Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Der gestiefelte Kater.
packte? Aber man hält diese Thiere bei den Oh-
ren, weil sie es dort am besten vertragen können.
Das nenn ich den Meister!
Müller. Das ist sehr schön auseinander
gesetzt.
Fischer (heimlich). Man sollte ihn selbst da-
für bei den Ohren nehmen.
Bötticher. Und die Angst, als ihm der
Adler auf dem Kopfe saß! Wie er sich aus Furcht
so gar nicht bewegte, sich weder rührte noch regte,
-- nein, eine solche vollendete Kunst kann keine
Beschreibung ausdrücken.
Müller. Sie gehen sehr gründlich.
Bötticher. Ich schmeichle mir, nur ein
klein wenig Kenner zu seyn, das ist freilich mit
Ihnen allen nicht der Fall, und darum muß man
es Ihnen ein wenig entwickeln.
Fischer. Sie geben sich viele Mühe.
Bötticher. Wenn man die Kunst so liebt,
wie ich, ist das eine angenehme Mühe. -- Mir
ist auch jetzt über die Stiefeln des Katers ein sehr
scharfsinniger Gedanke eingefallen, und ich bewun-
dre darin das Genie des Schauspielers. -- Sehn
Sie, er ist anfangs Kater, deshalb muß er seine
natürliche Kleidung ablegen, um die passende Maske
einer Katze zu nehmen; jetzt soll er nun wieder
ganz als Jäger erscheinen (dies schließe ich dar-
aus, daß ihn jeder so nennt, sich auch kein Mensch
über ihn verwundert), ein ungeschickter Schauspie-
ler würde sich auch gewiß in einen Jagdhabit ge-
worfen haben: -- aber -- wie würde es um un-
Der geſtiefelte Kater.
packte? Aber man haͤlt dieſe Thiere bei den Oh-
ren, weil ſie es dort am beſten vertragen koͤnnen.
Das nenn ich den Meiſter!
Muͤller. Das iſt ſehr ſchoͤn auseinander
geſetzt.
Fiſcher (heimlich). Man ſollte ihn ſelbſt da-
fuͤr bei den Ohren nehmen.
Boͤtticher. Und die Angſt, als ihm der
Adler auf dem Kopfe ſaß! Wie er ſich aus Furcht
ſo gar nicht bewegte, ſich weder ruͤhrte noch regte,
— nein, eine ſolche vollendete Kunſt kann keine
Beſchreibung ausdruͤcken.
Muͤller. Sie gehen ſehr gruͤndlich.
Boͤtticher. Ich ſchmeichle mir, nur ein
klein wenig Kenner zu ſeyn, das iſt freilich mit
Ihnen allen nicht der Fall, und darum muß man
es Ihnen ein wenig entwickeln.
Fiſcher. Sie geben ſich viele Muͤhe.
Boͤtticher. Wenn man die Kunſt ſo liebt,
wie ich, iſt das eine angenehme Muͤhe. — Mir
iſt auch jetzt uͤber die Stiefeln des Katers ein ſehr
ſcharfſinniger Gedanke eingefallen, und ich bewun-
dre darin das Genie des Schauſpielers. — Sehn
Sie, er iſt anfangs Kater, deshalb muß er ſeine
natuͤrliche Kleidung ablegen, um die paſſende Maske
einer Katze zu nehmen; jetzt ſoll er nun wieder
ganz als Jaͤger erſcheinen (dies ſchließe ich dar-
aus, daß ihn jeder ſo nennt, ſich auch kein Menſch
uͤber ihn verwundert), ein ungeſchickter Schauſpie-
ler wuͤrde ſich auch gewiß in einen Jagdhabit ge-
worfen haben: — aber — wie wuͤrde es um un-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#BOET">
              <p><pb facs="#f0216" n="207"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ge&#x017F;tiefelte Kater</hi>.</fw><lb/>
packte? Aber man ha&#x0364;lt die&#x017F;e Thiere bei den Oh-<lb/>
ren, weil &#x017F;ie es dort am be&#x017F;ten vertragen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Das nenn ich den Mei&#x017F;ter!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MUELLER">
              <speaker><hi rendition="#g">Mu&#x0364;ller</hi>.</speaker>
              <p>Das i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n auseinander<lb/>
ge&#x017F;etzt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FISCHER">
              <speaker> <hi rendition="#g">Fi&#x017F;cher</hi> </speaker>
              <stage>(heimlich).</stage>
              <p>Man &#x017F;ollte ihn &#x017F;elb&#x017F;t da-<lb/>
fu&#x0364;r bei den Ohren nehmen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BOET">
