Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Großthuer, die sich in der Fremde bei neuen Be-
kannten wollen sehen lassen, oder gar andre Die-
ner beschämen, so daß sie das Geld mit Fäusten
wegschmeißen; keiner dankts ihnen, sondern sie
werden nur ausgelacht: findest du aber einmal Ge-
legenheit, zu einem Traktement bei anderen zu
kommen, da Sohn, friß dich recht voll und dick,
schone dich nicht, denn dann hat der Mensch den
meisten Seegen davon.
Dietrich. Das sollt ihr mir nicht zweimal
sagen, Vater, ich will euch gewiß in der Fremde
Ehre machen, man soll von dem jungen Cyprier
zu reden haben.
Daniel. Solltest du aus dem Dienste kom-
men, so richte es so ein, daß du dem Herrn auf-
sagst, aber ich hoffe, du kommst wieder mit ihm
zurück.
Dietrich. La, la, nachdem mir der Herr
gefällt.
Daniel. Will es dein Schicksal oder Un-
glück, daß sie dich vielleicht irgendwo zum Solda-
ten wegnehmen, und du marschirst nun gegen den
Feind, o lieber Dietrich, dann ja auf dem Marsch
die Augen allenthalben gehabt, merke dir jeden
Weg und Steg, du glaubst nicht, mit welcher Si-
cherheit man nachher davon laufen kann, wenn
man sich die Wälder, die Bergpässe und Hohlwege
recht ins Gedächtniß geprägt hat.
Dietrich. Die Brücken aber auch, oder wo
das Wasser nicht tief ist.
Daniel. Gewiß, mein Sohn, wo du aber
auch seyn magst, so halte nur an der einen goldenen
Hauptregel fest: sey nicht zu dienstfertig! Ein sol-
Zweite Abtheilung.
Großthuer, die ſich in der Fremde bei neuen Be-
kannten wollen ſehen laſſen, oder gar andre Die-
ner beſchaͤmen, ſo daß ſie das Geld mit Faͤuſten
wegſchmeißen; keiner dankts ihnen, ſondern ſie
werden nur ausgelacht: findeſt du aber einmal Ge-
legenheit, zu einem Traktement bei anderen zu
kommen, da Sohn, friß dich recht voll und dick,
ſchone dich nicht, denn dann hat der Menſch den
meiſten Seegen davon.
Dietrich. Das ſollt ihr mir nicht zweimal
ſagen, Vater, ich will euch gewiß in der Fremde
Ehre machen, man ſoll von dem jungen Cyprier
zu reden haben.
Daniel. Sollteſt du aus dem Dienſte kom-
men, ſo richte es ſo ein, daß du dem Herrn auf-
ſagſt, aber ich hoffe, du kommſt wieder mit ihm
zuruͤck.
Dietrich. La, la, nachdem mir der Herr
gefaͤllt.
Daniel. Will es dein Schickſal oder Un-
gluͤck, daß ſie dich vielleicht irgendwo zum Solda-
ten wegnehmen, und du marſchirſt nun gegen den
Feind, o lieber Dietrich, dann ja auf dem Marſch
die Augen allenthalben gehabt, merke dir jeden
Weg und Steg, du glaubſt nicht, mit welcher Si-
cherheit man nachher davon laufen kann, wenn
man ſich die Waͤlder, die Bergpaͤſſe und Hohlwege
recht ins Gedaͤchtniß gepraͤgt hat.
Dietrich. Die Bruͤcken aber auch, oder wo
das Waſſer nicht tief iſt.
