Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Andalosia. Greif nur hinein. Agrippina. Was find' ich da? der Säckel War leer, -- noch einmal, -- und die Hand voll Gold. Andalosia. Sie füllte sich, und wenn du Jahre lang Den Inhalt unermüdet leeren wolltest. Agrippina. Das ist ein Wunder, größer, sonderbarer, Und herrlicher, als nur die Dichter träumen. Beglückter Jüngling, Liebling aller Götter, Ja, daß ich dich erkohr, ist mein Triumph, Denn du stehst höher mir als Fürst und König. -- Sie giebt das Zeichen, -- man bricht wohl schon auf, Leb wohl, -- ich seh' dich heut noch in der Nacht. (schnell ab.) Andalosia. Und ist es möglich? Ist die höchste Wonne Sich übereilend, überstürzend mir Auf Flügeln meiner Wünsche angelangt? Und fast entsetz' ich mich, daß diese Welt, Das ganze künftge Leben, würd' ich auch Jahrhunderte durchaltern, nichts mir bietet, Daß diesen Stunden sich vergleichen dürfte. Noch Tage, Wochen hätte die Erscheinung Verzögern dürfen, daß ich mich gefaßt, Daß ich den Muth gewonnen, diese Beute Als mein mit leichtem Herzen zu ergreifen. Schwebst du um mich vielleicht, Geist meines Vaters, Der du in Schmach, im Kerker dich geängstet, Der wohl des Königs Majestät erschaut Aus blöder Ferne nur im Volksgedräng, Fortunat. Andaloſia. Greif nur hinein. Agrippina. Was find' ich da? der Saͤckel War leer, — noch einmal, — und die Hand voll Gold. Andaloſia. Sie fuͤllte ſich, und wenn du Jahre lang Den Inhalt unermuͤdet leeren wollteſt. Agrippina. Das iſt ein Wunder, groͤßer, ſonderbarer, Und herrlicher, als nur die Dichter traͤumen. Begluͤckter Juͤngling, Liebling aller Goͤtter, Ja, daß ich dich erkohr, iſt mein Triumph, Denn du ſtehſt hoͤher mir als Fuͤrſt und Koͤnig. — Sie giebt das Zeichen, — man bricht wohl ſchon auf, Leb wohl, — ich ſeh' dich heut noch in der Nacht. (ſchnell ab.) Andaloſia. Und iſt es moͤglich? Iſt die hoͤchſte Wonne Sich uͤbereilend, uͤberſtuͤrzend mir Auf Fluͤgeln meiner Wuͤnſche angelangt? Und faſt entſetz' ich mich, daß dieſe Welt, Das ganze kuͤnftge Leben, wuͤrd' ich auch Jahrhunderte durchaltern, nichts mir bietet, Daß dieſen Stunden ſich vergleichen duͤrfte. Noch Tage, Wochen haͤtte die Erſcheinung Verzoͤgern duͤrfen, daß ich mich gefaßt, Daß ich den Muth gewonnen, dieſe Beute Als mein mit leichtem Herzen zu ergreifen. Schwebſt du um mich vielleicht, Geiſt meines Vaters, Der du in Schmach, im Kerker dich geaͤngſtet, Der wohl des Koͤnigs Majeſtaͤt erſchaut Aus bloͤder Ferne nur im Volksgedraͤng, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0321" n="311"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Greif nur hinein.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Was find' ich da? der Saͤckel</hi><lb/> War leer, — noch einmal, — und die Hand voll Gold.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie fuͤllte ſich, und wenn du Jahre lang<lb/> Den Inhalt unermuͤdet leeren wollteſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt ein Wunder, groͤßer, ſonderbarer,<lb/> Und herrlicher, als nur die Dichter traͤumen.<lb/> Begluͤckter Juͤngling, Liebling aller Goͤtter,<lb/> Ja, daß ich dich erkohr, iſt mein Triumph,<lb/> Denn du ſtehſt hoͤher mir als Fuͤrſt und Koͤnig. —<lb/> Sie giebt das Zeichen, — man bricht wohl ſchon auf,<lb/> Leb wohl, — ich ſeh' dich heut noch in der Nacht.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(ſchnell ab.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Und iſt es moͤglich? Iſt die hoͤchſte Wonne<lb/> Sich uͤbereilend, uͤberſtuͤrzend mir<lb/> Auf Fluͤgeln meiner Wuͤnſche angelangt?<lb/> Und faſt entſetz' ich mich, daß dieſe Welt,<lb/> Das ganze kuͤnftge Leben, wuͤrd' ich auch<lb/> Jahrhunderte durchaltern, nichts mir bietet,<lb/> Daß dieſen Stunden ſich vergleichen duͤrfte.<lb/> Noch Tage, Wochen haͤtte die Erſcheinung<lb/> Verzoͤgern duͤrfen, daß ich mich gefaßt,<lb/> Daß ich den Muth gewonnen, dieſe Beute<lb/> Als mein mit leichtem Herzen zu ergreifen.<lb/> Schwebſt du um mich vielleicht, Geiſt meines Vaters,<lb/> Der du in Schmach, im Kerker dich geaͤngſtet,<lb/> Der wohl des Koͤnigs Majeſtaͤt erſchaut<lb/> Aus bloͤder Ferne nur im Volksgedraͤng,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0321]
Fortunat.
Andaloſia.
Greif nur hinein.
Agrippina.
Was find' ich da? der Saͤckel
War leer, — noch einmal, — und die Hand voll Gold.
Andaloſia.
Sie fuͤllte ſich, und wenn du Jahre lang
Den Inhalt unermuͤdet leeren wollteſt.
Agrippina.
Das iſt ein Wunder, groͤßer, ſonderbarer,
Und herrlicher, als nur die Dichter traͤumen.
Begluͤckter Juͤngling, Liebling aller Goͤtter,
Ja, daß ich dich erkohr, iſt mein Triumph,
Denn du ſtehſt hoͤher mir als Fuͤrſt und Koͤnig. —
Sie giebt das Zeichen, — man bricht wohl ſchon auf,
Leb wohl, — ich ſeh' dich heut noch in der Nacht.
(ſchnell ab.)
Andaloſia.
Und iſt es moͤglich? Iſt die hoͤchſte Wonne
Sich uͤbereilend, uͤberſtuͤrzend mir
Auf Fluͤgeln meiner Wuͤnſche angelangt?
Und faſt entſetz' ich mich, daß dieſe Welt,
Das ganze kuͤnftge Leben, wuͤrd' ich auch
Jahrhunderte durchaltern, nichts mir bietet,
Daß dieſen Stunden ſich vergleichen duͤrfte.
Noch Tage, Wochen haͤtte die Erſcheinung
Verzoͤgern duͤrfen, daß ich mich gefaßt,
Daß ich den Muth gewonnen, dieſe Beute
Als mein mit leichtem Herzen zu ergreifen.
Schwebſt du um mich vielleicht, Geiſt meines Vaters,
Der du in Schmach, im Kerker dich geaͤngſtet,
Der wohl des Koͤnigs Majeſtaͤt erſchaut
Aus bloͤder Ferne nur im Volksgedraͤng,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |