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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
Zweite Scene.
(Zimmer.)


Rabe. Seine Gattin. Wilhelm ein Knabe.
Gattin (die mit einem kleinen Mädchen spielt). Sieh,
mein trauter Mann, Adelaide lernt schon spielen.
Rabe. O welche väterliche Gesinnungen, wel-
che liebevolle Empfindungen bei mir erregt werden,
wenn ich so die Fortschritte meiner verehrungswür-
digen Kinder gewahr werde.
Gattin. Mit Recht nennst du sie verehrungs-
würdig, denn ich verehre sie auch, ja ich bete sie an.
Wilhelm. Lieber Vater, wozu ist aber das
Buchstabiren nütze?
Rabe. Höre doch, liebe Gattin, die philo-
sophische Frage des allerliebsten Kindes! -- Komm
her, Junge, dafür muß ich dich tüchtig küssen. --
O Kind, du wirst gewiß ein großes Genie wer-
den. Zweifelst du schon jetzt an dem Nutzen des
Buchstabirens, was wirst du erst in deinem dreißig-
sten Jahre thun?
Gattin. Er ist gar zu klug für sein Alter.
Wenn es ihn nur nicht angreift.
Rabe. Geh, mein Kind, mach dir jetzt ein
Spiel zurecht, du hast nun heut schon zu viel ge-
arbeitet. Hörst du? du mußt dich nicht zu sehr
anstrengen, sonst wirst du krank?
Gattin. Du bleibst dann auch nicht so
hübsch, wie du bist, du wirst dann ganz häßlich.

Zweite Abtheilung.
Zweite Scene.
(Zimmer.)


Rabe. Seine Gattin. Wilhelm ein Knabe.
Gattin (die mit einem kleinen Maͤdchen ſpielt). Sieh,
mein trauter Mann, Adelaide lernt ſchon ſpielen.
Rabe. O welche vaͤterliche Geſinnungen, wel-
che liebevolle Empfindungen bei mir erregt werden,
wenn ich ſo die Fortſchritte meiner verehrungswuͤr-
digen Kinder gewahr werde.
Gattin. Mit Recht nennſt du ſie verehrungs-
wuͤrdig, denn ich verehre ſie auch, ja ich bete ſie an.
Wilhelm. Lieber Vater, wozu iſt aber das
Buchſtabiren nuͤtze?
Rabe. Hoͤre doch, liebe Gattin, die philo-
ſophiſche Frage des allerliebſten Kindes! — Komm
her, Junge, dafuͤr muß ich dich tuͤchtig kuͤſſen. —
O Kind, du wirſt gewiß ein großes Genie wer-
den. Zweifelſt du ſchon jetzt an dem Nutzen des
Buchſtabirens, was wirſt du erſt in deinem dreißig-
ſten Jahre thun?
Gattin. Er iſt gar zu klug fuͤr ſein Alter.
Wenn es ihn nur nicht angreift.
Rabe. Geh, mein Kind, mach dir jetzt ein
Spiel zurecht, du haſt nun heut ſchon zu viel ge-
arbeitet. Hoͤrſt du? du mußt dich nicht zu ſehr
anſtrengen, ſonſt wirſt du krank?
Gattin. Du bleibſt dann auch nicht ſo
huͤbſch, wie du biſt, du wirſt dann ganz haͤßlich.

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[338/0347] Zweite Abtheilung. Zweite Scene. (Zimmer.) Rabe. Seine Gattin. Wilhelm ein Knabe. Gattin (die mit einem kleinen Maͤdchen ſpielt). Sieh, mein trauter Mann, Adelaide lernt ſchon ſpielen. Rabe. O welche vaͤterliche Geſinnungen, wel- che liebevolle Empfindungen bei mir erregt werden, wenn ich ſo die Fortſchritte meiner verehrungswuͤr- digen Kinder gewahr werde. Gattin. Mit Recht nennſt du ſie verehrungs- wuͤrdig, denn ich verehre ſie auch, ja ich bete ſie an. Wilhelm. Lieber Vater, wozu iſt aber das Buchſtabiren nuͤtze? Rabe. Hoͤre doch, liebe Gattin, die philo- ſophiſche Frage des allerliebſten Kindes! — Komm her, Junge, dafuͤr muß ich dich tuͤchtig kuͤſſen. — O Kind, du wirſt gewiß ein großes Genie wer- den. Zweifelſt du ſchon jetzt an dem Nutzen des Buchſtabirens, was wirſt du erſt in deinem dreißig- ſten Jahre thun? Gattin. Er iſt gar zu klug fuͤr ſein Alter. Wenn es ihn nur nicht angreift. Rabe. Geh, mein Kind, mach dir jetzt ein Spiel zurecht, du haſt nun heut ſchon zu viel ge- arbeitet. Hoͤrſt du? du mußt dich nicht zu ſehr anſtrengen, ſonſt wirſt du krank? Gattin. Du bleibſt dann auch nicht ſo huͤbſch, wie du biſt, du wirſt dann ganz haͤßlich.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/347>, abgerufen am 22.11.2024.