Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. LadyH. Doch ist ja unser Sohn nun Kammerherr, Der Platz soll ihn, hoff' ich, zu höhern heben. Herbert. Wir wollen sehn, es läßt sich nicht erzwingen; Das ist ein andrer Gram, und zwar der größte, Daß unser Sohn jedes Talents entbehrt, Er wird sein Glück am Hofe niemals machen, So sehn wir unser Alter nur mit Sorgen, Mit gegenwärtgen Sorgen für die Zukunft, Am Thor des Todes, ach! so schwer belastet. Lady H. Stets klagst Du um den Sohn, geliebter Mann. Er ist so übel nicht, er sieht Dir ähnlich. Herbert. Ich will nicht eitel meine Jugend preisen, Doch wahrlich er gleicht weder mir noch Dir, Man hielt mich hier am Hof für wohlgebaut, Du selber lobtest meine Zier und Anmuth, Die Fremden priesen mich (in jener Zeit Wo es noch schwierig war an Höfen glänzen) Als Blume aller Zucht, des Geistes, Witzes: Du warst in London hier die schönste Frau, Ich segnete mein glückliches Gestirn, Das durch den sonderbaren Fall mit jenen Steinen Und Deines Mannes Tod Dich mir verband; Und, fast als wollten uns der Himmel strafen Vielleicht um Eitelkeit, erzeugen wir Nach manchem Jahr, als Du schon wähnen wolltest Es sey Dein Leib für immer unfruchtbar, Den Sohn, so häßlich und so mißgestaltet. Lady H. Nur das Gesicht, sonst ist er gut gewachsen, Fortunat. LadyH. Doch iſt ja unſer Sohn nun Kammerherr, Der Platz ſoll ihn, hoff' ich, zu hoͤhern heben. Herbert. Wir wollen ſehn, es laͤßt ſich nicht erzwingen; Das iſt ein andrer Gram, und zwar der groͤßte, Daß unſer Sohn jedes Talents entbehrt, Er wird ſein Gluͤck am Hofe niemals machen, So ſehn wir unſer Alter nur mit Sorgen, Mit gegenwaͤrtgen Sorgen fuͤr die Zukunft, Am Thor des Todes, ach! ſo ſchwer belaſtet. Lady H. Stets klagſt Du um den Sohn, geliebter Mann. Er iſt ſo uͤbel nicht, er ſieht Dir aͤhnlich. Herbert. Ich will nicht eitel meine Jugend preiſen, Doch wahrlich er gleicht weder mir noch Dir, Man hielt mich hier am Hof fuͤr wohlgebaut, Du ſelber lobteſt meine Zier und Anmuth, Die Fremden prieſen mich (in jener Zeit Wo es noch ſchwierig war an Hoͤfen glaͤnzen) Als Blume aller Zucht, des Geiſtes, Witzes: Du warſt in London hier die ſchoͤnſte Frau, Ich ſegnete mein gluͤckliches Geſtirn, Das durch den ſonderbaren Fall mit jenen Steinen Und Deines Mannes Tod Dich mir verband; Und, faſt als wollten uns der Himmel ſtrafen Vielleicht um Eitelkeit, erzeugen wir Nach manchem Jahr, als Du ſchon waͤhnen wollteſt Es ſey Dein Leib fuͤr immer unfruchtbar, Den Sohn, ſo haͤßlich und ſo mißgeſtaltet. Lady H. Nur das Geſicht, ſonſt iſt er gut gewachſen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0297" n="287"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> <sp who="#Lady"> <speaker><hi rendition="#g">Lady</hi>H.</speaker><lb/> <p>Doch iſt ja unſer Sohn nun Kammerherr,<lb/> Der Platz ſoll ihn, hoff' ich, zu hoͤhern heben.</p> </sp><lb/> <sp who="#Herbert"> <speaker><hi rendition="#g">Herbert</hi>.</speaker><lb/> <p>Wir wollen ſehn, es laͤßt ſich nicht erzwingen;<lb/> Das iſt ein andrer Gram, und zwar der groͤßte,<lb/> Daß unſer Sohn jedes Talents entbehrt,<lb/> Er wird ſein Gluͤck am Hofe niemals machen,<lb/> So ſehn wir unſer Alter nur mit Sorgen,<lb/> Mit gegenwaͤrtgen Sorgen fuͤr die Zukunft,<lb/> Am Thor des Todes, ach! ſo ſchwer belaſtet.</p> </sp><lb/> <sp who="#Lady"> <speaker><hi rendition="#g">Lady</hi> H.</speaker><lb/> <p>Stets klagſt Du um den Sohn, geliebter Mann.<lb/> Er iſt ſo uͤbel nicht, er ſieht Dir aͤhnlich.</p> </sp><lb/> <sp who="#Herbert"> <speaker><hi rendition="#g">Herbert</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich will nicht eitel meine Jugend preiſen,<lb/> Doch wahrlich er gleicht weder mir noch Dir,<lb/> Man hielt mich hier am Hof fuͤr wohlgebaut,<lb/> Du ſelber lobteſt meine Zier und Anmuth,<lb/> Die Fremden prieſen mich (in jener Zeit<lb/> Wo es noch ſchwierig war an Hoͤfen glaͤnzen)<lb/> Als Blume aller Zucht, des Geiſtes, Witzes:<lb/> Du warſt in London hier die ſchoͤnſte Frau,<lb/> Ich ſegnete mein gluͤckliches Geſtirn,<lb/> Das durch den ſonderbaren Fall mit jenen Steinen<lb/> Und Deines Mannes Tod Dich mir verband;<lb/> Und, faſt als wollten uns der Himmel ſtrafen<lb/> Vielleicht um Eitelkeit, erzeugen wir<lb/> Nach manchem Jahr, als Du ſchon waͤhnen wollteſt<lb/> Es ſey Dein Leib fuͤr immer unfruchtbar,<lb/> Den Sohn, ſo haͤßlich und ſo mißgeſtaltet.</p> </sp><lb/> <sp who="#Lady"> <speaker><hi rendition="#g">Lady</hi> H.</speaker><lb/> <p>Nur das Geſicht, ſonſt iſt er gut gewachſen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0297]
Fortunat.
LadyH.
Doch iſt ja unſer Sohn nun Kammerherr,
Der Platz ſoll ihn, hoff' ich, zu hoͤhern heben.
Herbert.
Wir wollen ſehn, es laͤßt ſich nicht erzwingen;
Das iſt ein andrer Gram, und zwar der groͤßte,
Daß unſer Sohn jedes Talents entbehrt,
Er wird ſein Gluͤck am Hofe niemals machen,
So ſehn wir unſer Alter nur mit Sorgen,
Mit gegenwaͤrtgen Sorgen fuͤr die Zukunft,
Am Thor des Todes, ach! ſo ſchwer belaſtet.
Lady H.
Stets klagſt Du um den Sohn, geliebter Mann.
Er iſt ſo uͤbel nicht, er ſieht Dir aͤhnlich.
Herbert.
Ich will nicht eitel meine Jugend preiſen,
Doch wahrlich er gleicht weder mir noch Dir,
Man hielt mich hier am Hof fuͤr wohlgebaut,
Du ſelber lobteſt meine Zier und Anmuth,
Die Fremden prieſen mich (in jener Zeit
Wo es noch ſchwierig war an Hoͤfen glaͤnzen)
Als Blume aller Zucht, des Geiſtes, Witzes:
Du warſt in London hier die ſchoͤnſte Frau,
Ich ſegnete mein gluͤckliches Geſtirn,
Das durch den ſonderbaren Fall mit jenen Steinen
Und Deines Mannes Tod Dich mir verband;
Und, faſt als wollten uns der Himmel ſtrafen
Vielleicht um Eitelkeit, erzeugen wir
Nach manchem Jahr, als Du ſchon waͤhnen wollteſt
Es ſey Dein Leib fuͤr immer unfruchtbar,
Den Sohn, ſo haͤßlich und ſo mißgeſtaltet.
Lady H.
Nur das Geſicht, ſonſt iſt er gut gewachſen,
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