Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Hinze. Carabas.
König. Ei, das muß ein vortreflicher Mann
seyn, den Mann muß ich näher kennen lernen. --
Wer ist der Mann? Wer kennt ihn von Euch?
-- Warum hält er sich verborgen? Wenn solche
Köpfe feiern, wie viel Verlust für meinen Staat!
Ich möchte vor Freuden weinen; schickt mir ein
Kaninchen
! Kammerdiener, gebt es gleich dem
Koch.
(Kammerdiener empfängts und geht ab.)
Nathanael. Mein König, ich nehme mei-
nen demüthigsten Abschied.
König. Ja so, das hätt ich über die Freude
bald vergessen. -- Leben Sie wohl, Prinz. Ja,
Sie müssen andern Freiwerbern Platz machen, das
ist nicht anders. -- Adieu! Ich wollte, Sie hät-
ten Chaussee bis nach Hause.

Nathanael (küßt ihm die Hand und geht ab).
König (schreiend.) Leute! -- Mein Historio-
graph soll kommen!

Der Historiograph erscheint.
König. Hier, Freund, kommt, hier giebts
Materie für unsre Weltgeschichte. -- Ihr habt
doch Euer Buch bei Euch?
Historiograph. Ja, mein König.
König. Schreibt gleich hinein, daß mir an
dem und dem Tage, (welch Datum wir nun
heut schreiben) der Graf von Carabas ein sehr
delikates Kaninchen zum Präsent überschickt hat.

Historiograph setzt sich nieder und schreibt.
König. Vergeßt nicht, anno currentis. --
Zweite Abtheilung.
Hinze. Carabas.
Koͤnig. Ei, das muß ein vortreflicher Mann
ſeyn, den Mann muß ich naͤher kennen lernen. —
Wer iſt der Mann? Wer kennt ihn von Euch?
— Warum haͤlt er ſich verborgen? Wenn ſolche
Koͤpfe feiern, wie viel Verluſt fuͤr meinen Staat!
Ich moͤchte vor Freuden weinen; ſchickt mir ein
Kaninchen
! Kammerdiener, gebt es gleich dem
Koch.
(Kammerdiener empfaͤngts und geht ab.)
Nathanael. Mein Koͤnig, ich nehme mei-
nen demuͤthigſten Abſchied.
Koͤnig. Ja ſo, das haͤtt ich uͤber die Freude
bald vergeſſen. — Leben Sie wohl, Prinz. Ja,
Sie muͤſſen andern Freiwerbern Platz machen, das
iſt nicht anders. — Adieu! Ich wollte, Sie haͤt-
ten Chauſſee bis nach Hauſe.

Nathanael (kuͤßt ihm die Hand und geht ab).
Koͤnig (ſchreiend.) Leute! — Mein Hiſtorio-
graph ſoll kommen!

Der Hiſtoriograph erſcheint.
Koͤnig. Hier, Freund, kommt, hier giebts
Materie fuͤr unſre Weltgeſchichte. — Ihr habt
doch Euer Buch bei Euch?
Hiſtoriograph. Ja, mein Koͤnig.
Koͤnig. Schreibt gleich hinein, daß mir an
dem und dem Tage, (welch Datum wir nun
heut ſchreiben) der Graf von Carabas ein ſehr
delikates Kaninchen zum Praͤſent uͤberſchickt hat.