              <speaker><hi rendition="#g">Bo&#x0364;tticher</hi>.</speaker>
              <p>Und die Ang&#x017F;t, als ihm der<lb/>
Adler auf dem Kopfe &#x017F;aß! Wie er &#x017F;ich aus Furcht<lb/>
&#x017F;o gar nicht bewegte, &#x017F;ich weder ru&#x0364;hrte noch regte,<lb/>
&#x2014; nein, eine &#x017F;olche vollendete Kun&#x017F;t kann keine<lb/>
Be&#x017F;chreibung ausdru&#x0364;cken.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MUELLER">
              <speaker><hi rendition="#g">Mu&#x0364;ller</hi>.</speaker>
              <p>Sie gehen &#x017F;ehr gru&#x0364;ndlich.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BOET">
              <speaker><hi rendition="#g">Bo&#x0364;tticher</hi>.</speaker>
              <p>Ich &#x017F;chmeichle mir, nur ein<lb/>
klein wenig Kenner zu &#x017F;eyn, das i&#x017F;t freilich mit<lb/>
Ihnen allen nicht der Fall, und darum muß man<lb/>
es Ihnen ein wenig entwickeln.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FISCHER">
              <speaker><hi rendition="#g">Fi&#x017F;cher</hi>.</speaker>
              <p>Sie geben &#x017F;ich viele Mu&#x0364;he.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BOET">
              <speaker><hi rendition="#g">Bo&#x0364;tticher</hi>.</speaker>
              <p>Wenn man die Kun&#x017F;t &#x017F;o liebt,<lb/>
wie ich, i&#x017F;t das eine angenehme Mu&#x0364;he. &#x2014; Mir<lb/>
i&#x017F;t auch jetzt u&#x0364;ber die Stiefeln des Katers ein &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;charf&#x017F;inniger Gedanke eingefallen, und ich bewun-<lb/>
dre darin das Genie des Schau&#x017F;pielers. &#x2014; Sehn<lb/>
Sie, er i&#x017F;t anfangs Kater, deshalb muß er &#x017F;eine<lb/>
natu&#x0364;rliche Kleidung ablegen, um die pa&#x017F;&#x017F;ende Maske<lb/>
einer Katze zu nehmen; jetzt &#x017F;oll er nun wieder<lb/>
ganz als Ja&#x0364;ger er&#x017F;cheinen (dies &#x017F;chließe ich dar-<lb/>
aus, daß ihn jeder &#x017F;o nennt, &#x017F;ich auch kein Men&#x017F;ch<lb/>
u&#x0364;ber ihn verwundert), ein unge&#x017F;chickter Schau&#x017F;pie-<lb/>
ler wu&#x0364;rde &#x017F;ich auch gewiß in einen Jagdhabit ge-<lb/>
worfen haben: &#x2014; aber &#x2014; wie wu&#x0364;rde es um un-<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0216] Der geſtiefelte Kater. packte? Aber man haͤlt dieſe Thiere bei den Oh- ren, weil ſie es dort am beſten vertragen koͤnnen. Das nenn ich den Meiſter! Muͤller. Das iſt ſehr ſchoͤn auseinander geſetzt. Fiſcher (heimlich). Man ſollte ihn ſelbſt da- fuͤr bei den Ohren nehmen. Boͤtticher. Und die Angſt, als ihm der Adler auf dem Kopfe ſaß! Wie er ſich aus Furcht ſo gar nicht bewegte, ſich weder ruͤhrte noch regte, — nein, eine ſolche vollendete Kunſt kann keine Beſchreibung ausdruͤcken. Muͤller. Sie gehen ſehr gruͤndlich. Boͤtticher. Ich ſchmeichle mir, nur ein klein wenig Kenner zu ſeyn, das iſt freilich mit Ihnen allen nicht der Fall, und darum muß man es Ihnen ein wenig entwickeln. Fiſcher. Sie geben ſich viele Muͤhe. Boͤtticher. Wenn man die Kunſt ſo liebt, wie ich, iſt das eine angenehme Muͤhe. — Mir iſt auch jetzt uͤber die Stiefeln des Katers ein ſehr ſcharfſinniger Gedanke eingefallen, und ich bewun- dre darin das Genie des Schauſpielers. — Sehn Sie, er iſt anfangs Kater, deshalb muß er ſeine natuͤrliche Kleidung ablegen, um die paſſende Maske einer Katze zu nehmen; jetzt ſoll er nun wieder ganz als Jaͤger erſcheinen (dies ſchließe ich dar- aus, daß ihn jeder ſo nennt, ſich auch kein Menſch uͤber ihn verwundert), ein ungeſchickter Schauſpie- ler wuͤrde ſich auch gewiß in einen Jagdhabit ge- worfen haben: — aber — wie wuͤrde es um un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/216
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/216>, abgerufen am 24.11.2024.