Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Als die er sich erwählt gelt' ich als Thor,Als alter eigensinn'ger Wunderlich, Und er trägt mir es wohl zeitlebens nach, Und sie noch mehr, denn sie erfährt es doch, Ich mag nun wider ich mag für sie stimmen. So steh' ich endlich doch auf jenem Punkt, Den ich mit Klugheit stets vermeiden wollte, Daß seine Gunst am Zufalls-Faden hängt. Es hat noch keinen reichen Mann gegeben Dem seine Laune nicht Gesetz gewesen. Fortunat kömmt zurück. Fortunat. Nun, lieber Freund, hast Du das Wort ge- funden? Leopold. Mein gnäd'ger Herr, Ihr würdigt mich zu hoch So ernster Sache Euch bei mir befragend, Doch wag' ich auch sehr viel in Eurer Gunst: Sagt Ihr zuerst die Meinung wißt Ihr wohl, Daß ich um nichts Euch widersprechen würde, Drum wollt Ihr, zu erfahren, wie ich denke, Daß ich mit meinem Rathe Euch vorangeh, Treff' ich nicht Euren Sinn, so zürnt Ihr mir, Auch wenn Ihr anders wollt, im Stillen fort, Ihr stutzt, und ich weiß nicht, wie Ihrs gemeint: Laßt beid' uns drum zugleich durch Zeichen sprechen: Es stehn der Blumen viele dicht im Garten, Die Lilien mögen Adelheit bedeuten, Die bunten Nelken hier Cephisens Nahmen, Cassan-
Zweite Abtheilung. Als die er ſich erwaͤhlt gelt' ich als Thor,Als alter eigenſinn'ger Wunderlich, Und er traͤgt mir es wohl zeitlebens nach, Und ſie noch mehr, denn ſie erfaͤhrt es doch, Ich mag nun wider ich mag fuͤr ſie ſtimmen. So ſteh' ich endlich doch auf jenem Punkt, Den ich mit Klugheit ſtets vermeiden wollte, Daß ſeine Gunſt am Zufalls-Faden haͤngt. Es hat noch keinen reichen Mann gegeben Dem ſeine Laune nicht Geſetz geweſen. Fortunat koͤmmt zuruͤck. Fortunat. Nun, lieber Freund, haſt Du das Wort ge- funden? Leopold. Mein gnaͤd'ger Herr, Ihr wuͤrdigt mich zu hoch So ernſter Sache Euch bei mir befragend, Doch wag' ich auch ſehr viel in Eurer Gunſt: Sagt Ihr zuerſt die Meinung wißt Ihr wohl, Daß ich um nichts Euch widerſprechen wuͤrde, Drum wollt Ihr, zu erfahren, wie ich denke, Daß ich mit meinem Rathe Euch vorangeh, Treff' ich nicht Euren Sinn, ſo zuͤrnt Ihr mir, Auch wenn Ihr anders wollt, im Stillen fort, Ihr ſtutzt, und ich weiß nicht, wie Ihrs gemeint: Laßt beid' uns drum zugleich durch Zeichen ſprechen: Es ſtehn der Blumen viele dicht im Garten, Die Lilien moͤgen Adelheit bedeuten, Die bunten Nelken hier Cephiſens Nahmen, Caſſan-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Leopold"> <p><pb facs="#f0218" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Als die er ſich erwaͤhlt gelt' ich als Thor,<lb/> Als alter eigenſinn'ger Wunderlich,<lb/> Und er traͤgt mir es wohl zeitlebens nach,<lb/> Und ſie noch mehr, denn ſie erfaͤhrt es doch,<lb/> Ich mag nun wider ich mag fuͤr ſie ſtimmen.<lb/> So ſteh' ich endlich doch auf jenem Punkt,<lb/> Den ich mit Klugheit ſtets vermeiden wollte,<lb/> Daß ſeine Gunſt am Zufalls-Faden haͤngt.<lb/> Es hat noch keinen reichen Mann gegeben<lb/> Dem ſeine Laune nicht Geſetz geweſen.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Fortunat</hi> koͤmmt zuruͤck.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/> <p>Nun, lieber Freund, haſt Du das Wort ge-<lb/><hi rendition="#et">funden?</hi></p> </sp><lb/> <sp who="#Leopold"> <speaker><hi rendition="#g">Leopold</hi>.</speaker><lb/> <p>Mein gnaͤd'ger Herr, Ihr wuͤrdigt mich zu<lb/><hi rendition="#et">hoch</hi><lb/> So ernſter Sache Euch bei mir befragend,<lb/> Doch wag' ich auch ſehr viel in Eurer Gunſt:<lb/> Sagt Ihr zuerſt die Meinung wißt Ihr wohl,<lb/> Daß ich um nichts Euch widerſprechen wuͤrde,<lb/> Drum wollt Ihr, zu erfahren, wie ich denke,<lb/> Daß ich mit meinem Rathe Euch vorangeh,<lb/> Treff' ich nicht Euren Sinn, ſo zuͤrnt Ihr mir,<lb/> Auch wenn Ihr anders wollt, im Stillen fort,<lb/> Ihr ſtutzt, und ich weiß nicht, wie Ihrs gemeint:<lb/> Laßt beid' uns drum zugleich durch Zeichen ſprechen:<lb/> Es ſtehn der Blumen viele dicht im Garten,<lb/> Die Lilien moͤgen Adelheit bedeuten,<lb/> Die bunten Nelken hier Cephiſens Nahmen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Caſſan-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0218]
Zweite Abtheilung.
Als die er ſich erwaͤhlt gelt' ich als Thor,
Als alter eigenſinn'ger Wunderlich,
Und er traͤgt mir es wohl zeitlebens nach,
Und ſie noch mehr, denn ſie erfaͤhrt es doch,
Ich mag nun wider ich mag fuͤr ſie ſtimmen.
So ſteh' ich endlich doch auf jenem Punkt,
Den ich mit Klugheit ſtets vermeiden wollte,
Daß ſeine Gunſt am Zufalls-Faden haͤngt.
Es hat noch keinen reichen Mann gegeben
Dem ſeine Laune nicht Geſetz geweſen.
Fortunat koͤmmt zuruͤck.
Fortunat.
Nun, lieber Freund, haſt Du das Wort ge-
funden?
Leopold.
Mein gnaͤd'ger Herr, Ihr wuͤrdigt mich zu
hoch
So ernſter Sache Euch bei mir befragend,
Doch wag' ich auch ſehr viel in Eurer Gunſt:
Sagt Ihr zuerſt die Meinung wißt Ihr wohl,
Daß ich um nichts Euch widerſprechen wuͤrde,
Drum wollt Ihr, zu erfahren, wie ich denke,
Daß ich mit meinem Rathe Euch vorangeh,
Treff' ich nicht Euren Sinn, ſo zuͤrnt Ihr mir,
Auch wenn Ihr anders wollt, im Stillen fort,
Ihr ſtutzt, und ich weiß nicht, wie Ihrs gemeint:
Laßt beid' uns drum zugleich durch Zeichen ſprechen:
Es ſtehn der Blumen viele dicht im Garten,
Die Lilien moͤgen Adelheit bedeuten,
Die bunten Nelken hier Cephiſens Nahmen,
Caſſan-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |