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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
Conrad. Aber wenn er nun doch nicht
umkommt?
Rathgeber. Ja so! -- Eine gute Anmer-
kung von Eurem Bruder, in der That. -- Wenn
er nun nicht umkömmt! -- Er thut besser, wenn
er in der Schlacht umkömmt, das ist gewiß, --
aber die Menschen sind oft wunderlich. Ja, was
meint Ihr dann?
Martin. Ihr seid ja der Rathgeber.
Rathgeber. Sehr richtig, -- ja, dann ist
mein Rath, -- daß man sich nachher darauf be-
sinne, wenn wir erst so weit sind; Ihr habt ihn
ja dann bei der Hand, und könnt mit ihm machen
was Euch gut dünkt.
Conrad. Das ist auch wahr; warum wol-
len wir uns jetzt schon den Kopf zerbrechen?
Heymon. Nun, so laßt uns denn nicht
zaudern, sondern hastig aufbrechen.
(sie wollten gehn.)
Claus. Aber halt! haltet doch! -- Habt
Ihr so wenig Geduld, daß Ihr ins Schlachtfeld
hinein laufen wollt, als ging' es zum Frühstück?
Wer langsam geht, kömmt auch zu seinem Tode
noch früh genug.
Conrad. Zum Tode?
Claus. Nun, wenn Ihr nicht siegt, sondern
besiegt werdet? Und der Blaubart schneidet Euch
den Rückzug ab? -- Wie dann? -- Wenn Ihr
nun besiegt werdet, sag' ich! Denn das kann man
doch so genau nicht wissen, man muß doch auf
alle Fälle denken, ein guter Feldherr wird auch
dafür sorgen.

Zweite Abtheilung.
Conrad. Aber wenn er nun doch nicht
umkommt?
Rathgeber. Ja ſo! — Eine gute Anmer-
kung von Eurem Bruder, in der That. — Wenn
er nun nicht umkoͤmmt! — Er thut beſſer, wenn
er in der Schlacht umkoͤmmt, das iſt gewiß, —
aber die Menſchen ſind oft wunderlich. Ja, was
meint Ihr dann?
Martin. Ihr ſeid ja der Rathgeber.
Rathgeber. Sehr richtig, — ja, dann iſt
mein Rath, — daß man ſich nachher darauf be-
ſinne, wenn wir erſt ſo weit ſind; Ihr habt ihn
ja dann bei der Hand, und koͤnnt mit ihm machen
was Euch gut duͤnkt.
Conrad. Das iſt auch wahr; warum wol-
len wir uns jetzt ſchon den Kopf zerbrechen?
Heymon. Nun, ſo laßt uns denn nicht
zaudern, ſondern haſtig aufbrechen.
(ſie wollten gehn.)
Claus. Aber halt! haltet doch! — Habt
Ihr ſo wenig Geduld, daß Ihr ins Schlachtfeld
hinein laufen wollt, als ging' es zum Fruͤhſtuͤck?
Wer langſam geht, koͤmmt auch zu ſeinem Tode
noch fruͤh genug.
Conrad. Zum Tode?
Claus. Nun, wenn Ihr nicht ſiegt, ſondern
beſiegt werdet? Und der Blaubart ſchneidet Euch
den Ruͤckzug ab? — Wie dann? — Wenn Ihr
nun beſiegt werdet, ſag' ich! Denn das kann man
doch ſo genau nicht wiſſen, man muß doch auf
alle Faͤlle denken, ein guter Feldherr wird auch
dafuͤr ſorgen.

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[14/0023] Zweite Abtheilung. Conrad. Aber wenn er nun doch nicht umkommt? Rathgeber. Ja ſo! — Eine gute Anmer- kung von Eurem Bruder, in der That. — Wenn er nun nicht umkoͤmmt! — Er thut beſſer, wenn er in der Schlacht umkoͤmmt, das iſt gewiß, — aber die Menſchen ſind oft wunderlich. Ja, was meint Ihr dann? Martin. Ihr ſeid ja der Rathgeber. Rathgeber. Sehr richtig, — ja, dann iſt mein Rath, — daß man ſich nachher darauf be- ſinne, wenn wir erſt ſo weit ſind; Ihr habt ihn ja dann bei der Hand, und koͤnnt mit ihm machen was Euch gut duͤnkt. Conrad. Das iſt auch wahr; warum wol- len wir uns jetzt ſchon den Kopf zerbrechen? Heymon. Nun, ſo laßt uns denn nicht zaudern, ſondern haſtig aufbrechen. (ſie wollten gehn.) Claus. Aber halt! haltet doch! — Habt Ihr ſo wenig Geduld, daß Ihr ins Schlachtfeld hinein laufen wollt, als ging' es zum Fruͤhſtuͤck? Wer langſam geht, koͤmmt auch zu ſeinem Tode noch fruͤh genug. Conrad. Zum Tode? Claus. Nun, wenn Ihr nicht ſiegt, ſondern beſiegt werdet? Und der Blaubart ſchneidet Euch den Ruͤckzug ab? — Wie dann? — Wenn Ihr nun beſiegt werdet, ſag' ich! Denn das kann man doch ſo genau nicht wiſſen, man muß doch auf alle Faͤlle denken, ein guter Feldherr wird auch dafuͤr ſorgen.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/23>, abgerufen am 21.11.2024.