Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Caspar. Da sind wir immer denselben Weg
vom Thurm um den Wall gegangen, da haben
wir mal im Forst einem Haasen aufgelauert, da
hat Euch das Fräulein von den Römischen Bur-
gemeistern und von Troja vorgelesen, und so einen
Tag wie alle Tage, und damit seid Ihr gleichsam
hier ganz eingerostet, Herr.
Hans. Und du glaubst an keine bösen Ahn-
dungen, Caspar?
Caspar. Man kann eben nicht wissen, wie
es damit ist, und darum glaub ich halt nicht daran,
Herr: seht, das ist so mein Grundsatz darüber.
Hans. Hast recht, Caspar, wenn man es
sich genau überlegt. -- Nun, so lebt wohl! --
Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh-
ren. -- Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd.
(beide
gehn ab.)
Brigitte. (allein) Vor Leopold soll ich mich
hüten? -- Dann muß man sich gewiß vor allen
Menschen hüten, auch vor den allerbesten, denn
er ist doch die Liebe und Unschuld selbst. Aber
das Alter sieht alles mit andern Augen an, und
die Jugend weiß darüber nicht, was sie denken
soll.
(geht ab.)


Zweite Abtheilung.
Caspar. Da ſind wir immer denſelben Weg
vom Thurm um den Wall gegangen, da haben
wir mal im Forſt einem Haaſen aufgelauert, da
hat Euch das Fraͤulein von den Roͤmiſchen Bur-
gemeiſtern und von Troja vorgeleſen, und ſo einen
Tag wie alle Tage, und damit ſeid Ihr gleichſam
hier ganz eingeroſtet, Herr.
Hans. Und du glaubſt an keine boͤſen Ahn-
dungen, Caspar?
Caspar. Man kann eben nicht wiſſen, wie
es damit iſt, und darum glaub ich halt nicht daran,
Herr: ſeht, das iſt ſo mein Grundſatz daruͤber.
Hans. Haſt recht, Caspar, wenn man es
ſich genau uͤberlegt. — Nun, ſo lebt wohl! —
Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh-
ren. — Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd.
(beide
gehn ab.)
Brigitte. (allein) Vor Leopold ſoll ich mich
huͤten? — Dann muß man ſich gewiß vor allen
Menſchen huͤten, auch vor den allerbeſten, denn
er iſt doch die Liebe und Unſchuld ſelbſt. Aber
das Alter ſieht alles mit andern Augen an, und
die Jugend weiß daruͤber nicht, was ſie denken
ſoll.
(geht ab.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0061" n="52"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
              <sp who="#CAS">
                <speaker><hi rendition="#g">Caspar</hi>.</speaker>
                <p>Da &#x017F;ind wir immer den&#x017F;elben Weg<lb/>
vom Thurm um den Wall gegangen, da haben<lb/>
wir mal im For&#x017F;t einem Haa&#x017F;en aufgelauert, da<lb/>
hat Euch das Fra&#x0364;ulein von den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Bur-<lb/>
gemei&#x017F;tern und von Troja vorgele&#x017F;en, und &#x017F;o einen<lb/>
Tag wie alle Tage, und damit &#x017F;eid Ihr gleich&#x017F;am<lb/>
hier ganz eingero&#x017F;tet, Herr.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HAN">
                <speaker><hi rendition="#g">Hans</hi>.</speaker>
                <p>Und du glaub&#x017F;t an keine bo&#x0364;&#x017F;en Ahn-<lb/>
dungen, Caspar?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#CAS">
                <speaker><hi rendition="#g">Caspar</hi>.</speaker>
                <p>Man kann eben nicht wi&#x017F;&#x017F;en, wie<lb/>
es damit i&#x017F;t, und darum glaub ich halt nicht daran,<lb/>
Herr: &#x017F;eht, das i&#x017F;t &#x017F;o mein Grund&#x017F;atz daru&#x0364;ber.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HAN">
                <speaker><hi rendition="#g">Hans</hi>. </speaker>
                <p>Ha&#x017F;t recht, Caspar, wenn man es<lb/>
&#x017F;ich genau u&#x0364;berlegt. &#x2014; Nun, &#x017F;o lebt wohl! &#x2014;<lb/>
Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh-<lb/>
ren. &#x2014; Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd.</p>
                <stage>(beide<lb/>
gehn ab.)</stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#BRI">
                <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker>
                <stage>(allein)</stage>
                <p>Vor Leopold &#x017F;oll ich mich<lb/>
hu&#x0364;ten? &#x2014; Dann muß man &#x017F;ich gewiß vor allen<lb/>
Men&#x017F;chen hu&#x0364;ten, auch vor den allerbe&#x017F;ten, denn<lb/>
er i&#x017F;t doch die Liebe und Un&#x017F;chuld &#x017F;elb&#x017F;t. Aber<lb/>
das Alter &#x017F;ieht alles mit andern Augen an, und<lb/>
die Jugend weiß daru&#x0364;ber nicht, was &#x017F;ie denken<lb/>
&#x017F;oll.</p>
                <stage>(geht ab.)</stage>
              </sp>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0061] Zweite Abtheilung. Caspar. Da ſind wir immer denſelben Weg vom Thurm um den Wall gegangen, da haben wir mal im Forſt einem Haaſen aufgelauert, da hat Euch das Fraͤulein von den Roͤmiſchen Bur- gemeiſtern und von Troja vorgeleſen, und ſo einen Tag wie alle Tage, und damit ſeid Ihr gleichſam hier ganz eingeroſtet, Herr. Hans. Und du glaubſt an keine boͤſen Ahn- dungen, Caspar? Caspar. Man kann eben nicht wiſſen, wie es damit iſt, und darum glaub ich halt nicht daran, Herr: ſeht, das iſt ſo mein Grundſatz daruͤber. Hans. Haſt recht, Caspar, wenn man es ſich genau uͤberlegt. — Nun, ſo lebt wohl! — Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh- ren. — Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd. (beide gehn ab.) Brigitte. (allein) Vor Leopold ſoll ich mich huͤten? — Dann muß man ſich gewiß vor allen Menſchen huͤten, auch vor den allerbeſten, denn er iſt doch die Liebe und Unſchuld ſelbſt. Aber das Alter ſieht alles mit andern Augen an, und die Jugend weiß daruͤber nicht, was ſie denken ſoll. (geht ab.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/61
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/61>, abgerufen am 21.11.2024.