Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Weil Ihr mich fragt, so sag ich, was ich dachte,
Es schien mir nur, der Schwester gegenüber,
Wärt Ihr zum Dichter selber schon geworden.
Marfisa.
Nur wenig noch waren am Hof' die Kinder,
Weil wir zumeist auf unsern Gütern lebten,
Doch ließ ich sie erziehn nach ihrem Stande,
Tanz, Lautenspiel, die Sprachen und Gesang
Sind ihnen wenigstens nicht fremd. Verzeiht,
Wenn wir Euch einen Augenblick verlassen.
Wir kleiden uns ein wenig um, der Ehre
Des edlen Gastes unwerth nicht zu scheinen,
Und nach der Mahlzeit Euch zur Stadt zu folgen.
Herr Graf, auf Wiedersehn in kurzer Frist.
Fortunat.
Die schönen Gänge werd' ich hier durchwandeln
Und einsam nicht, denn diese süßen Bilder,
Der Klang der holden Rede folgen mir,
Mit Strahlenfittig meinen Sinn umgaukelnd.
(die Damen gehn ab.)
Bleib, Leopold, ihr andern all verlaßt mich. --
Mein Leopold, ich bin nun fest entschlossen
Mich zu vermählen, häuslich hier zu bleiben,
Du sahst die jungen Fräulein, hörtest sie,
Jetzt rathe mir, welche ich wählen soll.
Leopold.
Mein gnädger Herr, ein jeder Rath ist mißlich,
Allein beim Ehestand am allermeisten,
Ich selber bin noch leidlich durchgekommen,
Doch fühlt ich, welche schwere Last ich trug;
Seitdem hab ich die Weiber nicht beachtet,
Zweite Abtheilung.
Weil Ihr mich fragt, ſo ſag ich, was ich dachte,
Es ſchien mir nur, der Schweſter gegenuͤber,
Waͤrt Ihr zum Dichter ſelber ſchon geworden.
Marfiſa.
Nur wenig noch waren am Hof' die Kinder,
Weil wir zumeiſt auf unſern Guͤtern lebten,
Doch ließ ich ſie erziehn nach ihrem Stande,
Tanz, Lautenſpiel, die Sprachen und Geſang
Sind ihnen wenigſtens nicht fremd. Verzeiht,
Wenn wir Euch einen Augenblick verlaſſen.
Wir kleiden uns ein wenig um, der Ehre
Des edlen Gaſtes unwerth nicht zu ſcheinen,
Und nach der Mahlzeit Euch zur Stadt zu folgen.
Herr Graf, auf Wiederſehn in kurzer Friſt.
Fortunat.
Die ſchoͤnen Gaͤnge werd' ich hier durchwandeln
Und einſam nicht, denn dieſe ſuͤßen Bilder,
Der Klang der holden Rede folgen mir,
Mit Strahlenfittig meinen Sinn umgaukelnd.
(die Damen gehn ab.)
Bleib, Leopold, ihr andern all verlaßt mich. —
Mein Leopold, ich bin nun feſt entſchloſſen
Mich zu vermaͤhlen, haͤuslich hier zu bleiben,
Du ſahſt die jungen Fraͤulein, hoͤrteſt ſie,
Jetzt rathe mir, welche ich waͤhlen ſoll.
Leopold.
Mein gnaͤdger Herr, ein jeder Rath iſt mißlich,
Allein beim Eheſtand am allermeiſten,
Ich ſelber bin noch leidlich durchgekommen,
Doch fuͤhlt ich, welche ſchwere Laſt ich trug;
Seitdem hab ich die Weiber nicht beachtet,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Ca&#x017F;&#x017F;andra">
                <p><pb facs="#f0216" n="206"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Weil Ihr mich fragt, &#x017F;o &#x017F;ag ich, was ich dachte,<lb/>
Es &#x017F;chien mir nur, der Schwe&#x017F;ter gegenu&#x0364;ber,<lb/>
Wa&#x0364;rt Ihr zum Dichter &#x017F;elber &#x017F;chon geworden.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Marfi&#x017F;a">
                <speaker><hi rendition="#g">Marfi&#x017F;a</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Nur wenig noch waren am Hof' die Kinder,<lb/>
Weil wir zumei&#x017F;t auf un&#x017F;ern Gu&#x0364;tern lebten,<lb/>
Doch ließ ich &#x017F;ie erziehn nach ihrem Stande,<lb/>
Tanz, Lauten&#x017F;piel, die Sprachen und Ge&#x017F;ang<lb/>
Sind ihnen wenig&#x017F;tens nicht fremd. Verzeiht,<lb/>
Wenn wir Euch einen Augenblick verla&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Wir kleiden uns ein wenig um, der Ehre<lb/>
Des edlen Ga&#x017F;tes unwerth nicht zu &#x017F;cheinen,<lb/>
Und nach der Mahlzeit Euch zur Stadt zu folgen.<lb/>
Herr Graf, auf Wieder&#x017F;ehn in kurzer Fri&#x017F;t.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Die &#x017F;cho&#x0364;nen Ga&#x0364;nge werd' ich hier durchwandeln<lb/>
Und ein&#x017F;am nicht, denn die&#x017F;e &#x017F;u&#x0364;ßen Bilder,<lb/>
Der Klang der holden Rede folgen mir,<lb/>
Mit Strahlenfittig meinen Sinn umgaukelnd.<lb/><stage><hi rendition="#et">(die Damen gehn ab.)</hi></stage><lb/>
Bleib, Leopold, ihr andern all verlaßt mich. &#x2014;<lb/>
Mein Leopold, ich bin nun fe&#x017F;t ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Mich zu verma&#x0364;hlen, ha&#x0364;uslich hier zu bleiben,<lb/>
Du &#x017F;ah&#x017F;t die jungen Fra&#x0364;ulein, ho&#x0364;rte&#x017F;t &#x017F;ie,<lb/>
Jetzt rathe mir, welche ich wa&#x0364;hlen &#x017F;oll.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Leopold">
                <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Mein gna&#x0364;dger Herr, ein jeder Rath i&#x017F;t mißlich,<lb/>
Allein beim Ehe&#x017F;tand am allermei&#x017F;ten,<lb/>
Ich &#x017F;elber bin noch leidlich durchgekommen,<lb/>
Doch fu&#x0364;hlt ich, welche &#x017F;chwere La&#x017F;t ich trug;<lb/>
Seitdem hab ich die Weiber nicht beachtet,<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0216] Zweite Abtheilung. Weil Ihr mich fragt, ſo ſag ich, was ich dachte, Es ſchien mir nur, der Schweſter gegenuͤber, Waͤrt Ihr zum Dichter ſelber ſchon geworden. Marfiſa. Nur wenig noch waren am Hof' die Kinder, Weil wir zumeiſt auf unſern Guͤtern lebten, Doch ließ ich ſie erziehn nach ihrem Stande, Tanz, Lautenſpiel, die Sprachen und Geſang Sind ihnen wenigſtens nicht fremd. Verzeiht, Wenn wir Euch einen Augenblick verlaſſen. Wir kleiden uns ein wenig um, der Ehre Des edlen Gaſtes unwerth nicht zu ſcheinen, Und nach der Mahlzeit Euch zur Stadt zu folgen. Herr Graf, auf Wiederſehn in kurzer Friſt. Fortunat. Die ſchoͤnen Gaͤnge werd' ich hier durchwandeln Und einſam nicht, denn dieſe ſuͤßen Bilder, Der Klang der holden Rede folgen mir, Mit Strahlenfittig meinen Sinn umgaukelnd. (die Damen gehn ab.) Bleib, Leopold, ihr andern all verlaßt mich. — Mein Leopold, ich bin nun feſt entſchloſſen Mich zu vermaͤhlen, haͤuslich hier zu bleiben, Du ſahſt die jungen Fraͤulein, hoͤrteſt ſie, Jetzt rathe mir, welche ich waͤhlen ſoll. Leopold. Mein gnaͤdger Herr, ein jeder Rath iſt mißlich, Allein beim Eheſtand am allermeiſten, Ich ſelber bin noch leidlich durchgekommen, Doch fuͤhlt ich, welche ſchwere Laſt ich trug; Seitdem hab ich die Weiber nicht beachtet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/216
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/216>, abgerufen am 13.05.2024.