Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Mein Leopold, geh nochmals in die Ferne, Und rufe laut, vielleicht vernimmt man Dich. Leopold. Wenn ich die Richtung nur behalten hätte, So komm ich wohl dem Kloster immer ferner. (er geht, man hört ihn nachher fern rufen.) Fortunat. Bisher konnt' ich noch stets von Unglück sagen Wenn mich mein leichter Sinn in Thorheit führte: Der Graf von Flandern wollte mich beschimpfen, In London ward von Weibern ich betrogen Und falschen Freunden, wie so oft geschieht, Nur Unglück war es, was mich in den Sturz Des Hieronymus verwickelte; Auch war's allein nicht Unbesonnenheit Die mich zum Kerker des Waldgrafen führte? Doch das, was mich auf diesen Stein gesetzt Ist nur mein eigner dumpfer, schwacher Sinn. Nun hilf Dir, Thor! Was nützt Dir nun Dein Säckel? In diese finstern Todeskammern mag Selbst niemals nicht die heitre Göttinn dringen. -- Mein Leopold! o weh, er ist versunken, -- Weit ab verirrt -- und jeder stirbt dann einzeln, Selbst ohne Freundestrost in lezter Stunde -- Mein Leopold! -- Auch ihn stürzt ich dem Tode In seinen grausenvollen Schlund hinein? He! Leopold! Leopold. (ganz fern.) Herr Graf! Zweite Abtheilung. Mein Leopold, geh nochmals in die Ferne, Und rufe laut, vielleicht vernimmt man Dich. Leopold. Wenn ich die Richtung nur behalten haͤtte, So komm ich wohl dem Kloſter immer ferner. (er geht, man hoͤrt ihn nachher fern rufen.) Fortunat. Bisher konnt' ich noch ſtets von Ungluͤck ſagen Wenn mich mein leichter Sinn in Thorheit fuͤhrte: Der Graf von Flandern wollte mich beſchimpfen, In London ward von Weibern ich betrogen Und falſchen Freunden, wie ſo oft geſchieht, Nur Ungluͤck war es, was mich in den Sturz Des Hieronymus verwickelte; Auch war's allein nicht Unbeſonnenheit Die mich zum Kerker des Waldgrafen fuͤhrte? Doch das, was mich auf dieſen Stein geſetzt Iſt nur mein eigner dumpfer, ſchwacher Sinn. Nun hilf Dir, Thor! Was nuͤtzt Dir nun Dein Saͤckel? In dieſe finſtern Todeskammern mag Selbſt niemals nicht die heitre Goͤttinn dringen. — Mein Leopold! o weh, er iſt verſunken, — Weit ab verirrt — und jeder ſtirbt dann einzeln, Selbſt ohne Freundestroſt in lezter Stunde — Mein Leopold! — Auch ihn ſtuͤrzt ich dem Tode In ſeinen grauſenvollen Schlund hinein? He! Leopold! Leopold. (ganz fern.) Herr Graf! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#FORT"> <pb facs="#f0156" n="146"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <p>Mein Leopold, geh nochmals in die Ferne,<lb/> Und rufe laut, vielleicht vernimmt man Dich.</p> </sp><lb/> <sp who="#Leopold"> <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker><lb/> <p>Wenn ich die Richtung nur behalten haͤtte,<lb/> So komm ich wohl dem Kloſter immer ferner.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(er geht, man hoͤrt ihn nachher fern rufen.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/> <p>Bisher konnt' ich noch ſtets von Ungluͤck ſagen<lb/> Wenn mich mein leichter Sinn in Thorheit fuͤhrte:<lb/> Der Graf von Flandern wollte mich beſchimpfen,<lb/> In London ward von Weibern ich betrogen<lb/> Und falſchen Freunden, wie ſo oft geſchieht,<lb/> Nur Ungluͤck war es, was mich in den Sturz<lb/> Des Hieronymus verwickelte;<lb/> Auch war's allein nicht Unbeſonnenheit<lb/> Die mich zum Kerker des Waldgrafen fuͤhrte?<lb/> Doch das, was mich auf dieſen Stein geſetzt<lb/> Iſt nur mein eigner dumpfer, ſchwacher Sinn.<lb/> Nun hilf Dir, Thor! Was nuͤtzt Dir nun Dein<lb/><hi rendition="#et">Saͤckel?</hi><lb/> In dieſe finſtern Todeskammern mag<lb/> Selbſt niemals nicht die heitre Goͤttinn dringen. —<lb/> Mein Leopold! o weh, er iſt verſunken, —<lb/> Weit ab verirrt — und jeder ſtirbt dann einzeln,<lb/> Selbſt ohne Freundestroſt in lezter Stunde —<lb/> Mein Leopold! — Auch ihn ſtuͤrzt ich dem Tode<lb/> In ſeinen grauſenvollen Schlund hinein?<lb/> He! Leopold!</p> </sp><lb/> <sp who="#Leopold"> <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker> <stage>(ganz fern.)</stage><lb/> <p>Herr Graf!</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0156]
Zweite Abtheilung.
Mein Leopold, geh nochmals in die Ferne,
Und rufe laut, vielleicht vernimmt man Dich.
Leopold.
Wenn ich die Richtung nur behalten haͤtte,
So komm ich wohl dem Kloſter immer ferner.
(er geht, man hoͤrt ihn nachher fern rufen.)
Fortunat.
Bisher konnt' ich noch ſtets von Ungluͤck ſagen
Wenn mich mein leichter Sinn in Thorheit fuͤhrte:
Der Graf von Flandern wollte mich beſchimpfen,
In London ward von Weibern ich betrogen
Und falſchen Freunden, wie ſo oft geſchieht,
Nur Ungluͤck war es, was mich in den Sturz
Des Hieronymus verwickelte;
Auch war's allein nicht Unbeſonnenheit
Die mich zum Kerker des Waldgrafen fuͤhrte?
Doch das, was mich auf dieſen Stein geſetzt
Iſt nur mein eigner dumpfer, ſchwacher Sinn.
Nun hilf Dir, Thor! Was nuͤtzt Dir nun Dein
Saͤckel?
In dieſe finſtern Todeskammern mag
Selbſt niemals nicht die heitre Goͤttinn dringen. —
Mein Leopold! o weh, er iſt verſunken, —
Weit ab verirrt — und jeder ſtirbt dann einzeln,
Selbſt ohne Freundestroſt in lezter Stunde —
Mein Leopold! — Auch ihn ſtuͤrzt ich dem Tode
In ſeinen grauſenvollen Schlund hinein?
He! Leopold!
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Herr Graf!
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