤulen und Blumengewinden, wie mit rothem Blute beſprengte. Da ſahen die Eltern der Braut, und die uͤbrigen Zuſchauer den abentheuerlichſten

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/323>, abgerufen am 22.11.2024.