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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Der gestiefelte Kater.
an Dienstbarkeit und Sklaverei finden, seht, dar-
um entdecke ich mich Euch ganz und gar.
Gottlieb. (reicht ihm die Hand.) Braver Freund!
Hinze. Die Menschen stehn in dem Irr-
thume, daß an uns jenes seltsame Murren, das
aus einem gewissen Wohlbehagen entsteht, das ein-
zige Merkwürdige sey, sie streicheln uns daher oft
auf eine ungeschickte Weise, und wir spinnen dann
gewöhnlich nur, um uns vor Schlägen zu sichern.
Wüßten sie aber mit uns auf die wahre Art um-
zugehn, glaube mir, sie würden unsre gute Natur
zu allem gewöhnen, und Michel, der Kater bei
Eurem Nachbar, läßt es sich ja auch zuweilen
gefallen, für den König durch einen Tonnenband
zu springen.
Gottlieb. Da hast Du Recht.
Hinze. Ich liebe Euch, Gottlieb, ganz vor-
züglich. Ihr habt mich nie gegen den Strich ge-
streichelt, Ihr habt mich schlafen lassen, wenn es
mir recht war, Ihr habt Euch widersetzt, wenn
Eure Brüder mich manchmal aufnehmen wollten,
um mit mir ins Dunkle zu gehn, und die soge-
nannten elektrischen Funken zu beobachten, -- für
alles dieses will ich nun dankbar seyn.
Gottlieb. Edelmüthiger Hinze! Ha, mit
welchem Unrecht wird von Euch schlecht und ver-
ächtlich gesprochen, Eure Treue und Anhänglich-
keit bezweifelt! Die Augen gehn mir auf; welchen
Zuwachs von Menschenkenntniß bekomme ich so
unerwartet!

Der geſtiefelte Kater.
an Dienſtbarkeit und Sklaverei finden, ſeht, dar-
um entdecke ich mich Euch ganz und gar.
Gottlieb. (reicht ihm die Hand.) Braver Freund!
Hinze. Die Menſchen ſtehn in dem Irr-
thume, daß an uns jenes ſeltſame Murren, das
aus einem gewiſſen Wohlbehagen entſteht, das ein-
zige Merkwuͤrdige ſey, ſie ſtreicheln uns daher oft
auf eine ungeſchickte Weiſe, und wir ſpinnen dann
gewoͤhnlich nur, um uns vor Schlaͤgen zu ſichern.
Wuͤßten ſie aber mit uns auf die wahre Art um-
zugehn, glaube mir, ſie wuͤrden unſre gute Natur
zu allem gewoͤhnen, und Michel, der Kater bei
Eurem Nachbar, laͤßt es ſich ja auch zuweilen
gefallen, fuͤr den Koͤnig durch einen Tonnenband
zu ſpringen.
Gottlieb. Da haſt Du Recht.
Hinze. Ich liebe Euch, Gottlieb, ganz vor-
zuͤglich. Ihr habt mich nie gegen den Strich ge-
ſtreichelt, Ihr habt mich ſchlafen laſſen, wenn es
mir recht war, Ihr habt Euch widerſetzt, wenn
Eure Bruͤder mich manchmal aufnehmen wollten,
um mit mir ins Dunkle zu gehn, und die ſoge-
nannten elektriſchen Funken zu beobachten, — fuͤr
alles dieſes will ich nun dankbar ſeyn.
Gottlieb. Edelmuͤthiger Hinze! Ha, mit
welchem Unrecht wird von Euch ſchlecht und ver-
aͤchtlich geſprochen, Eure Treue und Anhaͤnglich-
keit bezweifelt! Die Augen gehn mir auf; welchen
Zuwachs von Menſchenkenntniß bekomme ich ſo
unerwartet!

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[159/0168] Der geſtiefelte Kater. an Dienſtbarkeit und Sklaverei finden, ſeht, dar- um entdecke ich mich Euch ganz und gar. Gottlieb. (reicht ihm die Hand.) Braver Freund! Hinze. Die Menſchen ſtehn in dem Irr- thume, daß an uns jenes ſeltſame Murren, das aus einem gewiſſen Wohlbehagen entſteht, das ein- zige Merkwuͤrdige ſey, ſie ſtreicheln uns daher oft auf eine ungeſchickte Weiſe, und wir ſpinnen dann gewoͤhnlich nur, um uns vor Schlaͤgen zu ſichern. Wuͤßten ſie aber mit uns auf die wahre Art um- zugehn, glaube mir, ſie wuͤrden unſre gute Natur zu allem gewoͤhnen, und Michel, der Kater bei Eurem Nachbar, laͤßt es ſich ja auch zuweilen gefallen, fuͤr den Koͤnig durch einen Tonnenband zu ſpringen. Gottlieb. Da haſt Du Recht. Hinze. Ich liebe Euch, Gottlieb, ganz vor- zuͤglich. Ihr habt mich nie gegen den Strich ge- ſtreichelt, Ihr habt mich ſchlafen laſſen, wenn es mir recht war, Ihr habt Euch widerſetzt, wenn Eure Bruͤder mich manchmal aufnehmen wollten, um mit mir ins Dunkle zu gehn, und die ſoge- nannten elektriſchen Funken zu beobachten, — fuͤr alles dieſes will ich nun dankbar ſeyn. Gottlieb. Edelmuͤthiger Hinze! Ha, mit welchem Unrecht wird von Euch ſchlecht und ver- aͤchtlich geſprochen, Eure Treue und Anhaͤnglich- keit bezweifelt! Die Augen gehn mir auf; welchen Zuwachs von Menſchenkenntniß bekomme ich ſo unerwartet!

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/168>, abgerufen am 24.11.2024.