Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. lich ein angestellter Mann; was hätten Sie davon,in alle Welt zu gehn? Indessen, man weiß aus der Psychologie, daß die Versuchung oft zu stark ist, und sie sind mir auf meinen Eid anvertraut, ich wäre nachher ein geschlagener Mensch. -- Wis- sen Sie was? Nehmen Sie meinen Lehrburschen auf dem linken Fuße mit, so bin ich sichrer, es ist doch alsdann einer meiner Leute bei den Stie- feln zur Aufsicht. Alfred. Herzlich gern, denn meine Wißbe- gier ist gar groß. Zahn. Christoph! -- Ziehn Sie an. -- Stelle dich hier dem Herrn Direktor auf den Fuß. -- (leise) Hör, wenn er Miene macht, davon zu gehn, nicht wieder umzukehren, schrei, lärm, an die Gurgel gegriffen, das Aeußerste gewagt! -- Nun, Adieu indeß. (Alfred mit Christoph ab.) Zahn. Das kann mir schlecht bekommen. Wenig Philosophie von mir, ihm solch kostbares Gut anzuvertrauen. Zwar ist er verheirathet, und hat eine gute Stelle, -- indeß, wenn der Teufel ihn blendete -- Teufel? Wo hab ich denn die dumme Redensart her? Wenn ihn vielleicht die Syrenenstimme der Versuchung -- ach! gottlob, da sind sie wieder! Alfred kommt mit Christoph. Alfred. Richtig, Meister, bei jedem sechssten Meilenstein mußten wir still stehn, der nächste Schritt wieder genau sechs Meilen weiter. Es ist merkwürdig. Zweite Abtheilung. lich ein angeſtellter Mann; was haͤtten Sie davon,in alle Welt zu gehn? Indeſſen, man weiß aus der Pſychologie, daß die Verſuchung oft zu ſtark iſt, und ſie ſind mir auf meinen Eid anvertraut, ich waͤre nachher ein geſchlagener Menſch. — Wiſ- ſen Sie was? Nehmen Sie meinen Lehrburſchen auf dem linken Fuße mit, ſo bin ich ſichrer, es iſt doch alsdann einer meiner Leute bei den Stie- feln zur Aufſicht. Alfred. Herzlich gern, denn meine Wißbe- gier iſt gar groß. Zahn. Chriſtoph! — Ziehn Sie an. — Stelle dich hier dem Herrn Direktor auf den Fuß. — (leiſe) Hoͤr, wenn er Miene macht, davon zu gehn, nicht wieder umzukehren, ſchrei, laͤrm, an die Gurgel gegriffen, das Aeußerſte gewagt! — Nun, Adieu indeß. (Alfred mit Chriſtoph ab.) Zahn. Das kann mir ſchlecht bekommen. Wenig Philoſophie von mir, ihm ſolch koſtbares Gut anzuvertrauen. Zwar iſt er verheirathet, und hat eine gute Stelle, — indeß, wenn der Teufel ihn blendete — Teufel? Wo hab ich denn die dumme Redensart her? Wenn ihn vielleicht die Syrenenſtimme der Verſuchung — ach! gottlob, da ſind ſie wieder! Alfred kommt mit Chriſtoph. Alfred. Richtig, Meiſter, bei jedem ſechsſten Meilenſtein mußten wir ſtill ſtehn, der naͤchſte Schritt wieder genau ſechs Meilen weiter. Es iſt merkwuͤrdig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#ZAH"> <p><pb facs="#f0547" n="538"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> lich ein angeſtellter Mann; was haͤtten Sie davon,<lb/> in alle Welt zu gehn? Indeſſen, man weiß aus<lb/> der Pſychologie, daß die Verſuchung oft zu ſtark<lb/> iſt, und ſie ſind mir auf meinen Eid anvertraut,<lb/> ich waͤre nachher ein geſchlagener Menſch. — Wiſ-<lb/> ſen Sie was? Nehmen Sie meinen Lehrburſchen<lb/> auf dem linken Fuße mit, ſo bin ich ſichrer, es<lb/> iſt doch alsdann einer meiner Leute bei den Stie-<lb/> feln zur Aufſicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#ALF"> <speaker><hi rendition="#g">Alfred</hi>.