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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Verständniß dauert fort, sie entflieht endlich --

Entflieht? rief Friedrich; wo in aller Welt
haben Sie das erfahren?

Sie sind zerstreut, sagte Emilie, natürlich
dort im abgeschmackten Theater. Der Prinz
begleitet, der König verfolgt sie, der militai-
rische Bruder nimmt sie gefangen, alles erkennt
und versöhnt sich.

Manfred, der indessen zurückgekommen war,
fiel mit etwas gespannter Lustigkeit ein: Liebste,
verbergen Sie es nicht, daß Sie es eigentlich
gegen die Schuster haben, diese Verkleidung
ist ihnen nicht vornehm und romantisch genug,
wie wir es heut zu Tage nennen. Ginge der
junge hoffnungsvolle Prinz in der Verzweiflung
unter sauber geputzte Gärtner und zöge Blu-
men, würde er vielleicht Forstmann und er-
götzte sich in der Einsamkeit auf dem Waldhorn,
ja würde er Musik- oder sogar Tanzmeister, so
würden Sie die Intrigue verzeihen und auch
wohl interessant finden. Flöhe die Prinzeß et-
wa zu einem guten höchst edlen und liebenswür-
digen Freund ins Gebirge, der sie für den poe-
tischen Geliebten versteckt hielte, so würden sie
das Stück loben.

Wahrscheinlich, sagte Emilie, denn alsdann
hätte die Sache etwas Anständiges, ja Rüh-
rendes.

Denken Sie wirklich, wirklich so? fragte
Friedrich sehr lebhaft.

War-
Zweite Abtheilung.
Verſtaͤndniß dauert fort, ſie entflieht endlich —

Entflieht? rief Friedrich; wo in aller Welt
haben Sie das erfahren?

Sie ſind zerſtreut, ſagte Emilie, natuͤrlich
dort im abgeſchmackten Theater. Der Prinz
begleitet, der Koͤnig verfolgt ſie, der militai-
riſche Bruder nimmt ſie gefangen, alles erkennt
und verſoͤhnt ſich.

Manfred, der indeſſen zuruͤckgekommen war,
fiel mit etwas geſpannter Luſtigkeit ein: Liebſte,
verbergen Sie es nicht, daß Sie es eigentlich
gegen die Schuſter haben, dieſe Verkleidung
iſt ihnen nicht vornehm und romantiſch genug,
wie wir es heut zu Tage nennen. Ginge der
junge hoffnungsvolle Prinz in der Verzweiflung
unter ſauber geputzte Gaͤrtner und zoͤge Blu-
men, wuͤrde er vielleicht Forſtmann und er-
goͤtzte ſich in der Einſamkeit auf dem Waldhorn,
ja wuͤrde er Muſik- oder ſogar Tanzmeiſter, ſo
wuͤrden Sie die Intrigue verzeihen und auch
wohl intereſſant finden. Floͤhe die Prinzeß et-
wa zu einem guten hoͤchſt edlen und liebenswuͤr-
digen Freund ins Gebirge, der ſie fuͤr den poe-
tiſchen Geliebten verſteckt hielte, ſo wuͤrden ſie
das Stuͤck loben.

Wahrſcheinlich, ſagte Emilie, denn alsdann
haͤtte die Sache etwas Anſtaͤndiges, ja Ruͤh-
rendes.

Denken Sie wirklich, wirklich ſo? fragte
Friedrich ſehr lebhaft.

War-
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[240/0250] Zweite Abtheilung. Verſtaͤndniß dauert fort, ſie entflieht endlich — Entflieht? rief Friedrich; wo in aller Welt haben Sie das erfahren? Sie ſind zerſtreut, ſagte Emilie, natuͤrlich dort im abgeſchmackten Theater. Der Prinz begleitet, der Koͤnig verfolgt ſie, der militai- riſche Bruder nimmt ſie gefangen, alles erkennt und verſoͤhnt ſich. Manfred, der indeſſen zuruͤckgekommen war, fiel mit etwas geſpannter Luſtigkeit ein: Liebſte, verbergen Sie es nicht, daß Sie es eigentlich gegen die Schuſter haben, dieſe Verkleidung iſt ihnen nicht vornehm und romantiſch genug, wie wir es heut zu Tage nennen. Ginge der junge hoffnungsvolle Prinz in der Verzweiflung unter ſauber geputzte Gaͤrtner und zoͤge Blu- men, wuͤrde er vielleicht Forſtmann und er- goͤtzte ſich in der Einſamkeit auf dem Waldhorn, ja wuͤrde er Muſik- oder ſogar Tanzmeiſter, ſo wuͤrden Sie die Intrigue verzeihen und auch wohl intereſſant finden. Floͤhe die Prinzeß et- wa zu einem guten hoͤchſt edlen und liebenswuͤr- digen Freund ins Gebirge, der ſie fuͤr den poe- tiſchen Geliebten verſteckt hielte, ſo wuͤrden ſie das Stuͤck loben. Wahrſcheinlich, ſagte Emilie, denn alsdann haͤtte die Sache etwas Anſtaͤndiges, ja Ruͤh- rendes. Denken Sie wirklich, wirklich ſo? fragte Friedrich ſehr lebhaft. War-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/250>, abgerufen am 24.11.2024.