Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der Blaubart. Geheimniß, -- ich wollte Euch in einer Sache umRath fragen. Arzt. Ich stehe zu Eurem Befehl. Hugo. Ich weiß nicht, -- ich mag ungern davon sprechen, -- und es macht mich böse. -- Arzt. Herr Ritter -- Hugo. Nun, seid nur still, seid ruhig, ich will mich in Acht nehmen, daß ich nicht zornig werde, aber hört mir ruhig zu: -- die Leute sa- gen, ich hätte einen blauen Bart, -- ich weiß nicht, ich sehe eben nicht viel in den Spiegel, -- betrachtet mich einmal genau, und sagt mir die aufrichtige Wahrheit. Arzt. Ich könnte eben nicht sagen, -- ich muß Euch gestehn, es kömmt viel auf die Beleuch- tung an, -- blau eben nicht, das nun wohl nicht, -- aber so gleichsam bläulich, -- aber es verstellt Euer Ansehn gar nicht, im Gegentheil, es giebt Euch ein gewisses männliches Wesen. Hugo. Man sagt mir doch, es wäre wi- derlich. Arzt. Nicht im mindesten, und gewiß, wenn Ihr im Schatten steht, sieht Euer Bart aus, wie jeder andre Bart, -- und wer nicht ein recht schar- fes Gesicht hat, findet auch in der Sonne keinen Unterschied. Hugo. Nun mags seyn, wies will; wißt Ihr kein Mittel dagegen? Arzt. Die Arbeiter in den Kupferwerken kriegen grünes Haar; aber Ihr habt den Scha- den von Natur? Nicht wahr? Der Blaubart. Geheimniß, — ich wollte Euch in einer Sache umRath fragen. Arzt. Ich ſtehe zu Eurem Befehl. Hugo. Ich weiß nicht, — ich mag ungern davon ſprechen, — und es macht mich boͤſe. — Arzt. Herr Ritter — Hugo. Nun, ſeid nur ſtill, ſeid ruhig, ich will mich in Acht nehmen, daß ich nicht zornig werde, aber hoͤrt mir ruhig zu: — die Leute ſa- gen, ich haͤtte einen blauen Bart, — ich weiß nicht, ich ſehe eben nicht viel in den Spiegel, — betrachtet mich einmal genau, und ſagt mir die aufrichtige Wahrheit. Arzt. Ich koͤnnte eben nicht ſagen, — ich muß Euch geſtehn, es koͤmmt viel auf die Beleuch- tung an, — blau eben nicht, das nun wohl nicht, — aber ſo gleichſam blaͤulich, — aber es verſtellt Euer Anſehn gar nicht, im Gegentheil, es giebt Euch ein gewiſſes maͤnnliches Weſen. Hugo. Man ſagt mir doch, es waͤre wi- derlich. Arzt. Nicht im mindeſten, und gewiß, wenn Ihr im Schatten ſteht, ſieht Euer Bart aus, wie jeder andre Bart, — und wer nicht ein recht ſchar- fes Geſicht hat, findet auch in der Sonne keinen Unterſchied. Hugo. Nun mags ſeyn, wies will; wißt Ihr kein Mittel dagegen? Arzt. Die Arbeiter in den Kupferwerken kriegen gruͤnes Haar; aber Ihr habt den Scha- den von Natur? Nicht wahr? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#HUGO"> <p><pb facs="#f0070" n="61"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Blaubart</hi>.</fw><lb/> Geheimniß, — ich wollte Euch in einer Sache um<lb/> Rath fragen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker> <p>Ich ſtehe zu Eurem Befehl.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Ich weiß nicht, — ich mag ungern<lb/> davon ſprechen, — und es macht mich boͤſe. —</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker> <p>Herr Ritter —</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Nun, ſeid nur ſtill, ſeid ruhig, ich<lb/> will mich in Acht nehmen, daß ich nicht zornig<lb/> werde, aber hoͤrt mir ruhig zu: — die Leute ſa-<lb/> gen, ich haͤtte einen blauen Bart, — ich weiß<lb/> nicht, ich ſehe eben nicht viel in den Spiegel, —<lb/> betrachtet mich einmal genau, und ſagt mir die<lb/> aufrichtige Wahrheit.</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker> <p>Ich koͤnnte eben nicht ſagen, — ich<lb/> muß Euch geſtehn, es koͤmmt viel auf die Beleuch-<lb/> tung an, — blau eben nicht, das nun wohl nicht,<lb/> — aber ſo gleichſam blaͤulich, — aber es verſtellt<lb/> Euer Anſehn gar nicht, im Gegentheil, es giebt<lb/> Euch ein gewiſſes maͤnnliches Weſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Man ſagt mir doch, es waͤre wi-<lb/> derlich.</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker> <p>Nicht im mindeſten, und gewiß, wenn<lb/> Ihr im Schatten ſteht, ſieht Euer Bart aus, wie<lb/> jeder andre Bart, — und wer nicht ein recht ſchar-<lb/> fes Geſicht hat, findet auch in der Sonne keinen<lb/> Unterſchied.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Nun mags ſeyn, wies will; wißt<lb/> Ihr kein Mittel dagegen?</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker> <p>Die Arbeiter in den Kupferwerken<lb/> kriegen gruͤnes Haar; aber Ihr habt den Scha-<lb/> den von Natur? Nicht wahr?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0070]
Der Blaubart.
Geheimniß, — ich wollte Euch in einer Sache um
Rath fragen.
Arzt. Ich ſtehe zu Eurem Befehl.
Hugo. Ich weiß nicht, — ich mag ungern
davon ſprechen, — und es macht mich boͤſe. —
Arzt. Herr Ritter —
Hugo. Nun, ſeid nur ſtill, ſeid ruhig, ich
will mich in Acht nehmen, daß ich nicht zornig
werde, aber hoͤrt mir ruhig zu: — die Leute ſa-
gen, ich haͤtte einen blauen Bart, — ich weiß
nicht, ich ſehe eben nicht viel in den Spiegel, —
betrachtet mich einmal genau, und ſagt mir die
aufrichtige Wahrheit.
Arzt. Ich koͤnnte eben nicht ſagen, — ich
muß Euch geſtehn, es koͤmmt viel auf die Beleuch-
tung an, — blau eben nicht, das nun wohl nicht,
— aber ſo gleichſam blaͤulich, — aber es verſtellt
Euer Anſehn gar nicht, im Gegentheil, es giebt
Euch ein gewiſſes maͤnnliches Weſen.
Hugo. Man ſagt mir doch, es waͤre wi-
derlich.
Arzt. Nicht im mindeſten, und gewiß, wenn
Ihr im Schatten ſteht, ſieht Euer Bart aus, wie
jeder andre Bart, — und wer nicht ein recht ſchar-
fes Geſicht hat, findet auch in der Sonne keinen
Unterſchied.
Hugo. Nun mags ſeyn, wies will; wißt
Ihr kein Mittel dagegen?
Arzt. Die Arbeiter in den Kupferwerken
kriegen gruͤnes Haar; aber Ihr habt den Scha-
den von Natur? Nicht wahr?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |