ten die Worte; aber endlich entdeckte sich ihr der Jüngling, und sagte, daß er sich ihr ganz zu eigen ergeben habe, seit er sie zuerst gesehn, daß ihr sein ganzes Leben gewidmet sey, und daß er sich durch ihre Liebe wie von Engelshänden berührt, aus ei- nem tiefen Schlafe erwacht fühle.
Er schenkte ihr den dritten Ring, welcher der kostbarste von allen war, wobei er ihre lilienweiße Hand küßte. Sie war über seine Treue innig be- wegt, stand auf und holte eine köstliche güldene Kette, die sie ihm um den Hals legte und sagte: hiemit erkenne ich euch für mein und mich für die eurige, nehmt dieses Andenken und tragt es im- mer, so lieb ihr mich habt. Dann nahm sie den erschrockenen Ritter in die Arme und küßte ihn herzlich auf den Mund, und er erwiederte den Kuß und drückte sie gegen sein Herz.
Sie mußten scheiden, und Peter eilte sogleich nach seinem Zimmer, als wenn er seinen Waffen- stücken und seiner Laute sein Glück erzählen müsse; er war so froh, als er noch nie gewesen war. Er ging mit großen Schritten auf und ab und griff in die Saiten, küßte das Instrument und weinte heftig. Dann sang er mit großer Inbrunst:
War es dir, dem diese Lippen bebten, Dir der dargebotne süße Kuß? Giebt ein irdisch Leben so Genuß? Ha! wie Licht und Glanz vor meinen Augen schwebten, Alle Sinne nach den Lippen strebten!
In den klaren Augen blinkte Sehnsucht, die mir zärtlich winkte,
Erſte Abtheilung.
ten die Worte; aber endlich entdeckte ſich ihr der Juͤngling, und ſagte, daß er ſich ihr ganz zu eigen ergeben habe, ſeit er ſie zuerſt geſehn, daß ihr ſein ganzes Leben gewidmet ſey, und daß er ſich durch ihre Liebe wie von Engelshaͤnden beruͤhrt, aus ei- nem tiefen Schlafe erwacht fuͤhle.
Er ſchenkte ihr den dritten Ring, welcher der koſtbarſte von allen war, wobei er ihre lilienweiße Hand kuͤßte. Sie war uͤber ſeine Treue innig be- wegt, ſtand auf und holte eine koͤſtliche guͤldene Kette, die ſie ihm um den Hals legte und ſagte: hiemit erkenne ich euch fuͤr mein und mich fuͤr die eurige, nehmt dieſes Andenken und tragt es im- mer, ſo lieb ihr mich habt. Dann nahm ſie den erſchrockenen Ritter in die Arme und kuͤßte ihn herzlich auf den Mund, und er erwiederte den Kuß und druͤckte ſie gegen ſein Herz.
Sie mußten ſcheiden, und Peter eilte ſogleich nach ſeinem Zimmer, als wenn er ſeinen Waffen- ſtuͤcken und ſeiner Laute ſein Gluͤck erzaͤhlen muͤſſe; er war ſo froh, als er noch nie geweſen war. Er ging mit großen Schritten auf und ab und griff in die Saiten, kuͤßte das Inſtrument und weinte heftig. Dann ſang er mit großer Inbrunſt:
War es dir, dem dieſe Lippen bebten, Dir der dargebotne ſuͤße Kuß? Giebt ein irdiſch Leben ſo Genuß? Ha! wie Licht und Glanz vor meinen Augen ſchwebten, Alle Sinne nach den Lippen ſtrebten!
In den klaren Augen blinkte Sehnſucht, die mir zaͤrtlich winkte,
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Erſte Abtheilung.
ten die Worte; aber endlich entdeckte ſich ihr der
Juͤngling, und ſagte, daß er ſich ihr ganz zu eigen
ergeben habe, ſeit er ſie zuerſt geſehn, daß ihr ſein
ganzes Leben gewidmet ſey, und daß er ſich durch
ihre Liebe wie von Engelshaͤnden beruͤhrt, aus ei-
nem tiefen Schlafe erwacht fuͤhle.
Er ſchenkte ihr den dritten Ring, welcher der
koſtbarſte von allen war, wobei er ihre lilienweiße
Hand kuͤßte. Sie war uͤber ſeine Treue innig be-
wegt, ſtand auf und holte eine koͤſtliche guͤldene
Kette, die ſie ihm um den Hals legte und ſagte:
hiemit erkenne ich euch fuͤr mein und mich fuͤr die
eurige, nehmt dieſes Andenken und tragt es im-
mer, ſo lieb ihr mich habt. Dann nahm ſie den
erſchrockenen Ritter in die Arme und kuͤßte ihn
herzlich auf den Mund, und er erwiederte den Kuß
und druͤckte ſie gegen ſein Herz.
Sie mußten ſcheiden, und Peter eilte ſogleich
nach ſeinem Zimmer, als wenn er ſeinen Waffen-
ſtuͤcken und ſeiner Laute ſein Gluͤck erzaͤhlen muͤſſe;
er war ſo froh, als er noch nie geweſen war. Er
ging mit großen Schritten auf und ab und griff
in die Saiten, kuͤßte das Inſtrument und weinte
heftig. Dann ſang er mit großer Inbrunſt:
War es dir, dem dieſe Lippen bebten,
Dir der dargebotne ſuͤße Kuß?
Giebt ein irdiſch Leben ſo Genuß?
Ha! wie Licht und Glanz vor meinen Augen ſchwebten,
Alle Sinne nach den Lippen ſtrebten!
In den klaren Augen blinkte
Sehnſucht, die mir zaͤrtlich winkte,
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/365>, abgerufen am 22.11.2024.
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