Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Sklaverei! -- Wie ich es nur durch meine Sün-den verdient habe, daß ich bei den Großthuern hier Noth und Kummer leiden muß. (geht ab.) Gratiana. Das ist ein Elend mit dem Ge- sinde! Und vollends, wenn sie Recht haben. Theodor (tritt ein). Gratiana. Nun, mein geliebter Gatte? Theodor.. Wieder nichts! Wohin ich komme, will man mich nicht kennen. Armuth wird mehr als Ansteckung vermieden: Dieselben, die mich sonst geherzt, geküßt, Die mir Vermögen, Blut und Leben boten, Sind jezt mit: geht's Euch wohl? -- es thut mir leid, Ein andermal -- und solchen Reden fertig. Noch andre thun, als kennen sie mich nicht; Bediente müssen jene ganz verläugnen; Der reiste über Land und der ist krank: Graf Nimian, der so oft an diesem Tisch, In diesem Armstuhl saß, und sich recht gut Den Wein und meine Tafel schmecken ließ, Ist jezt ein hoher fremder Moralist: Es thut mir leid, daß man nicht besser haushielt, Man wollt' es stets dem höchsten Adel gleich thun, Verließ die Sphäre, flog den falschen Flug, Der Hänfling ist für Adler nicht geboren -- -- O ich bin müd', gieb mir 'nen Becher Wein. Gratiana. Das sind die Tischfreund', unsre theuren Freunde, Zweite Abtheilung. Sklaverei! — Wie ich es nur durch meine Suͤn-den verdient habe, daß ich bei den Großthuern hier Noth und Kummer leiden muß. (geht ab.) Gratiana. Das iſt ein Elend mit dem Ge- ſinde! Und vollends, wenn ſie Recht haben. Theodor (tritt ein). Gratiana. Nun, mein geliebter Gatte? Theodor.. Wieder nichts! Wohin ich komme, will man mich nicht kennen. Armuth wird mehr als Anſteckung vermieden: Dieſelben, die mich ſonſt geherzt, gekuͤßt, Die mir Vermoͤgen, Blut und Leben boten, Sind jezt mit: geht's Euch wohl? — es thut mir leid, Ein andermal — und ſolchen Reden fertig. Noch andre thun, als kennen ſie mich nicht; Bediente muͤſſen jene ganz verlaͤugnen; Der reiſte uͤber Land und der iſt krank: Graf Nimian, der ſo oft an dieſem Tiſch, In dieſem Armſtuhl ſaß, und ſich recht gut Den Wein und meine Tafel ſchmecken ließ, Iſt jezt ein hoher fremder Moraliſt: Es thut mir leid, daß man nicht beſſer haushielt, Man wollt' es ſtets dem hoͤchſten Adel gleich thun, Verließ die Sphaͤre, flog den falſchen Flug, Der Haͤnfling iſt fuͤr Adler nicht geboren — — O ich bin muͤd', gieb mir 'nen Becher Wein. Gratiana. Das ſind die Tiſchfreund', unſre theuren Freunde, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#LUCIE"> <p><pb facs="#f0018" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Sklaverei! — Wie ich es nur durch meine Suͤn-<lb/> den verdient habe, daß ich bei den Großthuern<lb/> hier Noth und Kummer leiden muß.</p> <stage>(geht ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#GRATIANA"> <speaker><hi rendition="#g">Gratiana</hi>.</speaker> <p>Das iſt ein Elend mit dem Ge-<lb/> ſinde! Und vollends, wenn ſie Recht haben.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Theodor</hi> (tritt ein).</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#GRATIANA"> <speaker><hi rendition="#g">Gratiana</hi>.</speaker><lb/> <p>Nun, mein geliebter Gatte?</p> </sp><lb/> <sp who="#THEO"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>..</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Wieder nichts!</hi><lb/> Wohin ich komme, will man mich nicht kennen.<lb/> Armuth wird mehr als Anſteckung vermieden:<lb/> Dieſelben, die mich ſonſt geherzt, gekuͤßt,<lb/> Die mir Vermoͤgen, Blut und Leben boten,<lb/> Sind jezt mit: geht's Euch wohl? — es thut mir leid,<lb/> Ein andermal — und ſolchen Reden fertig.<lb/> Noch andre thun, als kennen ſie mich nicht;<lb/> Bediente muͤſſen jene ganz verlaͤugnen;<lb/> Der reiſte uͤber Land und der iſt krank:<lb/> Graf Nimian, der ſo oft an dieſem Tiſch,<lb/> In dieſem Armſtuhl ſaß, und ſich recht gut<lb/> Den Wein und meine Tafel ſchmecken ließ,<lb/> Iſt jezt ein hoher fremder Moraliſt:<lb/> Es thut mir leid, daß man nicht beſſer haushielt,<lb/> Man wollt' es ſtets dem hoͤchſten Adel gleich thun,<lb/> Verließ die Sphaͤre, flog den falſchen Flug,<lb/> Der Haͤnfling iſt fuͤr Adler nicht geboren — —<lb/> O ich bin muͤd', gieb mir 'nen Becher Wein.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRATIANA"> <speaker><hi rendition="#g">Gratiana</hi>.</speaker><lb/> <p>Das ſind die Tiſchfreund', unſre theuren Freunde,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0018]
Zweite Abtheilung.
Sklaverei! — Wie ich es nur durch meine Suͤn-
den verdient habe, daß ich bei den Großthuern
hier Noth und Kummer leiden muß. (geht ab.)
Gratiana. Das iſt ein Elend mit dem Ge-
ſinde! Und vollends, wenn ſie Recht haben.
Theodor (tritt ein).
Gratiana.
Nun, mein geliebter Gatte?
Theodor..
Wieder nichts!
Wohin ich komme, will man mich nicht kennen.
Armuth wird mehr als Anſteckung vermieden:
Dieſelben, die mich ſonſt geherzt, gekuͤßt,
Die mir Vermoͤgen, Blut und Leben boten,
Sind jezt mit: geht's Euch wohl? — es thut mir leid,
Ein andermal — und ſolchen Reden fertig.
Noch andre thun, als kennen ſie mich nicht;
Bediente muͤſſen jene ganz verlaͤugnen;
Der reiſte uͤber Land und der iſt krank:
Graf Nimian, der ſo oft an dieſem Tiſch,
In dieſem Armſtuhl ſaß, und ſich recht gut
Den Wein und meine Tafel ſchmecken ließ,
Iſt jezt ein hoher fremder Moraliſt:
Es thut mir leid, daß man nicht beſſer haushielt,
Man wollt' es ſtets dem hoͤchſten Adel gleich thun,
Verließ die Sphaͤre, flog den falſchen Flug,
Der Haͤnfling iſt fuͤr Adler nicht geboren — —
O ich bin muͤd', gieb mir 'nen Becher Wein.
Gratiana.
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