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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
den Nachbarn für dich zur Suppe etwas zusammen
betteln, du wilder, undankbarer Mensch du!
Wahrmund. Laß gut seyn, Else, der Junge
ist ja, bis auf die rothen Haare, so übel nicht;
hast Recht, aus dem wird gewiß ein tüchtiger
Holzhauer. Nun, hör auf zu greinen, und gieb
lieber guten Rath, was wir anfangen sollen.
Else. Sollte der Bader uns nicht mehr bor-
gen?
Wahrmund. Der? Es thäte noth, wir
borgten ihm, so erbärmlich stellt er sich an. Unser
Haus ist ihm verpfändet, für das krepirte Pferd
sind wir ihm auch noch schuldig, auf das Stück-
chen Acker hat er schon geliehen, zu versetzen haben
wir nichts mehr, das weiß er, er giebt keinen Heller.
Else. Der gnädige Herr --
Wahrmund. Lieber verhungern, als es mit
dem versuchen. Wie gesagt, wenn nur die Kinder
nicht wären!
Else. Wir haben sie aber doch nun einmal.
Wahrmund. Wenn sie Gott zu sich genom-
men hätte, so hätten wir sie nicht mehr. Mir
kommt da ein Gedanke, -- sage mal, -- aber du
mußt mich ausreden lassen.
Else. Nun ja doch.
Wahrmund. Wäre denn das Unglück so
groß gewesen, wenn sich neulich die drei im Wald
verlaufen hätten, die wir so lange nicht wieder
finden konnten?
Else. Je nun, es wäre doch Jammer und
Schade gewesen.

Zweite Abtheilung.
den Nachbarn fuͤr dich zur Suppe etwas zuſammen
betteln, du wilder, undankbarer Menſch du!
Wahrmund. Laß gut ſeyn, Elſe, der Junge
iſt ja, bis auf die rothen Haare, ſo uͤbel nicht;
haſt Recht, aus dem wird gewiß ein tuͤchtiger
Holzhauer. Nun, hoͤr auf zu greinen, und gieb
lieber guten Rath, was wir anfangen ſollen.
Elſe. Sollte der Bader uns nicht mehr bor-
gen?
Wahrmund. Der? Es thaͤte noth, wir
borgten ihm, ſo erbaͤrmlich ſtellt er ſich an. Unſer
Haus iſt ihm verpfaͤndet, fuͤr das krepirte Pferd
ſind wir ihm auch noch ſchuldig, auf das Stuͤck-
chen Acker hat er ſchon geliehen, zu verſetzen haben
wir nichts mehr, das weiß er, er giebt keinen Heller.
Elſe. Der gnaͤdige Herr —
Wahrmund. Lieber verhungern, als es mit
dem verſuchen. Wie geſagt, wenn nur die Kinder
nicht waͤren!
Elſe. Wir haben ſie aber doch nun einmal.
Wahrmund. Wenn ſie Gott zu ſich genom-
men haͤtte, ſo haͤtten wir ſie nicht mehr. Mir
kommt da ein Gedanke, — ſage mal, — aber du
mußt mich ausreden laſſen.
Elſe. Nun ja doch.
Wahrmund. Waͤre denn das Ungluͤck ſo
groß geweſen, wenn ſich neulich die drei im Wald
verlaufen haͤtten, die wir ſo lange nicht wieder
finden konnten?
Elſe. Je nun, es waͤre doch Jammer und
Schade geweſen.

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[454/0463] Zweite Abtheilung. den Nachbarn fuͤr dich zur Suppe etwas zuſammen betteln, du wilder, undankbarer Menſch du! Wahrmund. Laß gut ſeyn, Elſe, der Junge iſt ja, bis auf die rothen Haare, ſo uͤbel nicht; haſt Recht, aus dem wird gewiß ein tuͤchtiger Holzhauer. Nun, hoͤr auf zu greinen, und gieb lieber guten Rath, was wir anfangen ſollen. Elſe. Sollte der Bader uns nicht mehr bor- gen? Wahrmund. Der? Es thaͤte noth, wir borgten ihm, ſo erbaͤrmlich ſtellt er ſich an. Unſer Haus iſt ihm verpfaͤndet, fuͤr das krepirte Pferd ſind wir ihm auch noch ſchuldig, auf das Stuͤck- chen Acker hat er ſchon geliehen, zu verſetzen haben wir nichts mehr, das weiß er, er giebt keinen Heller. Elſe. Der gnaͤdige Herr — Wahrmund. Lieber verhungern, als es mit dem verſuchen. Wie geſagt, wenn nur die Kinder nicht waͤren! Elſe. Wir haben ſie aber doch nun einmal. Wahrmund. Wenn ſie Gott zu ſich genom- men haͤtte, ſo haͤtten wir ſie nicht mehr. Mir kommt da ein Gedanke, — ſage mal, — aber du mußt mich ausreden laſſen. Elſe. Nun ja doch. Wahrmund. Waͤre denn das Ungluͤck ſo groß geweſen, wenn ſich neulich die drei im Wald verlaufen haͤtten, die wir ſo lange nicht wieder finden konnten? Elſe. Je nun, es waͤre doch Jammer und Schade geweſen.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/463>, abgerufen am 22.11.2024.