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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Des ganzen, langen Lebens klug gehandelt.
Warum, Verblendeter, erflehtest Du
Von jener hohen Göttinn Weisheit nicht?
Jezt sag' ich's mir, jetzo, da es zu spät,
Daß es nur kind'sche Unbesonnenheit,
Nur Vorwitz war und eitle Prahlerei
Die Rosse anzufeilschen: waren keine
Sonst in der ganzen weiten Welt als diese?
Es brannte Dir das ungewohnte Geld
In deiner Tasche, Pferde, Hunde, Jagd,
Bediente, Falken, war dein erstes Denken,
Noch ehe du den Hunger selbst gestillt,
Und reiztest drum die Willkühr des Gewalt'gen,
Der ohne Recht und Billigkeit dir droht,
Sich deines Schatzes zu bemeistern. Alles
Was ich besaß hat man mir abgenommen,
Den Dolch, das Gold und jenen Zaubersäckel;
Der einzge Trost ist nur, daß wenn ich sterbe
Auch dieser keinem andern frommt, denn so
Verhieß die Gütge, daß er nur sich fülle
So lange ich, der Mein'gen einer lebe.
Vielleicht kann ich mein Leben noch erbetteln,
Wenn ich das Gold weggebe; doch kein Wort
Von jenem Zauber komm' aus meinem Munde,
Wenn es die Gierigen nicht schon entdeckt.

Der Graf und der Richter treten ein, sie setzen
sich, Schergen umher.
Richter.
Tritt vor, Malefikant! Wie heißest Du?

Zweite Abtheilung.
Des ganzen, langen Lebens klug gehandelt.
Warum, Verblendeter, erflehteſt Du
Von jener hohen Goͤttinn Weisheit nicht?
Jezt ſag' ich's mir, jetzo, da es zu ſpaͤt,
Daß es nur kind'ſche Unbeſonnenheit,
Nur Vorwitz war und eitle Prahlerei
Die Roſſe anzufeilſchen: waren keine
Sonſt in der ganzen weiten Welt als dieſe?
Es brannte Dir das ungewohnte Geld
In deiner Taſche, Pferde, Hunde, Jagd,
Bediente, Falken, war dein erſtes Denken,
Noch ehe du den Hunger ſelbſt geſtillt,
Und reizteſt drum die Willkuͤhr des Gewalt'gen,
Der ohne Recht und Billigkeit dir droht,
Sich deines Schatzes zu bemeiſtern. Alles
Was ich beſaß hat man mir abgenommen,
Den Dolch, das Gold und jenen Zauberſaͤckel;
Der einzge Troſt iſt nur, daß wenn ich ſterbe
Auch dieſer keinem andern frommt, denn ſo
Verhieß die Guͤtge, daß er nur ſich fuͤlle
So lange ich, der Mein'gen einer lebe.
Vielleicht kann ich mein Leben noch erbetteln,
Wenn ich das Gold weggebe; doch kein Wort
Von jenem Zauber komm' aus meinem Munde,
Wenn es die Gierigen nicht ſchon entdeckt.

Der Graf und der Richter treten ein, ſie ſetzen
ſich, Schergen umher.
Richter.
Tritt vor, Malefikant! Wie heißeſt Du?

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[126/0136] Zweite Abtheilung. Des ganzen, langen Lebens klug gehandelt. Warum, Verblendeter, erflehteſt Du Von jener hohen Goͤttinn Weisheit nicht? Jezt ſag' ich's mir, jetzo, da es zu ſpaͤt, Daß es nur kind'ſche Unbeſonnenheit, Nur Vorwitz war und eitle Prahlerei Die Roſſe anzufeilſchen: waren keine Sonſt in der ganzen weiten Welt als dieſe? Es brannte Dir das ungewohnte Geld In deiner Taſche, Pferde, Hunde, Jagd, Bediente, Falken, war dein erſtes Denken, Noch ehe du den Hunger ſelbſt geſtillt, Und reizteſt drum die Willkuͤhr des Gewalt'gen, Der ohne Recht und Billigkeit dir droht, Sich deines Schatzes zu bemeiſtern. Alles Was ich beſaß hat man mir abgenommen, Den Dolch, das Gold und jenen Zauberſaͤckel; Der einzge Troſt iſt nur, daß wenn ich ſterbe Auch dieſer keinem andern frommt, denn ſo Verhieß die Guͤtge, daß er nur ſich fuͤlle So lange ich, der Mein'gen einer lebe. Vielleicht kann ich mein Leben noch erbetteln, Wenn ich das Gold weggebe; doch kein Wort Von jenem Zauber komm' aus meinem Munde, Wenn es die Gierigen nicht ſchon entdeckt. Der Graf und der Richter treten ein, ſie ſetzen ſich, Schergen umher. Richter. Tritt vor, Malefikant! Wie heißeſt Du?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/136>, abgerufen am 21.11.2024.