Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Was denn? Glut? aber sagt, woher kömmt ihr Betrüben? Denn böse? mich dünkt's nicht, nichts solches macht Begier. Denn Leben? Nein. Wer liebt, der stirbt ab seiner Zier, Und wird bei Leben schon den Todten zugeschrieben. So wird sie todt denn seyn? nichts minder als dies eben. Was todt ist, das bleibt todt. Aus Lieben kömmet Leben. Ich weiß nicht, wer mir sagt, was? wie? wo oder wenn? Ist nun die Liebe nichts? als Alles? Wasser? Feuer? Gut? böse? Leben? Todt? Euch frag ich neuer Frager, Sagt ihr mirs, wenn ihrs wißt, was ist die Liebe denn? Die Nacht war längst herein gebrochen, alle trennten sich, um die Ruhe zu suchen. Am folgenden Nachmittage war die Ge- sellschaft wieder versammelt, und auf die Vor- lesung des zweiten Theils des Fortunat be- gierig, die Friedrich ihr noch schuldig war. Dieser war im Garten mit Manfred in einem lebhaften Streit begriffen. So oft es nur mög- lich gewesen, war er auf abgerissene Viertel- stunden bei Adelheid gewesen, er hatte die Nacht Zweite Abtheilung. Was denn? Glut? aber ſagt, woher koͤmmt ihr Betruͤben? Denn boͤſe? mich duͤnkt's nicht, nichts ſolches macht Begier. Denn Leben? Nein. Wer liebt, der ſtirbt ab ſeiner Zier, Und wird bei Leben ſchon den Todten zugeſchrieben. So wird ſie todt denn ſeyn? nichts minder als dies eben. Was todt iſt, das bleibt todt. Aus Lieben koͤmmet Leben. Ich weiß nicht, wer mir ſagt, was? wie? wo oder wenn? Iſt nun die Liebe nichts? als Alles? Waſſer? Feuer? Gut? boͤſe? Leben? Todt? Euch frag ich neuer Frager, Sagt ihr mirs, wenn ihrs wißt, was iſt die Liebe denn? Die Nacht war laͤngſt herein gebrochen, alle trennten ſich, um die Ruhe zu ſuchen. Am folgenden Nachmittage war die Ge- ſellſchaft wieder verſammelt, und auf die Vor- leſung des zweiten Theils des Fortunat be- gierig, die Friedrich ihr noch ſchuldig war. Dieſer war im Garten mit Manfred in einem lebhaften Streit begriffen. So oft es nur moͤg- lich geweſen, war er auf abgeriſſene Viertel- ſtunden bei Adelheid geweſen, er hatte die Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#VAL"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0255" n="245"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <lg n="2"> <l>Was denn? Glut? aber ſagt, woher koͤmmt ihr</l><lb/> <l>Betruͤben?</l><lb/> <l>Denn boͤſe? mich duͤnkt's nicht, nichts ſolches macht</l><lb/> <l>Begier.</l><lb/> <l>Denn Leben? Nein. Wer liebt, der ſtirbt ab ſeiner</l><lb/> <l>Zier,</l><lb/> <l>Und wird bei Leben ſchon den Todten zugeſchrieben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>So wird ſie todt denn ſeyn? nichts minder als</l><lb/> <l>dies eben.</l><lb/> <l>Was todt iſt, das bleibt todt. Aus Lieben koͤmmet</l><lb/> <l>Leben.</l><lb/> <l>Ich weiß nicht, wer mir ſagt, was? wie? wo oder</l><lb/> <l>wenn?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Iſt nun die Liebe nichts? als Alles? Waſſer?</l><lb/> <l>Feuer?</l><lb/> <l>Gut? boͤſe? Leben? Todt? Euch frag ich neuer</l><lb/> <l>Frager,</l><lb/> <l>Sagt ihr mirs, wenn ihrs wißt, was iſt die Liebe</l><lb/> <l>denn?</l> </lg> </lg><lb/> <p>Die Nacht war laͤngſt herein gebrochen,<lb/> alle trennten ſich, um die Ruhe zu ſuchen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Am folgenden Nachmittage war die Ge-<lb/> ſellſchaft wieder verſammelt, und auf die Vor-<lb/> leſung des zweiten Theils des Fortunat be-<lb/> gierig, die Friedrich ihr noch ſchuldig war.<lb/> Dieſer war im Garten mit Manfred in einem<lb/> lebhaften Streit begriffen. So oft es nur moͤg-<lb/> lich geweſen, war er auf abgeriſſene Viertel-<lb/> ſtunden bei Adelheid geweſen, er hatte die Nacht<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [245/0255]
Zweite Abtheilung.
Was denn? Glut? aber ſagt, woher koͤmmt ihr
Betruͤben?
Denn boͤſe? mich duͤnkt's nicht, nichts ſolches macht
Begier.
Denn Leben? Nein. Wer liebt, der ſtirbt ab ſeiner
Zier,
Und wird bei Leben ſchon den Todten zugeſchrieben.
So wird ſie todt denn ſeyn? nichts minder als
dies eben.
Was todt iſt, das bleibt todt. Aus Lieben koͤmmet
Leben.
Ich weiß nicht, wer mir ſagt, was? wie? wo oder
wenn?
Iſt nun die Liebe nichts? als Alles? Waſſer?
Feuer?
Gut? boͤſe? Leben? Todt? Euch frag ich neuer
Frager,
Sagt ihr mirs, wenn ihrs wißt, was iſt die Liebe
denn?
Die Nacht war laͤngſt herein gebrochen,
alle trennten ſich, um die Ruhe zu ſuchen.
Am folgenden Nachmittage war die Ge-
ſellſchaft wieder verſammelt, und auf die Vor-
leſung des zweiten Theils des Fortunat be-
gierig, die Friedrich ihr noch ſchuldig war.
Dieſer war im Garten mit Manfred in einem
lebhaften Streit begriffen. So oft es nur moͤg-
lich geweſen, war er auf abgeriſſene Viertel-
ſtunden bei Adelheid geweſen, er hatte die Nacht
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