Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. Dritte Scene. (Dichter Wald.) Leopold, Brigitte. Brigitte. Wie ewig lange währt diese Nacht! Wird der Tag nicht bald grauen? Leopold. Beruhige dich, geliebtes Kind, wir finden wohl aus dem Walde, auch kann der Tag nicht lange mehr ausbleiben: die Finsterniß brach mit dem untergehenden Monde zu plötzlich herein: wir müssen der Waldhütte ganz nahe seyn, von der man uns sagte, daß wir sie nicht verfeh- len könnten. Nun haben wir sie doch verfehlt. Brigitte. Wohin denkst du jetzt? Leopold. Ich bin verdrüßlich, gesteh ich Dir, recht durch und durch böse auf die Menschen, die sich meine Freunde nannten, und da ich nun in dieser Verlegenheit anfrage und aushorche, so ver- sagt mir dieser seinen Schutz unter der armselig- sten Ausflucht, jener seine Hülfe mit einer mora- lischen Ausbeugung, so daß ich die gewissenhaften Esel alle nach der Reihe zum Kampf fodern möchte. Brigitte. Das hätten wir vorher beden- ken sollen. Leopold. Laß uns zu meiner Schwester und meinem Schwager, dem Blaubart hin, der Mensch ist eine gute, ehrliche Haut, und steht uns gewiß bei. Sind wir erst vermählt und haben solchen Zweite Abtheilung. Dritte Scene. (Dichter Wald.) Leopold, Brigitte. Brigitte. Wie ewig lange waͤhrt dieſe Nacht! Wird der Tag nicht bald grauen? Leopold. Beruhige dich, geliebtes Kind, wir finden wohl aus dem Walde, auch kann der Tag nicht lange mehr ausbleiben: die Finſterniß brach mit dem untergehenden Monde zu ploͤtzlich herein: wir muͤſſen der Waldhuͤtte ganz nahe ſeyn, von der man uns ſagte, daß wir ſie nicht verfeh- len koͤnnten. Nun haben wir ſie doch verfehlt. Brigitte. Wohin denkſt du jetzt? Leopold. Ich bin verdruͤßlich, geſteh ich Dir, recht durch und durch boͤſe auf die Menſchen, die ſich meine Freunde nannten, und da ich nun in dieſer Verlegenheit anfrage und aushorche, ſo ver- ſagt mir dieſer ſeinen Schutz unter der armſelig- ſten Ausflucht, jener ſeine Huͤlfe mit einer mora- liſchen Ausbeugung, ſo daß ich die gewiſſenhaften Eſel alle nach der Reihe zum Kampf fodern moͤchte. Brigitte. Das haͤtten wir vorher beden- ken ſollen. Leopold. Laß uns zu meiner Schweſter und meinem Schwager, dem Blaubart hin, der Menſch iſt eine gute, ehrliche Haut, und ſteht uns gewiß bei. Sind wir erſt vermaͤhlt und haben ſolchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0127" n="118"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Dritte Scene</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Dichter Wald</hi>.)</hi> </stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Leopold, Brigitte</hi>.</hi> </stage><lb/> <sp who="#BRI"> <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker> <p>Wie ewig lange waͤhrt dieſe<lb/> Nacht! Wird der Tag nicht bald grauen?</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker> <p>Beruhige dich, geliebtes Kind,<lb/> wir finden wohl aus dem Walde, auch kann der<lb/> Tag nicht lange mehr ausbleiben: die Finſterniß<lb/> brach mit dem untergehenden Monde zu ploͤtzlich<lb/> herein: wir muͤſſen der Waldhuͤtte ganz nahe ſeyn,<lb/> von der man uns ſagte, daß wir ſie nicht verfeh-<lb/> len koͤnnten. Nun haben wir ſie doch verfehlt.</p> </sp><lb/> <sp who="#BRI"> <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker> <p>Wohin denkſt du jetzt?</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker> <p>Ich bin verdruͤßlich, geſteh ich Dir,<lb/> recht durch und durch boͤſe auf die Menſchen, die<lb/> ſich meine Freunde nannten, und da ich nun in<lb/> dieſer Verlegenheit anfrage und aushorche, ſo ver-<lb/> ſagt mir dieſer ſeinen Schutz unter der armſelig-<lb/> ſten Ausflucht, jener ſeine Huͤlfe mit einer mora-<lb/> liſchen Ausbeugung, ſo daß ich die gewiſſenhaften<lb/> Eſel alle nach der Reihe zum Kampf fodern moͤchte.</p> </sp><lb/> <sp who="#BRI"> <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker> <p>Das haͤtten wir vorher beden-<lb/> ken ſollen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker> <p>Laß uns zu meiner Schweſter und<lb/> meinem Schwager, dem Blaubart hin, der Menſch<lb/> iſt eine gute, ehrliche Haut, und ſteht uns gewiß<lb/> bei. Sind wir erſt vermaͤhlt und haben ſolchen<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0127]
Zweite Abtheilung.
Dritte Scene.
(Dichter Wald.)
Leopold, Brigitte.
Brigitte. Wie ewig lange waͤhrt dieſe
Nacht! Wird der Tag nicht bald grauen?
Leopold. Beruhige dich, geliebtes Kind,
wir finden wohl aus dem Walde, auch kann der
Tag nicht lange mehr ausbleiben: die Finſterniß
brach mit dem untergehenden Monde zu ploͤtzlich
herein: wir muͤſſen der Waldhuͤtte ganz nahe ſeyn,
von der man uns ſagte, daß wir ſie nicht verfeh-
len koͤnnten. Nun haben wir ſie doch verfehlt.
Brigitte. Wohin denkſt du jetzt?
Leopold. Ich bin verdruͤßlich, geſteh ich Dir,
recht durch und durch boͤſe auf die Menſchen, die
ſich meine Freunde nannten, und da ich nun in
dieſer Verlegenheit anfrage und aushorche, ſo ver-
ſagt mir dieſer ſeinen Schutz unter der armſelig-
ſten Ausflucht, jener ſeine Huͤlfe mit einer mora-
liſchen Ausbeugung, ſo daß ich die gewiſſenhaften
Eſel alle nach der Reihe zum Kampf fodern moͤchte.
Brigitte. Das haͤtten wir vorher beden-
ken ſollen.
Leopold. Laß uns zu meiner Schweſter und
meinem Schwager, dem Blaubart hin, der Menſch
iſt eine gute, ehrliche Haut, und ſteht uns gewiß
bei. Sind wir erſt vermaͤhlt und haben ſolchen
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