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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
Ein Bedienter. Ja, Ihro Majestät, er
wird mit dem Hofnarren hier am kleinen Tisch-
chen essen.
Hanswurst (zu Hinze). Setzen wir uns, die
Suppe wird sonst kalt.
Hinze (setzt sich). Mit wem hab ich die Ehre
zu speisen?
Hanswurst. Der Mensch ist, was er ist,
Herr Jäger, wir können nicht alle dasselbe treiben.
Ich bin ein armer verbannter Flüchtling, ein Mann,
der vor langer Zeit einmal spaßhaft war, den man
nachher für dumm, abgeschmackt und unanständig
hielt, und der nun in einem fremden Lande wie-
der in Dienste getreten ist, wo man ihn von
neuem auf einige Zeit für unterhaltend ansieht.
Hinze. So? -- Was seid Ihr für ein
Landsmann?
Hanswurst. Leider nur ein Deutscher.
Meine Landsleute wurden um eine gewisse Zeit
so klug, daß sie allen Spaß bei Strafe verboten,
wo man mich nur gewahr ward gab man mir un-
ausstehliche Ekelnamen, als: gemein, pöbelhaft,
niederträchtig, ja mein guter ehrlicher Name Hans-
wurst ward zu einem Schimpfworte herab gewür-
digt. O edle Seele, die Thränen stehn dir in den
Augen, und du knurrst vor Schmerz, oder macht
es der Geruch des Bratens, der dir in die Nase
zieht? Ja, lieber Empfindsamer, wer sich damals
nur unterstand, über mich zu lachen, der wurde
eben so verfolgt, wie ich, und so mußt ich denn
wohl in die Verbannung wandern.


Hinze.
Zweite Abtheilung.
Ein Bedienter. Ja, Ihro Majeſtaͤt, er
wird mit dem Hofnarren hier am kleinen Tiſch-
chen eſſen.
Hanswurſt (zu Hinze). Setzen wir uns, die
Suppe wird ſonſt kalt.
Hinze (ſetzt ſich). Mit wem hab ich die Ehre
zu ſpeiſen?
Hanswurſt. Der Menſch iſt, was er iſt,
Herr Jaͤger, wir koͤnnen nicht alle dasſelbe treiben.
Ich bin ein armer verbannter Fluͤchtling, ein Mann,
der vor langer Zeit einmal ſpaßhaft war, den man
nachher fuͤr dumm, abgeſchmackt und unanſtaͤndig
hielt, und der nun in einem fremden Lande wie-
der in Dienſte getreten iſt, wo man ihn von
neuem auf einige Zeit fuͤr unterhaltend anſieht.
Hinze. So? — Was ſeid Ihr fuͤr ein
Landsmann?
Hanswurſt. Leider nur ein Deutſcher.
Meine Landsleute wurden um eine gewiſſe Zeit
ſo klug, daß ſie allen Spaß bei Strafe verboten,
wo man mich nur gewahr ward gab man mir un-
ausſtehliche Ekelnamen, als: gemein, poͤbelhaft,
niedertraͤchtig, ja mein guter ehrlicher Name Hans-
wurſt ward zu einem Schimpfworte herab gewuͤr-
digt. O edle Seele, die Thraͤnen ſtehn dir in den
Augen, und du knurrſt vor Schmerz, oder macht
es der Geruch des Bratens, der dir in die Naſe
zieht? Ja, lieber Empfindſamer, wer ſich damals
nur unterſtand, uͤber mich zu lachen, der wurde
eben ſo verfolgt, wie ich, und ſo mußt ich denn
wohl in die Verbannung wandern.


Hinze.
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[192/0201] Zweite Abtheilung. Ein Bedienter. Ja, Ihro Majeſtaͤt, er wird mit dem Hofnarren hier am kleinen Tiſch- chen eſſen. Hanswurſt (zu Hinze). Setzen wir uns, die Suppe wird ſonſt kalt. Hinze (ſetzt ſich). Mit wem hab ich die Ehre zu ſpeiſen? Hanswurſt. Der Menſch iſt, was er iſt, Herr Jaͤger, wir koͤnnen nicht alle dasſelbe treiben. Ich bin ein armer verbannter Fluͤchtling, ein Mann, der vor langer Zeit einmal ſpaßhaft war, den man nachher fuͤr dumm, abgeſchmackt und unanſtaͤndig hielt, und der nun in einem fremden Lande wie- der in Dienſte getreten iſt, wo man ihn von neuem auf einige Zeit fuͤr unterhaltend anſieht. Hinze. So? — Was ſeid Ihr fuͤr ein Landsmann? Hanswurſt. Leider nur ein Deutſcher. Meine Landsleute wurden um eine gewiſſe Zeit ſo klug, daß ſie allen Spaß bei Strafe verboten, wo man mich nur gewahr ward gab man mir un- ausſtehliche Ekelnamen, als: gemein, poͤbelhaft, niedertraͤchtig, ja mein guter ehrlicher Name Hans- wurſt ward zu einem Schimpfworte herab gewuͤr- digt. O edle Seele, die Thraͤnen ſtehn dir in den Augen, und du knurrſt vor Schmerz, oder macht es der Geruch des Bratens, der dir in die Naſe zieht? Ja, lieber Empfindſamer, wer ſich damals nur unterſtand, uͤber mich zu lachen, der wurde eben ſo verfolgt, wie ich, und ſo mußt ich denn wohl in die Verbannung wandern. Hinze.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/201>, abgerufen am 21.11.2024.