Daniel. Gewiß, mein Sohn, wo du aber
auch ſeyn magſt, ſo halte nur an der einen goldenen
Hauptregel feſt: ſey nicht zu dienſtfertig! Ein ſol-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Daniel">
                <p><pb facs="#f0290" n="280"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Großthuer, die &#x017F;ich in der Fremde bei neuen Be-<lb/>
kannten wollen &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en, oder gar andre Die-<lb/>
ner be&#x017F;cha&#x0364;men, &#x017F;o daß &#x017F;ie das Geld mit Fa&#x0364;u&#x017F;ten<lb/>
weg&#x017F;chmeißen; keiner dankts ihnen, &#x017F;ondern &#x017F;ie<lb/>
werden nur ausgelacht: finde&#x017F;t du aber einmal Ge-<lb/>
legenheit, zu einem Traktement bei anderen zu<lb/>
kommen, da Sohn, friß dich recht voll und dick,<lb/>
&#x017F;chone dich nicht, denn dann hat der Men&#x017F;ch den<lb/>
mei&#x017F;ten Seegen davon.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Dietrich">
                <speaker><hi rendition="#g">Dietrich</hi>.</speaker>
                <p>Das &#x017F;ollt ihr mir nicht zweimal<lb/>
&#x017F;agen, Vater, ich will euch gewiß in der Fremde<lb/>
Ehre machen, man &#x017F;oll von dem jungen Cyprier<lb/>
zu reden haben.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Daniel">
                <speaker><hi rendition="#g">Daniel</hi>.</speaker>
                <p>Sollte&#x017F;t du aus dem Dien&#x017F;te kom-<lb/>
men, &#x017F;o richte es &#x017F;o ein, daß du dem Herrn auf-<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;t, aber ich hoffe, du komm&#x017F;t wieder mit ihm<lb/>
zuru&#x0364;ck.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Dietrich">
                <speaker><hi rendition="#g">Dietrich</hi>.</speaker>
                <p>La, la, nachdem mir der Herr<lb/>
gefa&#x0364;llt.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Daniel">
                <speaker><hi rendition="#g">Daniel</hi>.</speaker>
                <p>Will es dein Schick&#x017F;al oder Un-<lb/>
glu&#x0364;ck, daß &#x017F;ie dich vielleicht irgendwo zum Solda-<lb/>
ten wegnehmen, und du mar&#x017F;chir&#x017F;t nun gegen den<lb/>
Feind, o lieber Dietrich, dann ja auf dem Mar&#x017F;ch<lb/>
die Augen allenthalben gehabt, merke dir jeden<lb/>
Weg und Steg, du glaub&#x017F;t nicht, mit welcher Si-<lb/>
cherheit man nachher davon laufen kann, wenn<lb/>
man &#x017F;ich die Wa&#x0364;lder, die Bergpa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Hohlwege<lb/>
recht ins Geda&#x0364;chtniß gepra&#x0364;gt hat.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Dietrich">
                <speaker><hi rendition="#g">Dietrich</hi>.</speaker>
                <p>Die Bru&#x0364;cken aber auch, oder wo<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht tief i&#x017F;t.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Daniel">
                <speaker><hi rendition="#g">Daniel</hi>.</speaker>
                <p>Gewiß, mein Sohn, wo du aber<lb/>
auch &#x017F;eyn mag&#x017F;t, &#x017F;o halte nur an der einen goldenen<lb/>
Hauptregel fe&#x017F;t: &#x017F;ey nicht zu dien&#x017F;tfertig! Ein &#x017F;ol-<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0290] Zweite Abtheilung. Großthuer, die ſich in der Fremde bei neuen Be- kannten wollen ſehen laſſen, oder gar andre Die- ner beſchaͤmen, ſo daß ſie das Geld mit Faͤuſten wegſchmeißen; keiner dankts ihnen, ſondern ſie werden nur ausgelacht: findeſt du aber einmal Ge- legenheit, zu einem Traktement bei anderen zu kommen, da Sohn, friß dich recht voll und dick, ſchone dich nicht, denn dann hat der Menſch den meiſten Seegen davon. Dietrich. Das ſollt ihr mir nicht zweimal ſagen, Vater, ich will euch gewiß in der Fremde Ehre machen, man ſoll von dem jungen Cyprier zu reden haben. Daniel. Sollteſt du aus dem Dienſte kom- men, ſo richte es ſo ein, daß du dem Herrn auf- ſagſt, aber ich hoffe, du kommſt wieder mit ihm zuruͤck. Dietrich. La, la, nachdem mir der Herr gefaͤllt. Daniel. Will es dein Schickſal oder Un- gluͤck, daß ſie dich vielleicht irgendwo zum Solda- ten wegnehmen, und du marſchirſt nun gegen den Feind, o lieber Dietrich, dann ja auf dem Marſch die Augen allenthalben gehabt, merke dir jeden Weg und Steg, du glaubſt nicht, mit welcher Si- cherheit man nachher davon laufen kann, wenn man ſich die Waͤlder, die Bergpaͤſſe und Hohlwege recht ins Gedaͤchtniß gepraͤgt hat. Dietrich. Die Bruͤcken aber auch, oder wo das Waſſer nicht tief iſt. Daniel. Gewiß, mein Sohn, wo du aber auch ſeyn magſt, ſo halte nur an der einen goldenen Hauptregel feſt: ſey nicht zu dienſtfertig! Ein ſol-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/290
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/290>, abgerufen am 21.11.2024.