Hiſtoriograph ſetzt ſich nieder und ſchreibt.
Koͤnig. Vergeßt nicht, anno currentis.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0199" n="190"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
              <sp who="#HINZE">
                <speaker><hi rendition="#g">Hinze</hi>.</speaker>
                <p><hi rendition="#g">Carabas</hi>.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#KOENIG">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
                <p>Ei, das muß ein vortreflicher Mann<lb/>
&#x017F;eyn, den Mann muß ich na&#x0364;her kennen lernen. &#x2014;<lb/>
Wer i&#x017F;t der Mann? Wer kennt ihn von Euch?<lb/>
&#x2014; Warum ha&#x0364;lt er &#x017F;ich verborgen? Wenn &#x017F;olche<lb/>
Ko&#x0364;pfe feiern, wie viel Verlu&#x017F;t fu&#x0364;r meinen Staat!<lb/>
Ich mo&#x0364;chte vor Freuden weinen; <hi rendition="#g">&#x017F;chickt mir ein<lb/>
Kaninchen</hi>! Kammerdiener, gebt es gleich dem<lb/>
Koch.</p>
                <stage>(Kammerdiener empfa&#x0364;ngts und geht ab.)</stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#NATH">
                <speaker><hi rendition="#g">Nathanael</hi>.</speaker>
                <p>Mein Ko&#x0364;nig, ich nehme mei-<lb/>
nen demu&#x0364;thig&#x017F;ten Ab&#x017F;chied.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#KOENIG">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
                <p>Ja &#x017F;o, das ha&#x0364;tt ich u&#x0364;ber die Freude<lb/>
bald verge&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Leben Sie wohl, Prinz. Ja,<lb/>
Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en andern Freiwerbern Platz machen, das<lb/>
i&#x017F;t nicht anders. &#x2014; Adieu! Ich wollte, Sie ha&#x0364;t-<lb/>
ten Chau&#x017F;&#x017F;ee bis nach Hau&#x017F;e.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Nathanael</hi> (ku&#x0364;ßt ihm die Hand und geht ab).</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#KOENIG">
                <speaker> <hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi> </speaker>
                <stage>(&#x017F;chreiend.)</stage>
                <p>Leute! &#x2014; Mein Hi&#x017F;torio-<lb/>
graph &#x017F;oll kommen!</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Hi&#x017F;toriograph</hi> er&#x017F;cheint.</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#KOENIG">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
                <p>Hier, Freund, kommt, hier giebts<lb/>
Materie fu&#x0364;r un&#x017F;re Weltge&#x017F;chichte. &#x2014; Ihr habt<lb/>
doch Euer Buch bei Euch?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HISTO">
                <speaker><hi rendition="#g">Hi&#x017F;toriograph</hi>.</speaker>
                <p>Ja, mein Ko&#x0364;nig.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#KOENIG">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
                <p>Schreibt gleich hinein, daß mir an<lb/>
dem und dem Tage, (welch Datum wir nun<lb/>
heut &#x017F;chreiben) der Graf von Carabas ein &#x017F;ehr<lb/>
delikates Kaninchen zum Pra&#x0364;&#x017F;ent u&#x0364;ber&#x017F;chickt hat.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Hi&#x017F;toriograph</hi> &#x017F;etzt &#x017F;ich nieder und &#x017F;chreibt.</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#KOENIG">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
                <p>Vergeßt nicht, <hi rendition="#aq">anno currentis.</hi> &#x2014;<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0199] Zweite Abtheilung. Hinze. Carabas. Koͤnig. Ei, das muß ein vortreflicher Mann ſeyn, den Mann muß ich naͤher kennen lernen. — Wer iſt der Mann? Wer kennt ihn von Euch? — Warum haͤlt er ſich verborgen? Wenn ſolche Koͤpfe feiern, wie viel Verluſt fuͤr meinen Staat! Ich moͤchte vor Freuden weinen; ſchickt mir ein Kaninchen! Kammerdiener, gebt es gleich dem Koch. (Kammerdiener empfaͤngts und geht ab.) Nathanael. Mein Koͤnig, ich nehme mei- nen demuͤthigſten Abſchied. Koͤnig. Ja ſo, das haͤtt ich uͤber die Freude bald vergeſſen. — Leben Sie wohl, Prinz. Ja, Sie muͤſſen andern Freiwerbern Platz machen, das iſt nicht anders. — Adieu! Ich wollte, Sie haͤt- ten Chauſſee bis nach Hauſe. Nathanael (kuͤßt ihm die Hand und geht ab). Koͤnig (ſchreiend.) Leute! — Mein Hiſtorio- graph ſoll kommen! Der Hiſtoriograph erſcheint. Koͤnig. Hier, Freund, kommt, hier giebts Materie fuͤr unſre Weltgeſchichte. — Ihr habt doch Euer Buch bei Euch? Hiſtoriograph. Ja, mein Koͤnig. Koͤnig. Schreibt gleich hinein, daß mir an dem und dem Tage, (welch Datum wir nun heut ſchreiben) der Graf von Carabas ein ſehr delikates Kaninchen zum Praͤſent uͤberſchickt hat. Hiſtoriograph ſetzt ſich nieder und ſchreibt. Koͤnig. Vergeßt nicht, anno currentis. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/199
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/199>, abgerufen am 21.11.2024.