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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
schen Dialekt dieselben Patent-Späße und pri-
vilegirten Empfindsamkeiten der aufgeklärten
Modeschauspiele zu hören. In frühern Zeiten
hatte jede Provinz noch ihre Stücke, die man
selten anderswo sah; aber jetzt kann der Lapp-
länder, indem er im Norden landet, gleich in
Kotzebues Rührung hineinsteigen, und dieselben
Thränen der Empfindung können ihm im nehm-
lichen Stück an der italienischen Südspitze noch
in den Augenwimpern hängen, ja er kann in
Rom und Neapel die übersetzte Rührung ge-
nießen, und rückwärts in Paris und London
dieselben bewegenden Reden in andern Zungen
hören, ja man sagt gar, daß ihn die nehmliche
Erschütterung nach Sibirien, Amerika und In-
dien verfolgt, und in ihr das Gefühl dieser Uni-
versal-Monarchie und der Herrschaft des deut-
schen Geistes.

Urtheilen Sie selbst, fuhr Emilie fort. Es
ist Krieg zwischen England und Schottland, die
Armee der Schotten wird völlig geschlagen, die
beiden Prinzen, die die Anführer waren, sind
ihres Lebens nicht sicher, der eine von ihnen
nimmt Dienste im Heere des Königes von Eng-
land, welcher ihn nicht kennt, der zweite, um
sich noch besser zu verbergen, giebt sich bei ei-
nem Schuster in die Lehre. Diese Scenen sind
nun diejenigen, die eigentlich die spaßhaften des
Stücks seyn sollen. Die englische Prinzeß liebt
aber schon lange diesen zweiten Prinzen, ihr
Zweite Abtheilung.
ſchen Dialekt dieſelben Patent-Spaͤße und pri-
vilegirten Empfindſamkeiten der aufgeklaͤrten
Modeſchauſpiele zu hoͤren. In fruͤhern Zeiten
hatte jede Provinz noch ihre Stuͤcke, die man
ſelten anderswo ſah; aber jetzt kann der Lapp-
laͤnder, indem er im Norden landet, gleich in
Kotzebues Ruͤhrung hineinſteigen, und dieſelben
Thraͤnen der Empfindung koͤnnen ihm im nehm-
lichen Stuͤck an der italieniſchen Suͤdſpitze noch
in den Augenwimpern haͤngen, ja er kann in
Rom und Neapel die uͤberſetzte Ruͤhrung ge-
nießen, und ruͤckwaͤrts in Paris und London
dieſelben bewegenden Reden in andern Zungen
hoͤren, ja man ſagt gar, daß ihn die nehmliche
Erſchuͤtterung nach Sibirien, Amerika und In-
dien verfolgt, und in ihr das Gefuͤhl dieſer Uni-
verſal-Monarchie und der Herrſchaft des deut-
ſchen Geiſtes.

Urtheilen Sie ſelbſt, fuhr Emilie fort. Es
iſt Krieg zwiſchen England und Schottland, die
Armee der Schotten wird voͤllig geſchlagen, die
beiden Prinzen, die die Anfuͤhrer waren, ſind
ihres Lebens nicht ſicher, der eine von ihnen
nimmt Dienſte im Heere des Koͤniges von Eng-
land, welcher ihn nicht kennt, der zweite, um
ſich noch beſſer zu verbergen, giebt ſich bei ei-
nem Schuſter in die Lehre. Dieſe Scenen ſind
nun diejenigen, die eigentlich die ſpaßhaften des
Stuͤcks ſeyn ſollen. Die engliſche Prinzeß liebt
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[239/0249] Zweite Abtheilung. ſchen Dialekt dieſelben Patent-Spaͤße und pri- vilegirten Empfindſamkeiten der aufgeklaͤrten Modeſchauſpiele zu hoͤren. In fruͤhern Zeiten hatte jede Provinz noch ihre Stuͤcke, die man ſelten anderswo ſah; aber jetzt kann der Lapp- laͤnder, indem er im Norden landet, gleich in Kotzebues Ruͤhrung hineinſteigen, und dieſelben Thraͤnen der Empfindung koͤnnen ihm im nehm- lichen Stuͤck an der italieniſchen Suͤdſpitze noch in den Augenwimpern haͤngen, ja er kann in Rom und Neapel die uͤberſetzte Ruͤhrung ge- nießen, und ruͤckwaͤrts in Paris und London dieſelben bewegenden Reden in andern Zungen hoͤren, ja man ſagt gar, daß ihn die nehmliche Erſchuͤtterung nach Sibirien, Amerika und In- dien verfolgt, und in ihr das Gefuͤhl dieſer Uni- verſal-Monarchie und der Herrſchaft des deut- ſchen Geiſtes. Urtheilen Sie ſelbſt, fuhr Emilie fort. Es iſt Krieg zwiſchen England und Schottland, die Armee der Schotten wird voͤllig geſchlagen, die beiden Prinzen, die die Anfuͤhrer waren, ſind ihres Lebens nicht ſicher, der eine von ihnen nimmt Dienſte im Heere des Koͤniges von Eng- land, welcher ihn nicht kennt, der zweite, um ſich noch beſſer zu verbergen, giebt ſich bei ei- nem Schuſter in die Lehre. Dieſe Scenen ſind nun diejenigen, die eigentlich die ſpaßhaften des Stuͤcks ſeyn ſollen. Die engliſche Prinzeß liebt aber ſchon lange dieſen zweiten Prinzen, ihr

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/249>, abgerufen am 24.11.2024.