</speaker> <p>Herzlich gern, denn meine Wißbe-<lb/> gier iſt gar groß.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZAH"> <speaker><hi rendition="#g">Zahn</hi>.</speaker> <p>Chriſtoph! — Ziehn Sie an. — Stelle<lb/> dich hier dem Herrn Direktor auf den Fuß. —<lb/><stage>(leiſe)</stage> Hoͤr, wenn er Miene macht, davon zu gehn,<lb/> nicht wieder umzukehren, ſchrei, laͤrm, an die<lb/> Gurgel gegriffen, das Aeußerſte gewagt! — Nun,<lb/> Adieu indeß.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Alfred</hi> mit <hi rendition="#g">Chriſtoph</hi> ab.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#ZAH"> <speaker><hi rendition="#g">Zahn</hi>.</speaker> <p>Das kann mir ſchlecht bekommen.<lb/> Wenig Philoſophie von mir, ihm ſolch koſtbares<lb/> Gut anzuvertrauen. Zwar iſt er verheirathet, und<lb/> hat eine gute Stelle, — indeß, wenn der Teufel<lb/> ihn blendete — Teufel? Wo hab ich denn die<lb/> dumme Redensart her? Wenn ihn vielleicht die<lb/> Syrenenſtimme der Verſuchung — ach! gottlob,<lb/> da ſind ſie wieder!</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Alfred</hi> kommt mit <hi rendition="#g">Chriſtoph</hi>.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#ALF"> <speaker><hi rendition="#g">Alfred</hi>.</speaker> <p>Richtig, Meiſter, bei jedem ſechsſten<lb/> Meilenſtein mußten wir ſtill ſtehn, der naͤchſte Schritt<lb/> wieder genau ſechs Meilen weiter. Es iſt merkwuͤrdig.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [538/0547]
Zweite Abtheilung.
lich ein angeſtellter Mann; was haͤtten Sie davon,
in alle Welt zu gehn? Indeſſen, man weiß aus
der Pſychologie, daß die Verſuchung oft zu ſtark
iſt, und ſie ſind mir auf meinen Eid anvertraut,
ich waͤre nachher ein geſchlagener Menſch. — Wiſ-
ſen Sie was? Nehmen Sie meinen Lehrburſchen
auf dem linken Fuße mit, ſo bin ich ſichrer, es
iſt doch alsdann einer meiner Leute bei den Stie-
feln zur Aufſicht.
Alfred. Herzlich gern, denn meine Wißbe-
gier iſt gar groß.
Zahn. Chriſtoph! — Ziehn Sie an. — Stelle
dich hier dem Herrn Direktor auf den Fuß. —
(leiſe) Hoͤr, wenn er Miene macht, davon zu gehn,
nicht wieder umzukehren, ſchrei, laͤrm, an die
Gurgel gegriffen, das Aeußerſte gewagt! — Nun,
Adieu indeß.
(Alfred mit Chriſtoph ab.)
Zahn. Das kann mir ſchlecht bekommen.
Wenig Philoſophie von mir, ihm ſolch koſtbares
Gut anzuvertrauen. Zwar iſt er verheirathet, und
hat eine gute Stelle, — indeß, wenn der Teufel
ihn blendete — Teufel? Wo hab ich denn die
dumme Redensart her? Wenn ihn vielleicht die
Syrenenſtimme der Verſuchung — ach! gottlob,
da ſind ſie wieder!
Alfred kommt mit Chriſtoph.
Alfred. Richtig, Meiſter, bei jedem ſechsſten
Meilenſtein mußten wir ſtill ſtehn, der naͤchſte Schritt
wieder genau ſechs Meilen weiter. Es iſt merkwuͤrdig.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |